rechtsmissbräuchlich gestellt werden.534Das Verbot des Rechtsmiss- brauchs als eine von den zwei spezifischen Ausprägungen des Grund- satzes von Treu und Glauben gilt auch in der gesamten liechtensteini- schen Rechtsordnung. Dieser Grundsatz ist in der Rechtsprechung und damit auch im gesamten öffentlichen Recht anerkannt535und umfasst einerseits den Schutz des Vertrauens des Einzelnen in behördliche Zusi- cherungen (Vertrauensschutz)536und verbietet ihm andererseits ein wi- dersprüchliches Verhalten und den Rechtsmissbrauch gegenüber den Behörden.537Ein Rechtsmissbrauch wird insbesondere dann angenom- men, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verfolgung von Interes- sen eingesetzt wird, welche dieses Rechtsinstitut gar nicht schützen will.538Das Rechtsmissbrauchsverbot untersagt auch die zweckwidrige Inanspruchnahme von Rechtsschutz, sodass beispielsweise in keinem Falle eine Beschwerdelegitimation nur zu Zwecken «experimenteller Ju- risprudenz» besteht.539 B.Prozessuale Bedeutung im Staatsgerichtshofverfahren Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn beispielsweise eine offensichtlich von vornherein aussichtslose540Individualbeschwerde nur aus prozess- bzw. verzögerungstaktischen Gründen beim Staatsgerichtshof eingereicht wird. Er kann sie wegen Rechtsmissbrauch mit Beschluss als unzulässig zurückweisen (Art. 43 StGHG), weil hier der Rechtsschutz in zweck- widriger Weise in Anspruch genommen wird. Rechtsmissbrauch liegt vor und gleich zu verfahren ist auch in Fällen, bei denen das Rechts- 527
§ 30 Allgemeine Sachentscheidungs- bzw. Sachurteilsvoraussetzungen 534Vgl. BVerfGE 4, 31 (37 f.). 535Siehe dazu Kley, Grundriss, S. 234 f. und insbesondere in Bezug auf das Rechts- missbrauchsverbot, S. 239 f. jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen. Vgl. zur Ent- wicklung der Spruchpraxis zum Grundsatz von Treu und Glauben im öffentlichen Recht Wille, Vertrauensschutz, S. 12 ff. 536Ausführlich zum Vertrauensschutz im liechtensteinischen öffentlichen Recht Wille, Vertrauensschutz, S. 1 ff. 537Kley, Grundriss, S. 235. 538Kley, Grundriss, S. 240. 539Kley, Grundriss, S 240 unter Bezugnahme auf VfSlg 9344/1982; siehe für die Schweiz Häner, S. 300 f., Rz. 648 ff. 540Bei der Gewährung der Verfahrenshilfe prüft der Staatsgerichtshof auch das Krite- rium der Aussichtslosigkeit. Siehe dazu ausführlich vorne S. 324 ff.