Volltext: Kleinstaaten in Europa

auf eine Kontinuitätslinie im Denken und im staatlichen Handeln und macht darauf aufmerksam, dass in Deutschland nach dem Ende des Al- ten Reiches der Wunsch nach nationaler Einigkeit nicht mit der Forde- rung nach einem einheitlichen Nationalstaat gleichgesetzt werden darf. Erst mit der Gründung des deutschen Nationalstaates im Jahre 1871 en- dete diese Vorstellung einer deutschen Föderativnation ohne einen Zen- tralstaat. Sie war nicht allein im Ideenraum präsent, sondern hat im Deutschen Bund auch das staatliche Handeln bestimmt.48Entstanden war sie bereits im Alten Reich,49damals allerdings vornehmlich gedacht als Ständenation, nicht als eine auf demokratische Partizipation aller Staatsbürger angelegte Staatsbürgernation, wie sie im Zeitalter der Revo- lution in Frankreich und in Nordamerika zum Handlungsprogramm er- hoben und seit dem weltweit wirksam geworden ist.50 Die Leitidee Föderativnation zielte auf ‹Einheit der deutschen Na- tion›, war aber nicht bestrebt, aus der staatlichen Vielfalt einen Natio- nalstaat zu formen, der alle deutschen Staaten zusammenfasst, nach aus- 113 
Der europäische Kleinstaat im 19. Jahrhundert 48Dazu nun detailliert Jürgen Müller, Deutscher Bund (Anm. 35). 49Darauf geht Georg Schmidt, Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495–1806. München 1999 ausführlich ein. Vgl. auch Schmidt: Teutsche Kriege: Nationale Deutungsmuster und integrative Wertvorstellungen im frühneuzeitlichen Reich, in: Langewiesche/Schmidt (Hrsg.): Föderative Nation, S. 33–61; Schmidt: Die frühneuzeitliche Idee «deutsche Nation». Mehrkonfessiona- lität und säkulare Werte, in: Heinz-Gerhard Haupt/D. Langewiesche (Hrsg.), Na- tion und Religion in der deutschen Geschichte. Frankfurt/M 2001, S. 33–67; Schmidt: Das frühneuzeitliche Reich – komplementärer Staat und föderative Na- tion, in: HZ 273 (2001) S. 371–399. Kritik an Schmidt bei Heinz Schilling: Reichs- Staat und frühneuzeitliche Nation der Deutschen oder teilmodernisiertes Reichs- system. Überlegungen zu Charakter und Aktualität des Alten Reiches, in: HZ 272 (2001) S. 377–395. Zu föderativen Nationsvorstellungen s. auch Maiken Umbach: Reich, Region und Föderalismus als Denkfiguren in politischen Diskursen der Frü- hen und der Späten Neuzeit, in: Langewiesche/Schmidt: Föderative Nation, S. 191– 214. Als Fallstudie zu Reichsvorstellungen in katholischen Bemühungen, 1848 die deutsche Nation zu einen: Stefan J. Dietrich: Christentum und Revolution. Die christlichen Kirchen Württembergs zwischen Revolution und Reaktion (1848– 1852), Paderborn 1996. 50Zur Abgrenzung frühneuzeitlicher Nationsvorstellungen und der mittelalterlichen nationes von den modernen Volks- und Staatsbürgernationen s. Langewiesche: ‹Na- tion›, ‹Nationalismus›, ‹Nationalstaat› in der europäischen Geschichte seit dem Mit- telalter, in: Langewiesche/Schmidt, Föderative Nation, S. 9–30 (mit Hinweis auf die massgeblichen Studien des nationes-Projektes der deutschen Mediävistik); erneut in: Langewiesche, Nation, Nationalismus, S. 14–34.
	        

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