Volltext: Kleinstaaten in Europa

«Kleinstaaten» im Sinne von zwar kleinen, aber doch souveränen oder quasi-souveränen politischen Einheiten waren die Glieder des Reichsverbands nicht. Gerade die kleineren Reichsstände und Reichsun- mittelbaren blieben auf den Kaiser als Reichsoberhaupt und obersten Lehnsherrn bezogen und der Gerichtshoheit der obersten Reichsge- richte unterworfen.25Sie waren offen für Interventionen des kaiserlichen Hofes und Exekutionen der Reichskreise. «Souveränität» im staatsrecht- lichen Vollsinne gab es im Reich übrigens auch nicht für die Grossen – obwohl dies immer wieder behauptet und retrospektiv von den Verhält- nissen nach 1806 in die Zeit davor zurückprojiziert wird.26 Auch die weltlichen Kurfürstentümer, die noch am ehesten dem Modell «souveräner» Territorialstaaten entsprachen und teilweise am Kräftemessen der europäischen Mächte teilnahmen, blieben in den Reichsverband eingebunden, solange es noch das Kurfürstenkolleg, die Frankfurter Kaiserwahlen, die Reichslehnsordnung, den Reichstag und die obersten Reichsgerichte gab. Der Vorbehalt des Westfälischen Frie- dens zum Bündnisrecht der Reichsstände – dass dieses sich nicht gegen Kaiser und Reich und den Erhalt des Westfälischen Friedens richten dürfe – galt bis zum Ende des Alten Reiches 1806.27Bei aller gelegent - 45 
Mindermächtige Territorien und Reichsstädte im Heiligen Römischen Reich und Territorium. Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Vergleich süddeutscher Reichs- kreise. Tagung der schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Stuttgart 2000. 25Wolfgang Sellert, Über die Zuständigkeitsabgrenzung von Reichshofrat und Reichs- kammergericht insbesondere in Strafsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Aalen 1965; ders. (Hrsg.), Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis, Köln/Weimar/Wien 1999; Siegrid Westphal, Kaiserliche Rechtsprechung und herrschaftliche Stabilisierung. Reichsgerichtsbarkeit in den thüringischen Territorialstaaten 1648–1806, Köln/Weimar 2002. 26Helmut Quaritsch, Souveränität. Entstehung und Entwicklung des Begriffs in Frankreich und Deutschland vom 13. Jahrhundert bis 1806, Berlin 1986; Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, 3., durchges. Aufl., München 2002. 27Ernst Wolfgang Böckenförde, Der Westfälische Frieden und das Bündnisrecht der Reichsstände, in: Der Staat 8 (1969), S. 449–478; Anton Schindling, Reichstag und europäischer Frieden. Leopold I., Ludwig XIV. und die Reichsverfassung nach dem Frieden von Nimwegen (1679), in: ZHF 8 (1981), S. 159–177; ders., Kurbranden- burg im System des Reiches während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Eine Problemskizze, in: Oswald Hauser (Hrsg.), Preussen, Europa und das Reich, Köln 1987, S. 33–46; ders., Der Grosse Kurfürst und das Reich, in: Gerd Heinrich (Hrsg.), «Ein sonderbares Licht in Teutschland». Beiträge zur Geschichte des Gros- sen Kurfürsten von Brandenburg (1640–1688), Berlin 1990, S. 59–74.
	        

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