Volltext: Kleinstaaten in Europa

2.Manövrierobjekt Kleinstaat Hier sei kurz auf einen speziellen Aspekt des Umgangs mit Kleinstaaten hingewiesen. Gelegentlich wurde der Kleinstaat als Manövrierobjekt, mit dem grössere Staaten bestimmte Ziele erreichen wollten, angesehen. Aus liechtensteinischer Sicht zu nennen ist hier ein geheimer Plan von 1916, der vom deutschen Politiker Matthias Erzberger gefördert und an den Fürsten Johann II. herangetragen wurde. Zur Lösung des Kirchen- staatszwists zwischen Italien und dem Papst sollte das Fürstentum Liechtenstein dem Papst übertragen werden. So hätte der Papst, der in Rom in der Vatikanstadt in Selbstisolation lebte, einen unabhängigen Kirchenstaat. Er hätte nicht in Liechtenstein residieren müssen, der Fürst hätte hier als päpstlicher Stellvertreter gewirkt. Der fromme Ka- tholik Fürst Johann II. gab sein prinzipielles Einverständnis, allerdings mit Verweis darauf, dass auch sein Bruder und die weiteren Agnaten mitzureden hätten – und im Wissen, dass sein Bruder Franz dazu nie Hand böte. Franz wurde später selber Fürst. So versandete diese völker- rechtlich skurrile 
Konstruktion.32 3.Völkerbund und Kleinstaat Eine Enttäuschung erlebte Liechtenstein dann aber 1920, als es sich zur Absicherung seiner Souveränität – und auch zur Festigung der Position gegenüber der Tschechoslowakei – um Aufnahme in den Völkerbund bemühte. Liechtenstein hatte vorgängig den Zollvertrag mit Österreich gekündigt, den Schweizer Franken übernommen, eigene Gesandtschaf- ten in Wien und Bern eingerichtet. Liechtenstein liess sich neu von der Schweiz diplomatisch im Ausland vertreten. Den Antrag um Aufnahme im Völkerbund stellte Liechtenstein über die Schweiz. Der schweizeri- sche Bundesrat Giuseppe Motta argumentierte für Liechtensteins Zulas- sung. Doch nach Beratungen und Berichten der Kommissionen lehnte die Vollversammlung des Völkerbundes im Dezember 1920 die Auf- 155 
Der Kleinstaat in der Ära der Weltkriege 32Maximilian Liebmann, Der Papst – Fürst von Liechtenstein, Ein Vorschlag zur Lösung der römischen Frage aus dem Jahre 1916, in: JBL, Bd. 85, Vaduz 1985, S. 229–249.
	        

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