gebären aber nach und nachdenTag, wo auchdaS
Vertrauen des Inländers zum Inländer schwin-
det, wo man gezwungen wird, den Mitbürger wie
einen Fremden zu tontroliren und wo man nicht
PKh.r aus tfrafi und Hchutz de r G e se tz e bauen
kÄ « n, so n d e r n e n d l i ch d i e letzte Z u f l u ch t * d ie
eigenen Mittel der Selbsterhaltung ergreift. Be-
drohungen deS allgemeinen und Privatk redete S^
innere Katastrophen machen mit der Zeit auch im
inneren BertehrSleben zur Uebe»rge nüg e klarj
wie schädlichund zersetzend die Mangelhaftigkeit
deSGeidive^the^, die eiil obe?11äch1icher falsche r
Schimmer so lange gedeckt hatte, wirkte. —
Das- ist. die- Sprache- der. Thatsachen-, wie- sie sich bereits
bei uns schon entwickelt habet* und entwickeln werden. — Alle
Staaten rufen, wenn immer möglich, das Gold herbei , vom
Silber will man nichts mehr wissen. Die Bereinigten Staaten
von Nordamerika verkündeten mit dem Zahre 1879 zur reinen
Goldwährung übergehen zu wollen, (instand und Deutschland
haben dieselbe bereits eingeführt. Frankreich, Belgien und die
Schweiz werden über kurz over lang gezwunge» sein , dasselbe
zu thun; denn das Silber dieser Staaten kann ja nur mehr
unter dem Schutze des StaatSkrediteS und unter dem staatlichen
ZwangSkurse umlaufen u. f. w.
ES ist nicht zu läugnen, daß mancher Einzelne im Ver-
kehre mit Oesterreich momentan durch die Einführung eines
dauerhaften Geldes anscheinend Schaden erleidet; Schreiber
dieses selbst kann sich ja füglich zu diesen zählen. DaS wäre
aber immerhin ein zu beschränkter und persönlicher
Standpunkt, wollte man bierauS eine allgemeine und sehr
wichtige LandeSangelegenheit beurtheilen. In solchen Fragen
müssen höhere Gesichtspunkte obwalten, nur dann kann
eine zweckdienliche und dem allgemeinen Wöhle nützliche Beur
teilung Platz greifen.
ES konnte nicht in meiner Absicht liegen, die schon früher
und öfters erbrachten Beweisgründe für die Notwendigkeit
einer Münzregelung zu wiederholen, denndaS hieße bald „Eulen
nach Athen tragen", ich wollte hier nur den Standpunkt prä-
ziftren, der in so wichtigen Fragen eingehalten werden muß. Noch
viel weniger wollte ich die verschiedenen gegnerischen Artikel
hier Revue Passiren lassen, denn »ie große Mehrzahl derselben
ergeht stch in kleinlichen Ausflügen und Ausfällen, dt* mit
Lauge und Geifer persönlich untermischt sind. Eö wäre eine
kleinliche und Halblächerliche Mühe, wollte man gegen diese
allerortS aufgesteckten Windmühlen, die selbst nach dem wilven
Tobel geschleppt werden, Sturm reiten. Solche jedenfalls nicht
„fachmännisch" ausgeführten Experimente kann man füglich
der Selbstverwitterung überlassen, um so eher, alS die dann
entstehenden Fetzen am besten das fadenf yemige Gewebe zur
Schau tragen.
Ich habe am Schlüsse der in diesen Blättern erschienenett
„Streiflichter" kein günstiges Horoskop für die Zukunft gestellt.
Wenn stch auch die Konstellation bisher nicht ungünstiger ge-
staltet hat, so scheint doch die Sache schief auf der „abschüs
sigen Bahn" vorwärts gehen zu wollen, uns es wird wohl
erst die Roth kommen müssen, bevor bessere und geordnete Zu-
stände eintreten. — DaS traurigste an der Sache ist, daß die'
ganze Bewegung, die stch jetzt siegesgewiß breit macht und kaum
das offene Wort Andersgesinnter dulden will, auf dem ver-
hängnißvollen Boden der Ungesetzlichkeit entstanden ist. Wohin
soll daS aber führen? JedeS beliebige Gesetz kann also durch
Zusammenrottungen auf der Straße gestürzt werden. DaS Bei-
spiel ist gegeben, et exemp!» trsdunt, d. h. die Beispiele ziehen.
Eine materielle Staatsgewalt, die fehlt uns und kann bei un-
feren Verhältnissen nicht im Jnlande geschaffen werden, sondern
muß nötigenfalls von Außen beschafft werden können. Wird
die Machtvollkommenheit für derartige Eventualitäten, wenn
auch nur auf dem Wege der Drohung geschaffen werden ?
Selbst die sreiesten Republiken bedürfen dieses GesetzeSschutzeS.
Der Landtag hatte überrascht, übereilt ein mangelhaftes
Münzgesetz geschaffen — Anstatt nun auf verfassungsmäßigem
Wege eine erlaubte Opposition ins Leben zu rufen^ wurde im
Unterlande plötzlich Stürm geblasen und auf dem Wege der
Ungesetzlichkeit Gesetz und Landtag zum Sturze gebracht. Hie-
bei> möchte ich auf ein geschichtliches Moment aufmerksam ma
chen, das nicht uninteressant ist. ES ist nämlich damals h\)t
.aufhefülkn, daff vvr dem Münzgefetzbefchlusse verhältmßmäßig
Alles fo ruhig war, daß sich selbst die unterländischen Abge
ordneten scheinbar so nachgiebig und „eompromißtüchtig" er»
wiesin und kaum ^wei Wochen nachher — die berüchtigte
Massendemonstration. Auffallend jawohl und doch so klug
und listig vom Standpunkte des Unterlandes aus. Wie be-
kannt hatte nämlich die LandtagSmaiorität beschlossen, dem
Zollvertrage nur unter der Voraussetzung, daß
sicher eine Münzreqelung zu Stande komme, die
Ge nehm i g un g von Seite deS Landtages zu erteilen. Be-
kanntlich genießt hauptsächlich daS Unterland durch den
! Verkehr mit Vorarlberg die Vor^ heile deS Zollvertra-
geS, während die oberländische Bevölkerung im
-Großen und Ganzen der Erneuerung deS Zollvertra-
geS eher abgeneigt war. Man fürchtete daher im Un-
terlande, daß man durch zu frühes „Trommeln" mit der
Münzregelung auch den Zollvertrag in Gefahr bringe Daher
die kluge Parole: fein sachte, fein stille, ein bischen Spiegel
fechterei und — der Zollvertrag ist genehmigt und dann laßt
die Trompeten schmettern gegen daS Münzgesetz! Das Un-
terland trug fein den Speck nach Hause, das Oberland und
die LandtagSmajorität gingen den Unterländern in die Falle
und können sich jetzt weidlich an ver abgerufenen Schwarte
de« MünzgesetzeS ergötzen. Sonderbar, daß man diesen „klu-
gen" Umstand damals so wenig bemerkte. Jedenfalls für die
Zukunft eine recht handgreifliche und geschichtliche Mahnung
zur „Vorsicht"; denn mit der „Nachsicht" kommt man in po
litischen Dingen, wo eö klug und entschieden handeln heißt,
oft zu spät. —
Ob die kommenden LandtagSwahlen derartig ausfallen wer-
den, daß die Ungesetzlichkeiten entschieden refüstrt d. h. die
Münzregelung dennoch in einer passenden Art und Weife zur
Durchführung kommen wird, ist mehr alS fraglich. Mehr als
der Widerstand deS Unterlandes ist zu befürchten, daß die kom-
mende Majorität, wenn sie auch prinzipiell günstig für eine
Münzregelung ausfallen würde, einem allfälligen „Compromiß"-
antrage auf Vertagung der ganzen Sache beipflichten dürfte.
„Die Sache ist nicht mehr opportun", wenigstens gegenwärtig,
eS gibt sonst wieder „Spektakel" zc K werden als beliebte
Einschläferungephrasen gebraucht werden und die Wirkung
dürfte um so eher eintreten, als bei unserer noch wenig ent-
wickelten politischen Reife ein solidarisches und entschiedenes
und auch bis auf den letzten Strich konsequentes Auftreten
eine halbwegö exotische Pflanze zu sein scheint. ES wird also,
wie ich schon bemerkt habe, wahrscheinlich auf der „abschüssigen
Bahn" vorwärts „geschattet" werden, bis man in der Sack-
gaffe „Roth" ange angt ist u. s. w. —
Man hat mir schon öfters und auch von befreundeter
Seite etwas Pessimismus d h. Schwarzseherei vorgeworfen,
ich hatte auch dem Münzgesetze in seiner beschlossenen Art und
Weise von Anfang an keine günstige und langlebige Zukunft
prophezeit; nun ich wünsche nur, ich sei ein herzlich schlechter
Prophet; vielleicht auch, daß ich an einem Sehfehler laboriere
und weiße Dinge für schwarz ansehe. —
Schließlich möchte ich noch bemerken, daß meine Ansichten,
die ich zu verschiedenen Malen hier mitzuteilen versuchte, sich
durchaus nicht aufdringen wollen, auch nicht als fachmänni-
scheS Elaborat anzusehen find, sondern einfach alS wohlge-