Liechtensteinische
Fünfter Jahrgang
Vaduz, Freitag
Nr. 21.
den 25. Mai 1877.
Die liechtensteinische Wochenzeitung erscheint jeden Freitag. Sie tostet für das Inland ganzjährig 2 fl., kalbjäkrig 1 fl.sawmt
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Redaktion in Vaduz oder bei den betreffenden Postämtern. — Einrückungsgebühr für die 2gespaltene Zeile 5 kr. —Briefe undGelder
werden franco erbeten an die Redaktion in Vaduz.
Amtlicher Theil.
Kundmachung.
Neuerlich wird in Erinnerung gebracht, daß die Bergstraße
über das Schloß zu Vaduz nach Rotbenboden und Fritzlina
in der Regkl nicht zum Viehtrieb verwendet werden darf, und
daß Viehzüchter, fofernc sie durch besondere Umstände genöthi-
get sind, einze ne Stück Vieh auS den Alpen auf dieser
Straßenstrecke zu treiben, dasselbe stets am Stricke führen
müssen.
Dawiderhandelnde werden mit i—3 st gebüßt.
Fürstl. liechtenst. Regierung •
Vaduz, am 23. Mai 1877.
Hausen.
Nichtamtliche Anzeigen.
In Planken sind ca. 60 Zentner gutes Heu zu
verkaufen. Nähere Auskunft ertheilt Gebhard Gantner,
Ortsvorsteber. . 21
Vaterländisches.
Baduz. 23. Mai. In der Triefner Alpe Valüna ist
letzter Tage die eine der beiden neuen Alphütten durch eine
sog. „Staublavine" voltständig zerstört worden. — Durch daS
Abholzen besonders an ^der untern Gränze der Schaaneraipe
Gritsch scheint die Gelegenheit zu derartigen Schneerutschungen
gegeben worden zu sein.
Ausland.
Nach den Berichten vom asiatischen KriegSschau-
platze zu schließen, hat in der Nähe von Hamm ein größeres
Gefecht stattgefunden, in welchem die Türken Sieger blieben.
Ferner wird gemeldet, daß Suchum-Kale (Hafenstadt und
Festung) von den Türken zu Wasser und zu Lande angegriffen
wurde und in ihre Hände gefallen ist. Bon den Türken wer-
den ferner Munition und Gewehre unter die Tscherkessen (ein
freier BolkSstamm in Kaukasien) vertheilt, welche sich gegen die
Russen schlagen.
An der Donau vollziehen sich die Ereignisse langsamer.
Man darf wohl annehmen, daß die Russen nicht eher an den
Uebergang denken, als bis die Aufstellung der Armee vollendet
ist, so daß an allen Punkten gleichzeitig eine massenhafte Ueber-
führung auf das andere Ufer beginnen kann. Wenn die Tmken
der Meinung waren, daß die russische Armee eS allein oder
doch hauptsächlich auf den Uebergang in die Dobrudscha ab-
gesehen habe, so dürften sie sich geirrt haben; denn die jüngsten
Bewegungen der Russen zeigen, daß sie auch die obere Donau
bis nach Rustschuk hin in'S Auge gefaßt haben Die Gesammt-
stärke der russischen Donau-Armee wird auf 240,00«) Mann-
angegeben.
In Frankreich ist eine MnisterkrisiS ausgebrochen. In
Folge von Erklärungen zwischen dem Marschall-Präsidenten
und JuleS Simon bezüglich der inneren Politik hat das Kabinet
Simon um seine Entlassung nachgesucht und dieselbe erhalten.
.Das Ministerpräsidium des nengebikdeten KabineteS erhielt der
Herzog Broglie. Die Botschaft des Marschall-Präsidenten vom
18. d MtS. lautet:
»Ich habe gewissenhaft die Verfassung beobachtet und habe
die Kabinete Dufaure und JuleS Simon in der Absicht des
Zusammengehens mit der Kammermehrheit gewählt; aber diese
Kabinete haben in der Kammer nicht die Mehrheit erlangen
können und dabei ihre eigenen Ideen zur Geltung bringen
können. Ich konnte keinen Schritt weiter aus diesem Wege
machen ohne an die republikanische Fraktion zu appelliren,
welche eine radikale Aenderung aller unserer Ginrichtungen will.
Mein Gewissen und meine Vaterlandsliebe gestatten mir nicht
auch nur im entferntesten mich dem Triumphe dieser Ideen an-
zuschließen, welche nur die Unordnung und den Niedergang
Frankreichs erzeugen können. So lang ich im Besitze der Ge-
walt verbleibe, werde ich dieselbe innerhalb der gesetzlichen
Schranken ausüben um solches zu verhindern, denn sonst wäre
das Land verloren; aber ich bin überzeugt, daß das Land wie
ich denkt. Die letzten Wahlen, wo alle Kandidaten meinen
Namen anriefen, zielten keineswegs auf den Triumph dieser
Tbeonen ab. Wenn daS Land neuerdings befragt würde, so
witse es diese Verirrung zurück. Ich bin fest entschlossen, die
Institutionen zu achten und aufrecht zu halten. Ich kann bis
zum Jahre 1830 allein eine Abänderung derselben vorschlagen;
ich habe jedoch nichts derartiges vor. Zur Beruhigung der
Ausregung ersuche ich die Kammer ihre Sitzungen einen Monat
lang auszusetzen. Sie kann nachher das Budget berathen.
In der Zwischenzeit wollen wir die Aufrechthaltung deS öffent
lichen Friedens überwachen und nichts denselben Gefährdendes
im Innern des Landes dulden. Der auswärtige Friede bleibt
erhalten, darauf vertraue ich, trotz den Störungen in einem
Theil Europas, Dank unseren guten Beziehungen zu allen
Machten und unserer Politik der Neutralität und Enthaltung.
Alle Parteien sind in diesem Punkte einig. Das neue Kabinet
denkt hierin wie daS frühere. Sollten je Unbesonnenheiten in
Rede und Presse den von uns gewollten Einklang gefährden,
so werden wir sie mit den gesetzlichen Mitteln unterdrücken oder
ihnen vorbeugen indem wir die Vaterlandsliebe Aller anrufen.'"'