Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

cc) Staatsgerichtshof als Rechts- und Tatsacheninstanz Der Staatsgerichtshof steht sowohl nach altem als auch nach neuem Recht auf dem Standpunkt, dass er nur darüber zu befinden habe, ob die ordentliche letzte Instanz auf der Grundlage des für sie ersichtlichen Sachverhaltes eine verfassungskonforme Entscheidung getroffen hat.747 Er prüft in den Fällen, die einer Revision zugänglich sind, «nur» die Ver- fassungsmässigkeit des Revisionsurteils, lässt also ein gegenüber der Re- vision erweitertes Vorbringen unbeachtlich bzw. tritt auf Beschwerde- ausführungen, die über die Revisionsmöglichkeit hinausgehen, nicht ein.748Der Staatsgerichtshof hat in seiner älteren Rechtsprechung neue Vorbringen von Tatsachen und Beweisen zugelassen, später jedoch be- tont, dass er gerade keine weitere Rechts- und Tatsacheninstanz im Rah- men des jeweiligen vorangegangen Instanzenzuges sei. Wenn es jedoch die Frage zu klären gilt, ob eine ihm vorgelegte Entscheidung gegen ei- nes der von der Verfassung garantierten Grundrechte verstösst, kann er «sehr wohl ergänzende Beweise aufnehmen und Tatsachenfeststellungen treffen».749Damit relativiert er das Novenverbot im Verfassungsbe- schwerdeverfahren gegen Revisionsentscheidungen und lässt diejenigen neuen Tatsachen und Beweise zu, die spezifisch das Verfassungsbe- schwerdeverfahren (neu: Individualbeschwerdeverfahren) betreffen. Ob dies der Fall ist, entscheidet er allein. Demzufolge können im Verfas- sungsbeschwerdeverfahren (neu: Individualbeschwerdeverfahren) gegen ein Revisionsurteil neue «verfassungsbeschwerdespezifische» Tatsachen und Beweise vorgebracht werden. Im Verfassungsbeschwerdeverfahren StGH 1974/15750gegen eine Revisionsentscheidung erkannte er vor dem Hintergrund der §§ 472 und 473 ZPO noch in Art. 99 LVG eine gesetz- liche Schranke, «die das gegenüber der Revision erweiterte Vorbringen des Beschwerdeführers unbeachtlich macht». Bei einer stattgebenden Entscheidung des Staatsgerichtshofes wäre nämlich die Revisionsinstanz 577 
§ 31 Besondere Sachentscheidungs- bzw. Sach urteilsvoraussetzungen 747Siehe etwa StGH 1996/38, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1998, S. 177 (180); StGH 2005/11, Urteil vom 27. September 2005, nicht veröffentlicht, S. 36 und StGH 2006/30, Urteil vom 2. Oktober 2006, nicht veröffentlicht, S. 38 f. 748So schon StGH 1974/15, Entscheidung vom 12. April 1976, nicht veröffentlicht, S. 12. 749StGH 1996/38, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1998, S. 177 (180). 750StGH 1974/15, Entscheidung vom 12. April 1976, nicht veröffentlicht, S. 12.
	        

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