Gesammtministerium gerichtet, in welcher auS Anlaß der Er-
eignisse im Orient die Frage gestellt wurde: „Ist die kaiser-
liche Regierung in der Lage über die Haltung der Monarchie
beim Ausbruch und dem eventuellen Verlaufe des russisch-tür-
tischen Krieges Auskunft zu ertheilen, und, im bejahenden Fall,
Welche Ziele und Zwecke werden vom gemeinsamen Ministerium
inS Auge gefaßt, un» wie gedenkt eS dieselben zu erreichen?"
Ich habe die Ehre diese Interpellation im Namen deS Gesammt-
Ministeriums mit den folgenden Eröffnungen zu beantworten:
Die Haltung der Monarchie beim Ausbruch deS russisch-türki-
schen KriegS entspricht derjenigen, welche sie seit der Dauer
der orientalischen Verwicklungen eingenommen und konsequent
beobachtet dat. Ihre Bemühungen um die praktische Verbesse-
rung des Looses der Christen im Orient sind bekannt und
Wurden allseitig gewürdigt. Gleichzeitig waren ihre Bestrebungen
auf die Erhaltung deS Friedens und als diese unmöglich ge-
worden, auf Lokalisirung des KriegS gerichtet. Nachdem es
den Bemühungen der Machte nicht gelungen den Krieg zwischen
Rußland und der Türkei hintanzuhalten, sieht sich die k. und
. Regierung vor eine doppelte Aufgabe gestellt: erstens, alles
aufzubieten, damit der Krieg keine europäische Komplikation im
Gefolge habe, und zweitens bezüglich der Konsequenzen des
Krieges auf die definitive Gestaltung der Dinge im Orient
denjenigen Einfluß unter allen Umstanden zur Geltung zu
bringen, welcher der Lage sowie den Interessen der Monarchie
entspricht. Zur Wahrung dieser Interessen behalt sich die k.
und königliche Regierung auch nach Erklärung der Neutralität
Oesterreich-UngarnS die Freiheit ihrer Aktion vor. Es ist du
k. und k. Regierung bisher gelungen, der Entwicklung der
Ereignisse ohne militärische Vorkehrungen zu folgen. Hei wird
ihrem Grundsatze, den Staatshaushalt durch keine unmotviirte
Mobil,sirung zu belasten, treu bleiben und erblickt auch jetzt
keinen Anlaß zu militärischen Maßnahmen. Andrerseits ist die
Regierung sich bewußt, daß keine Macht im europäischen Orient
näherliegende hochwichtige Interessen wahrzunehmen hat ulS
Oesterreich-Ungarn. Sie kennt auch ihre Verantwortung in
vollem Maße. Bei alledem sieht die Regierung den Ereig-
nissen.mit Zuversicht entgegen. Sie schöpft diese Zuversicht
aus den entschieden freundschaftlichen Beziehungen zu allen
Mächten, auS der Offenheit mit der sie die Zielpunkte der
österreichisch-ungarischen Politik nach jeder Richtung rechtzeitig
zum Ausdruck gebracht hat, endlich aus der Ueberzeugung, daß
Se. Majestät der Kaiser und König, wo eS die Interessen
der österreichisch-ungarischen Monarchie zu schützen gilt, auf vie
Hingebung seiner Völker und den Patriotismus ihrer Vertreter
mit voller Sicherheit zählen kann. In dieser Zuversicht, sowie
in dem Kraftge fühle, welches der Besitz einer durch die Vor-
auSsicht der VertretungSkörper erfolgreich entwickelten HeereS-
macht verleiht, sieht sich die Regierung auch gegenwärtig noch
in der Lage, der Stimme Oesterreich-UngarnS ohne Ergreifung
militärischer Maßnahmen die nöthige Beachtung zu sichern."
Deutschland. Der deutsche Kaiser bereist gegenwärtig die
„Neuen deuttchen Reichslande" „Elsaß Lothrmgen". Er wurde
in Straßburg festlich empfangen und ist seitdem nach Metz
weiter gereist.
China. Nach einer Korrespondenz der „Times" aus
Schanghai vom 15. März wüthet im Norden Chinas eine
entsetzliche HungerSnoth, die sich von der indischen dadurch
unterscheidet, daß von Sekten der Regierung so gut wie nichts
zur Linderung deS Unglücks geschieht. Tausende sterben den
Hungertod, hauptsächlich im äußersten Norden von Kiangsu,
in Schantung, Petschili und Schanse. Die Berichte der prote-
stantischen Missionäre — diese vertheilen die von ausländischen
Gemeinden zusammengebrachten Gaben — schildern vor allem
in Schantung die Noth a^S das denkbar schrecklichste Schau-
spiel, hervorgerufen durch die Dürre des vorigen SommerS.
Die Leute nähren sich theilweise von Blättern und Stängeln,
Tausende aber (so meldet ein Herr Richard) haben nicht ein-
mal daS, und sterben, nachdem sie ihre Kleider und ihre Kinder
verkauft haben Viele kriechen, wenn sie keine Kleidung mehr
besitzen, in unterirdischen Gruben zusammen. In der östlichen
Vorstadt von Tschingtschau sind vier solcher Gruben. Ein
Drittel der 240 Flüchtlinge war nach sechs Wochen todt; um
den Platz eines Umgekommenen streiten sich die Lebenden. A«S
Dörfern von 500 Familien werden 300 Fälle von Hunger-
tod gemeldet. Allen diesen Schrecknissen gegenüber hat die
chinesische Regierung nichts gethan als die jämmerliche Sum-
me von etwa 14,000 Psd. St. auf die Gesammtheit der acht
leidenden Distrikte anzuweisen. Die Leute erhalten auf diese
Weise täglich % Penny. Täglich nimmt (so heißt eS in dem
Briese Richards) die Sterblichkeit zu. Schnee bedeckt den
Boden, und die armen Geschöpfe können nichts bekommen um
ihren Hunger zu stillen. Nach drei Monaten werden einige
Kräuter wachsen und die Bäume in Laub stehen, jetzt bietet
der gefrorene Boden lediglich Todengrüfte.
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Veychiedenes.
Badnz. Musikfreunden können wir die in Wien (t.
Führichgasse 3) seit 4 Jahren erscheinende und bereits sehr
verbreitete „E M. Ziehrer'S Deutsche Kunst- und
Musik-Zeitung" bestens empfehlen. Dieses Blatt er-
scheint jeden 8 Tag und enthält jede Nummer 1 bis 4 Ori
ginal-Kompositionen, bestehend aus Salon Piöcen, Tanzstücken,
Potpourris, TranSfkriptionen., Operetten zc., und zwar für
Klavier, Harmonium, Zither, Violine, Cello, Flöte k , dann
Lieder für ei«e und mehrere Singstimmen, sowie Männer-Chöre.
Der tätliche Theil ist gleichfalls sehr reichhaltig; nebst auS-
führlichen Besprechungen auS dem Gebiete der Musik, Theater,
Literatur zc., enthält er gediegene und äußerst spannende Er-
zähluNgen, Novellen, Romane :c., auS der Feder der berühm-
testen Schriftsteller der Gegenwart. Endlich bringt jede Nummer
ein vorzüglich ausgeführtes Künstlerportrait nebst Biographie.
Wir können daher auch sagen, daß die Deutsche Kunst- und
Musik-Zeitung im besten Sinne ein Familienblatt ist, welches
den Musikliebenden ebensowohl Unterhaltung gewährt, als es
zur Förderung ihrer Studien beiträgt
$
* Der AuSwanderungSmord auf den Bergwiesen in Utah«
Newyork, 25. März
„Mord spricht mit wunderbaren Zungen!" Wie mannig-
fache Bestätigung auch das furchtbare Dichterwort bereits ge-
funden, eine furchtbarere ift ihm wohl noch selten zu Theil ge-
worden, als jene, die vor zwei Tagen auf den Bergwiesen
(Mountain meadows) deS in'S Herz deS großen Westens der
Union eingebetteten Mormonen-TerritoriumS Utah in der Er-
schießung deS Mormonenbischofs John de Lee zum blutigen
AuStrag kam. — Seit Jahren bat der Name dieser Mountain
meadows einen unheimlichen, räthselhaften Klang gehabt. Sie
waren die Stätte eines jener Verbrechen gewesen, bei dem sich
religiöser Fanatismus und Habgier vereinigt hatten, um Allem,
was unmenschlich und grausam ist, ein Bacchanal zu bereiten,
für welches man selbst aus den dunkelsten Blättern deS ISlamS
vergebens nach einem Seitenstück sucht.
Am 16. September 1857 war auf diesen Bergwiesen ein
auS 120 Köpfen — Männer, Greise, Weiber und Kinder —
bestehender AuswanderungSzug, der sich auf dem Wege nach
dem kalifornischen Kanaan befand, abgeschlachtet und die Habe
derselben von Indianern und Mormonen als Beute davonge-
schleppt worden. DaS Gerücht von der Gräuelthat drang
schnell genug über daS Felsengebirge, und mit ihm die Gewiß-
heit, daß eS sich hier nicht bloß um eine Indianer -Unthat
handle, wie von den Mormonen behauptet wurde, sondern daß
die Heiligen selbst daran ihren vollen Antheil gehabt. — Aber