Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

zeigten dem General Tergukassoff ihre Unterwerfung an. In 
den besetzten Provinzen ist die russische Verwaltung eingeführt 
worden. Bei dem Inquri-Detachement unter General Alcharoff 
steht atleS gut. General Oklobschio marschirte den stluß Astchkut 
aufwärts. D-e Bewehner zeigten auch hier ihre Unterwerfung 
an. Die Truppen legten Straßen an und bauten Brücken 
über den Fluß Kintn'schi in Daghestan. Die Provinz Terek 
ist ruhig. Ich besichtigte auf meinem Wege hieher die Truppen, 
und fand dieselben in gutem Gesundheitszustand und in vor- 
trefflicher Etimmung. 
Belgrad, 12. Juni. Nachdem gestern der Fürst Milan 
vom Kaiser von Rußland eingeladen worden war, erfolgt 
morgen seine Abreise nach Bukarest. Bon Seiten deS Mini- 
steriumS begleiten den Fürsten der Minister des Aeußern, 
Risti'tsch, von der Armee der General Protitsch und die Obersten 
Leschjanin und Horwatowitsch. 
Berjchiedenes. 
* In Sachen der Eisenbahn-Katastrophe auf der Linie 
WadenSweil-Einsiedeln vom 30. November 1876 hat die 
kantonale Justizvirektivn, gestützt auf das Ezpertenqutachlen deS 
Hrn. Professor und Oberbaurath Sternberg in Karlsruhe und 
auf den Antrag der Staatsanwaltschaft verfügt, eS solle die 
angebobene Strafuntersuchung sistirt, die erlaufenen Kosten 
dem FlSkuS überdunven, dagegen aber keinem der Betheiligten 
eine Entschädigung zugesprochen werden. 
* 
♦ # 
* 3m brennenden Waggon. Der am verflossenen 
Sonntag von Warschau nach Petersburg abgelassene Passagier- 
zug gerieth in der Nahe der Station Pljussa in Brand. Ehe 
man von dem Unfälle noch etwas wahrnahm, stand schon der 
dritte Waggon hinter der Maschine in hellen Flammen und 
vergebens bemühten sich Kondukteurs und Passagiere nach dem 
Stillhalten des Zuges, das Feuer zu löschen. Man erreichte 
mit Hülfe herbeigeeilter Bäuerinnen nur so viel, daß nicht auch 
noch andere Waggons zerstört wurden; aber der von den 
Flammen bereits ergriffene brannte bis auf den Grund nieder. 
Nun hatte sich aber in demselben — eS war ein Schlaf- 
Waggon — notonscherweise der japanesische Militar-Agent von 
Petersburg aufgebalten, und es konnte daher niemand daran 
zweifeln, daß der arme Mann verkohlt sei. Während man 
aber nach feinen Ueberresten suchte, kam auf dem Geleise eine 
- von Arbeitern getriebene Draisine angefahren und auf dieser 
lag mit verbundenem Kopse und verbundener Hand der — 
Vermißte. Der Brand hatte ihn im Schlafe überrascht. AlS 
der Qualm ihn endlich weckte, sprang er, rasch entschlossen, 
zum Waggonfenster in'S Feld hinaus, wo ihn gleich darauf 
die Bahnarbeiter fanden. 
♦ 
* Eine drollige Räubergeschichte, die ausdrück 
lich verbürgt wird, zirkulirt gegenwärtig in der Dresdenerstraße 
in Berlin. Dort wohnt ein Ehepaar, dessen bessere Hälfte 
fast um 3 Dezennien älter ist als die weniger gute. Madame 
weiß sehr wohl, daß der Gatte , ein kaum 30 Jahre alter 
Mechaniker, nur ihreS Geldes wegen in die Ehe gesprungen 
ist und hütet den Geliebten wie ein Drache. Dieser selbst 
macht sich nicht viel daraus, thut «aS er will und hat nur 
einen Kummer, die Frau hat die Kasse und ist so zähe beim 
Herausrücken, daß der Mann sich zuweilen mehr einschränken 
muß, als ihm lieb ist. In der Nacht vom Samstag auf den 
Sonntag lag die Dame^deS HauseS wutschnaubend auf dem 
Sopha und studirte die Predigt, mit welcher sie de« Pflicht- 
vergessenen Mann, der um halb 12 Uhr noch nicht zu Haufe 
war, empfangen wollte. Da plötzlich kam eS ihr vor, als ob 
lelfe an der Thür gearbeitet wurde. Dieselbe öffnete sich und 
herein trat zum Entsetzen der Frau ein fremder Mann mit ge- 
fchwärztem Gesicht. In der Rechten trug er ein Messer und 
gebot pantomimisch Schweigen. Mit der Linken präsentirte er 
der in Todesangst schwebenden Dame einen Zeddel, auf dem 
zu lesen stand: „Geben Sie einem Verzweifelten sosort 500 
Mark — Sie können eS! Oder Sie sind des TodeS!" Zit- 
ternd willfahrt die Frau dem Räuber, der daö Zimmer nach 
Empfang deS Geldes still, wie er gekommen, verließ Auf der 
Treppe wurde er aber von zwei heimkehrenden Personen abge- 
faßt, doch hörte die entsetzt an der Thstre lauschende Frau, 
daß er lachend und unbehelligt daS HauS vekließ. ~ Es war 
ihr Mann, der auf diese Weise seine Finanzen besserte. 
# 
* * 
* Heutzutage sind etwa 200,000 Dampfmaschinen 
aller Art mit mehr als 12 Millionen Pferdekräften im Gange, 
die wieder der stetigen Kraft von 100 Millionen Menschen 
entsprechen. DaS ganze Erwerbsleben ist hiedurch von Grund 
auS umgestaltet worden. Diese Thatsache stellt die Heuer 
hundertjährige Erfindung der Dampfmaschine neben die der 
Buchdruckerpresse. 1775 gingen die ersten wirklichen Dampf- 
Maschinen auS Soho hervor. Wie die Buchdruckerpresse deu 
Geist frei macht, so befreit die Dampfmaschine Menschen nnd 
Zugthiere von der schweren leiblichen Arbeit und schafft Wohl- 
sein. 
Verantwortlicher Redakteur «.Herausgeber: vr. Rudolf Schadler. 
Thermometerstand «ach Reaumur in Badnz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
Juni 
6 
6 */2 
+ 22% 
+ l^I trüb; 
* 
7. 
+ 13 
+ *9% 
+ 18 
hell; 

8. 
+ 12</ 2 
+ 21N 
+ *9% 
w 
tf 
9. 
+ 16% 
+ 221/, 
+ 181/z 
fast hell; 
tf 
10. 
+14 
+ 23 
+ 20 
hell; 
» 
11. 
+15 
+ 24 
+ 22 
tt 
tf 
12. 
+16 
+ 26 
+ 23 
if 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
13. Juni Silber. . 11175 
20-Frankenstück 10.07 
100 ReichS-Mark 61.75 
London 125.75 
Druck von Heinrick Graff in Feldkirch. 
I
	        

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