Volltext: Kleinstaaten in Europa

chie und fürstliche Herrschaft konzipiert und verlangt, dass der Staat auf einer gesetzlichen Grundlage ruht und sich gemeinwohlorientiert defi- niert.37Beide Herleitungen konvergieren in Jean-Jacques Rousseau und Immanuel Kant. Republikanisch ist für sie der Verfassungsstaat, in dem Gesetze herrschen, nicht menschliche Willkür. Monarchien in Republiken zu überführen ist vor der Französi- schen Revolution in Europa nirgends gelungen. England als Common- wealth unter Cromwell liegt ausserhalb des vorliegenden Referenzrah- mens, weil es mit Gemeinden nichts zu tun hat. Der einzig wirkliche ernsthafte Versuch, eine Monarchie republikanisch umzuformen, ist 1520 in Spanien mit der Niederwerfung des Aufstands der kastilischen Städte, der 
communeros, gescheitert. Anderenfalls wäre Spanien zweifel- los der modernste Staat in Europa im 16. Jahrhundert geworden. In Kleinterritorien liegen die Dinge anders. An einem Beispiel, gewisser- massen in Parallele zu Trauchburg, soll das gezeigt werden. 1387 wurde in Glarus von etwa knapp 1000 Männern eine 
coniu - ratiogeschlossen.38Bei Glarus handelt es sich um eine bäuerliche Tal- schaft, die ihren Namen dem Mittelpunktsdorf verdankt. Numerisch überstieg sie kaum ein grösseres oberdeutsches Dorf. Am 11. März be- urkunden «der ammann und die landlüt gemeinlich ze Glarus», dass sie sich «mit gemeinem einhelligem rat aller unser gemeinde» auf Artikel ge- einigt hätten und «offenlich ze den heiligen gesworn haben», diese Arti- kel «eweklich war und stät ze halten und zue volfüren». Von den nach- folgenden 21 Artikeln regeln 11 Fragen der Friedenssicherung und der Gerichtsverfassung, der Rest gilt dem Erbrecht, dem Eherecht, sowie der Satzungskompetenz der Landsgemeinde. Das Bemerkenswerte und auch Illegitime an diesem Vorgang besteht darin, dass die Klöster Säckingen und Schänis als Grund- und Leibherren und die Herzöge von Österreich als Vögten nirgends erwähnt werden, obwohl die Respektierung der 74Peter 
Blickle 37Zur Begriffsgeschichte zuletzt Wolfgang Mager, Genossenschaft, Republikanismus und konsensgestütztes Ratsregiment. Zur Konzeptualisierung der politischen Ord- nung in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt, in: Luise Schorn-Schütte (Hrsg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahr- hunderts (Historische Zeitschrift, Beiheft 39), München 2004, S. 13–122. 38Fritz Stucki (Hrsg.), Die Rechtsquellen des Kantons Glarus, 1. Bd.: Urkunden, Ver- einbarungen und Gerichtsordnungen (Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen 7), Aarau 1983, S. 93–97 Nr. 47.
	        

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