fett Glaubensverfolgungen und gewaltsame „Bekehrungen" ins
Werk gesetzt werden, als gerade in Rußland.
Sehen wir uns einmal die russische „Humanität" in der
Nähe an. Einem polnischen Blatte, dem „Kur. Poz " wird
über die Verfolgung der Katholiken in den Gegenden von Lud-
lin und Podlachien geschrieben:
„3ch habe mich viel mit den Bauern unterhalten. Sie
-fragten mich, ob eS bald einen Krieg geben wird, ob Gott
ibnen die Türken nicht zur Rettung schicken werde. „Hundert
Mal ziehen wir die Türken vor, wir wünschen den Krieg.
Sollte er auch aus unsern Feldern geführt werden, sollten wie
durch ihn zu Grunde gerichtet und unsere Dörfer dem Boden
gleich gemacht werden, es wäre uns lieber als die Zustände,
in welchen wir leben."
Ich habe ein Dorf gesehen, wo viele Opfer von den russi«
fefoen Kugeln gefallen sind; zahlreiche Spuren dieser Kugeln
stnd noch jetzt an den Wänden dieser Hauser zu sehen. Ein
Augenzeuge erzählte mir, daß er gesehen, wie verwundete
Weiber un5 K-nder von den Kosaken verfolgt und mit ihren
Lanzen getöbtet wurden. Ich habe ein Dorf gesehen, wo
Greise nackt während deS stärksten FrofteS auf dem Schnee
mit Knuten gepeitscht wurden. An einem anderen Orte wur-
den Weiber mit derselben wilden Wuth gemißhandelt und eine
junge Ehefrau erhielt 200 Peitschenhiebe, daß sie beinahe ihren
Geist darunter aufgab. Die MoSkowiten trieben ihre Grau-
samkeit so weit, daß sie die unglücklichen Bauern unter starker
Eskorte nach dem Walde brachten, wo die Aermften eigenhändig
die Ruthen zu ihrer Züchtigung schneiden mußten. Ganze
Rotten stnd noch jetzt in den Dörfern einquartirt und Haupt-
sächlich in denjenigen, wo sich Kirchen befinden. Gegenwärtig
leben die Soldaten auf eigene Kosten, da das verarmte Volk
nicht mehr im Stande ist, ste zu ernähren. Vor kurzer Zeit
schlachteten sie daS Vieh der Einwohner der Reihe nach und
streuten ungedroschenen Weizen unter ihre Pferde. Für jedeS
neugeborene Kind, welches die Land/eute nicht bei einem grie-
chifchen Popen taufen lassen, müssen sie eine Strafe von 5
Rubeln bezahlen, welche Strafen jeden Monat im steigenden
Verhältnisse wachsen. Dasselbe findet statt bei jedem TodeS-
falle. Kaum ist Jemand in der armen Hütte gestorben, so
findet sich gleich eine russische Wache ein, die den Verstorbenen
ohne Mitwirkung eines Popen nicht begraben läßt; die armen
Landleute müssen alle möglichen Mittel versuchen, um den
CerberuS für einen Augenblick zu entfernen, welche Gelegen-
heit ste benutzen, die Leiche des Vaters, der Mutter oder deS
Kindes auS dem eigenen Hause zu entführen und ohne den
Popen zu beerdigen."
Ist daS Menschlichkeit?! Ist daS Christenthum?! —
Das italienische Parlament in Rom hat in jüngster
Zeit ein „Gesetz gegen die Mißbräuche deS geistlichen AmteS"
beschlossen. Dieses neueste Gesetz hat die Katholiken aller Län-
der mächtig aufgeregt und energische Proteste, sowie politische
Demonstrationen hervorgerufen. Die katholische Union von
England, an deren Spitze ver Herzog von Norfolk steht,
hat folgenden Protest in ver Fassung einer Resolution abge-
geben: „Die katholische Union Großbritanniens, repräsentirt
durch ihr Generalkomite, hält sich für verpflichtet, einen Pro-
test gegen jene Gesetze zu erlassen, welche speziell gegen die
behaupteten Mißbräuche deS Klerus in Italien gerichtet wur-
den, und zwar darum: 1) weil die italienische Gesetzgebung in
Folge des gegen den Klerus erlassenen Verbotes, die Gesetze
und Institutionen des Landes, fei es durch Rede, sei eS durch
öffentliche Schriften zu erörtern, denselben der Ausübung eines
allen Klassen der Gesellschaft freien Ländern zustehenden
Rechtes beraubt; 2) weil diejenigen Bestimmungen, durch welche
den Gliedern deS Klerus Geld- und Gefängntßstrafen in AuS-
ficht gestellt werden in dem Falle, daß sie den „Frieden und daS
Gewissen der Familien" beruhigen, den bestimmten Zweck zu
haben scheinen, die Ausübung der den kirchlichen Behörden wesentlich
obliegenden h. Handlungen zu verhindern, deren hauptsächlichster
Wirkungskreis sich auf daS Gewissen jedes Einzelnen, wie der
Gefammtheit erstreckt; 3) weil die unbestimmte Fassung deS
Gesetzes im Widerspruche mit den anerkannten Prinzipien der
Kriminalgesetzgebung ist und den beständigen Vorwand, den
Clerus zu verfolgen, liefert; 4. weil daS Projekt vor Allem
gegen den souveränen Oberhi'rten gerichtet ist; denn wie ein
italienischer Minister ausführt, hat eS den Zweck, den Papst
in der Person seiner Untergebenen zu treffen, so daß eS mit
der Autorität deS h. Stuhles, welche für die katholischen In-
teressen der ganzen Welt wesentlich ist, sich als unvereinbar
zeigt; 5. weil eine große Anzahl unter den Vertheidigem deS
Gesetzes im Schooße des italienischen Parlaments offen er*
klärte, daß eS dazu bestimmt sei, nicht nur die Freiheit der
Kirche anzugreifen, sondern sogar die Existenz der christlichen
Religion in Italien selbst zu vernichten." — Aehnliche Pro
teste haben auch die Katholiken von Deutschland, Frankreich
u. s. w. abgegeben
Deutschland. In Deutschland ist heute das TageSereigniß
eine Rede Moltke'S. Es handelte sich um eine Mehrforderuyg
für 122 Hauptleute erster Klasse, so daß ein Regiment fortan
13 Hauptleute an Stelle der bisherigen Vi haben würde.
Die Kommission beantragte Genehmigung, Graf Ballestrem
Streichung. Darauf trat Moltke für den Antrag ein. Wir
entnehmen der Rede folgende Stelle: „Ich theile die Hoffnung
und den Wunsch deS Herrn Vorredners nach dauerndem Frie-
den, aber die Zuversicht theile ich nicht. Was diesem Fort-
schritt der ganzen Menschheit entgegensteht, daS ist das gegen-
seitige Mißtrauen, und in diesem Mißtrauen liegt eine stete
und große Gefahr. . . . Wenn sie die französischen Blätter
lesen, selbst die tonangebenden, so finden Sie doch darin, ge-
linde ausgesprochen, eine große Abneigung gegen uns. Zch
will nicht vort Hohn, Spott und Geringschätzung sprechen, die
sich darin kund geben; denn dafür liegt kein vernünftiger
Grund vor. Wa6 aber die französische Presse nicht ausspricht,
daö ist die Besorgniß, daß, nachdem Frankreich so oft und
wiederholt über daS schwache Deutschland hergefallen ist, nun-
mehr daS starke Deutschland auch ohne Grund und Anlaß auch
einmal über Frankreich herfallen werde Daraus, meine Herren,
erklären stch viele Thatfachen, daraus erklärt sich die Riesen^
arbeit, die Frankreich gethan hat, indem eS in einer Reihe von
Zähren mit großer Sachkenntniß und Energie seine Armee-Or-
ganisation durchgeführt hat; daraus erklärt sich, daß mit dem
letzten Friedensschluß bis heute ein unverhältnißmäßig großer
Theil der französischen Armee zwischen Paris und unserer
Grenze steht, namentlich Kavallerie und Artillerie in gut vor-
bereitetem Stande und unmittelbar an unserer Grenze, ein
Verhältniß, was, nach meiner Auffassung, früher oder später
Notwendig einmal eine AusgleichungSmaßregel von unserer Seite
herbeiführen muß (Bewegung). ES ist daS denn auch ein
beachtenSwerther Umstand, daß in Frankreich, wo die Parteien,
die sich ja wohl in jedem Lande finden, einander wohl noch
schärfer gegenüberstehen, als bei unS, daß alle diese Parteien
vollkommen einig stnd in einem Punkte, nämlich darin, alleS
zu bewilligen, was für die Armee gefordert wird (sehr wahr!),
während wir hier mühsam kleine Etatpositionen retten müssen."
Die französische Presse hat die Rede Moltke'S, . die in
Deutschland selbst in allen möglichen Tonarten kommentirt
wird, im Ganzen außersrdentlich kühl und verständig auf-
genommen.
Verschiedenes.
"FrühjahrswäschederOb st bäume. Beim Beginn
deS Frühlings dürfte eS nicht unwichtig sein, alle Gartenbesitzer
daran zu erinnern, daß daS Abwaschen der Obstbäume ein
vortreffliches Mittel ist, um dieselben schön, gesund und frucht-