Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

bb) Rechtsvergleich aaa) Deutschland717 Dem deutschen Bundesverfassungsgericht genügt eine formelle Aus- schöpfung des Rechtswegs nicht. Es verlangt vielmehr, dass der Be- schwerdeführer den geltend gemachten Grundrechtsverstössen bereits im fachgerichtlichen Verfahren mit zielführenden Vorbringen entgegen- getreten ist,718um eine Korrektur der Grundrechtsverletzung zu erwir- ken bzw. um diese schon von vornherein zu verhindern.719So verhält sich beispielsweise ein Beschwerdeführer subsidiaritätswidrig, wenn er im Vorfeld oder innerhalb des mit einem Rechtsbehelf eingeleiteten Ver- fahrens zweckdienliche Anträge, wie Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Befangenheitsanträge, Beweisanträge oder Protokol- lierungsanträge, die der Ausräumung des behaupteten Grundrechtsver- stosses potentiell nützlich gewesen wären, nicht gestellt hat.720Das Er- fordernis der Rechtswegerschöpfung kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn es bestimmte Rügepflichten schon für das fachgerichtliche Verfah- ren einschliesst. Ein Beschwerdeführer soll nicht nach Belieben ent- scheiden können, welche Einwände er gegen einen angegriffenen Ho- heitsakt den Fachgerichten unterbreiten will und welche er dem Bun- desverfassungsgericht vorträgt. Sowohl die Tatsachenfeststellung als auch die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind primär Aufgabe der Fachgerichte.721Wie weit sich allerdings diese Rügepflich- 569 
§ 31 Besondere Sachentscheidungs- bzw. Sach urteilsvoraussetzungen 717Allgemein zu dieser Thematik für Deutschland Bender, S. 169 ff.; Seegmüller, S. 743 ff.; Sodan, S. 927 ff. und Klein/Sennekamp, S. 949 ff. 718Vgl. Lübbe-Wolff, S. 674;  siehe zu dieser Tendenz in der Rechtsprechung des Bun- desverfassungsgerichts auch Benda/Klein, S. 254 ff., Rz. 606 ff. 719Kreuder, S. 1246; vgl. auch Zuck, Verfassungsbeschwerde, S. 9 f., Rz. 34 ff. Er no- tiert, dass der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde in erster Li- nie an der Verpflichtung des Beschwerdeführers entwickelt worden ist, alle (einfach- rechtlichen) Möglichkeiten der Beseitigung von gerichtlichen Entscheidungen, die für ihn nachteilig ausgefallen sind, auszuschöpfen. 720Lübbe-Wolff, S. 674 mit Rechtsprechungshinweisen. 721Lübbe-Wolff, S. 674 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung; vgl. auch Kreuder, S. 1246. Er macht auch darauf aufmerksam, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Anwendungs- und Auslegungsprärogative der Fachgerichte auch für Normen einer fremden Rechtsordnung gilt. Siehe ausführlich zum Verhältnis der Verfassungsgerichtsbarkeit zur Fachgerichtsbarkeit vorne S. 48 ff.
	        

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