Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

bei den vorhin erwähnten «Ausnahmefällen». Er sieht nur ausnahms- weise von der Beschwer bzw. vom aktuellen Rechtsschutzinteresse ab. Der Staatsgerichtshof prüft auch in diesen Fällen, ob die Beschwer bzw. das aktuelle Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers vorhanden ist, bevor er sich materiell mit einer Verfassungsbeschwerde (neu: Indi- vidualbeschwerde) befasst.634Ein weiterer Beleg dafür, dass es sich bei der Beschwer bzw. dem aktuellen Rechtsschutzinteresse um ein Zuläs- sigkeitskriterium handelt, ist die prozessuale Vorgehensweise des Staats- gerichtshofes im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Fehlen der Beschwer bzw. des aktuellen Rechtsschutzinteresses und dem nachträg- lichen Wegfall der Beschwer bzw. des aktuellen Rechtsschutzinteresses. Fehlt beispielsweise die Beschwer bzw. das aktuelle Rechtsschutzinte- resse von allem Anfang an (ursprünglich), weist der Staatsgerichtshof die Verfassungsbeschwerde (neu: Individualbeschwerde) «im Sinne von Art. 43 StGHG unter Auferlegung der Verfahrenskosten» mit Beschluss als unzulässig zurück.635Der Staatsgerichtshof hält sich allerdings nicht immer strikt an seine Praxis. In StGH 2003/81 tritt er materiell auf die Beschwerde ein, weist sie dann jedoch mangels Beschwer mit Urteil zu- rück, ohne in der Sache entschieden zu haben.636Mit einem Urteil kann nur in der Sache entschieden werden, d.h. abgewiesen oder stattgegeben werden. Zurückgewiesen wird mit Beschluss.637In diesem konkreten Fall hätte der Staatsgerichtshof richtigerweise das Verfahren gemäss Art. 42 Abs. 1 StGHG mit Beschluss einstellen müssen, denn es lag ein Fall der Klaglosstellung des Beschwerdeführers vor. 548Sachentscheidungs- 
bzw. Sachurteils voraussetzungen schluss vom 4. Dezmber 2006, nicht veröffentlicht, S. 4 ff. und StGH 2006/90, Beschluss vom 4. Dezember 2006, nicht veröffentlicht, S. 7 ff. 634Siehe StGH 2000/45, Entscheidung vom 25. Oktober 2000, LES 5/2003, S. 252 (257), wo der Staatsgerichtshof anmerkt, dass er trotz des fehlenden aktuellen Rechtsschutzinteresses der Beschwerdeführerin ausnahmsweise auf die vorliegende Verfassungsbeschwerde eingetreten sei. In diesem Sinne auch StGH 1998/61, Urteil vom 3. Mai 1999, LES 3/2001, S. 126 (130); vgl. aber auch vorne S. 531, FN 557 und StGH 2002/75, Entscheidung vom 14. April 2003, nicht veröffentlicht, S. 11, in der der Staatsgerichtshof das Erfordernis der Beschwer als materielle Frage im Lichte der in der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Grundrechte geprüft hat. 635StGH 2006/90, Beschluss vom 4. Dezember 2006, nicht veröffentlicht, S. 8; vgl. auch StGH 2006/42, Beschluss vom 4. Dezember 2006, nicht veröffentlicht, S. 6 f. und StGH 2006/72, Beschluss vom 4. Dezember 2006, nicht veröffentlicht, S. 5 f.; ein- lässlich dazu und zum Verhältnis zur Klaglosstellung hinten S. 551 ff. und S. 593 ff. 636StGH 2003/81, Urteil vom 21. Februar 2005, nicht veröffentlicht, S. 22 und 24. 637Siehe dazu Art. 50 Abs. 1 StGHG.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.