Verluste, welche auch die österr. Thaler erlitten und wechselt
dieselben voll gegen Gold ein. Gewiß ein schöner Zug: eö
will nicht, daß die von Oesterreich herüber gekommenen und
wührenv der Münzkonvention entstandenen Thaler den zufälli
ger! Besitzer um die erhebliche Kursdifferenz schadigen sollen.
Gewiß ein Bespiel der Nachahmung würdig! Der schöne ebenso
vollwichtige Silbergulden aber war seinem Schicksal verfallen,
ihn rettete das Gepräge nicht, weil keine Staatskasse exiftirt,
welche den Liebling gewisser Spekulanten in seinem vollen ur-
sprünglichen Werthe einwechseln wollte — eS fehlt ihm die
Haupteigenschast einer stabilen Münze, oder cineS richtigen
WerthmesserS, nämlich — — die S t a a t S g a r a n t i e. Da
ist seine kranke Stelle. Er ist Waare geworden und sein Preis
wird vom Londoner Silbermarkt bestimmt; er ist nicht mehr
Kraft seines Stempels zu gebrauchen, sondern nur Kraft seineö
schwankenden innern GehalteS.
Anläßlich kann ich nicht unerwähnt lassen, daß in Oester-
reich die Abschaffung der Banknoten und die Aufnahme von
Silber- oder Goldzahlung einen ähnlichen Sturm herauf be-
schwören würde, wie bei uns die Einführung einer vollwerthi-
gen Münze. Nur würden wir bei Oesterreich im Lager der
Gegner mehr die großen Finanzkräfte deS Staates erblicken.
Die SchutzMnerei geht in Oesterreich wie in Italien Hand
in Hand mit der Papierwirthschaft (zu welcher die Silbergul-
denwirthschast ein sehr naher Verwandter ist); die Großindu-
strie und die Geldspekulation sind die mächtigen Verbündeten
der ersteren und die maßgebenden Faktoren. Diese Mächte wer-
den noch manchen Sturm abschlagen bis es ünderö wird.
Oesterreich ist durch die Schläge, welche eS seit 30 Jahren er
litten hat, in eine schwierige finanzielle Lage gerathen und sah
sich deßwegen genölhigt zu den Banknoten und zum Zwangs-
kurse Zuflucht zu nehmen. Bis jetzt war eS vergebens be-
müht aus dieser Zwangsjacke zu schlüpfen. Natürlich würde
eS unS Liechtensteinern schlecht anstehen, unS jetzt von diesen
nun gelösten Banden zu befreien, welche unS durch den alten
Zollvertrag an daS Schicksal des Silberguldenö ketteten, das
wäre doch nicht nachbarlich und großmüthig gehandelt —!
Daher nur ruhig zugewartet biß eS Oesterreich gelingen wird
die Valuta (Zahlung in klingender Münze und Beseitigung
der Banknoten) herzustellen. Diese Frage soll zwar neuerdingS
publizistisch in Kluß gebracht werden, jedoch von da bis zur
Durchführung braucht'S noch geraume Zeit. —
Um zur nähern Kenntniß derjenigen Eigenschaften des Sil-
berguldenS zu gelangen, welche denselben bei gewissen Leuten
eben so beliebt machten und die nur noch den österr. Bankno-
ten den Borzug einräumen, will ich noch kurz die Werthschwan-
kungen vorführen, welche derselbe seit Beginn der Silberent-
werthung durchzumachen hatte und welche denselben ebenso vor-
trefflich zu einem Werthmesser eignet, wie eine Elle die heute
100 Centimeter lang ist und nach einem Vierteljahre 75, und
dann in ein paar Monaten zum Leidwesen vieler ehrbarer Bür-
ger dieser Zunft auf eine Länge von etwa 95 Cm. wächst
DaS Jahr 1872 lief mit kaum einigen Schwankungen des
WertheS vom Gulden ab, obschon die Stabilität des Silber-
Preises erschüttert war, aber schon im Januar 1873 begann
allmählig sein Werth zu sinken. UmS Neujahr 1874 galt er
nur mehr 95 kr. Damals schrie und wehklagte man unten
wie oben im Lande, daß eS ein Erbarmen war und die Vater
deS Landes berathschlagten und beschlossen einstimmig: fort mit
diesem Treulosen — um jeden Preis — wir opfern sogar den
Zollvertrag! Im Jahre 1874 hielt er (ich ziemlich stabil auf
94 kr. Man grollte noch immer, alleS verteuerte sich natür
licherweise auf dem Markte, wo man mit Silbergulden bezah-
len mußte, mehr als um das was per Gulden weniger werth
war. DaS erbitterte viele — andern kam eS aber sehr zu
Diensten: nach der Schweiz konnte nunmehr verkauft wer-
den, um so mehr aber wurde in Feldkirch eingekauft und
der dortige Markt von Liechtenstein frequentirt. — Schon im
Juli 1875 sank der Silbergulden auf 90 kr. herunter und
besserte sich bis Ende deS Jahreö bloß um 1 kr., aber mit
Niesenschritten fiel er bis Juli 1876 auf 75 kr. herab —
frühere 400 fl. galten nur mehr 300! Silbergulden waren
damals nicht mehr Werth als österr. Banknoten. Hierauf
freudiger Aufschrei und Wohlbehagen im nördlichen Theile deS
Landes— Entrüstung aber auf Seite der redlich und rechtlich
Denkenden. Nachdem dann der Gulden unter beständigen
Schwankungen im Oktober sich wieder auf 80 kr. Werth er-
holt hatte, siegte er über die Banknoten und erreichte Anfangs
Jänner 1877 zum Leidwesen seiner Freunde im Unterlande
84 kr., ja er erhob zum Schrecken der Genannten immer stol-
zer sein Haupt, bis er endlich im vergangenen Februar 94 kr.
galt. Aber waö ist schwankender hier unter dem wechselnden
silberleuchtenden Monde als der österr. Silbergulden — kein
Mädchenherz, kein Aprilwetter!
Also höret, staunen werden die freundlichen Leser woht
nimmer, heute wo ich diesem wankelmüthigen Gilberlinge feine
LebenSgeschichte niederschreibe, ist der Treulose schon wieder —
zu seiner unauslöschlichen Schande sei eS gesagt — herunter
gekommen auf elende 85 kr. Ist eS nicht ein Skandal, daß
man seinetwegen so viel Skandal gemacht hat. Ist er'S wohl
werth! Wenn er in seinem schwindsüchtigen Stadium erst wie-
der auf 75 kr. herab sinkt und deßwegen der Taglöhner und
Fabrikarbeiter mit % ihres Lohnes (ich begnügen müssen,
dann Volk werden deine Beglücker wieder jubeln und sagen:
„wenn'S nur noch möglich wäre, vaß er auf 50 kr. oder gar
auf 0 käme" — dann wird Freude in Judäa sein.
Mein Grundsatz: „Jedem das Seine" — blieb auch nach
dem Tage deS hl. Hylarius 1877 unerschüttert. Mit der Elle
mit der Du auSmißt, soll Dir wieder zurückgemessen werden;
darum gleiche und redliche Münze, gleiches und redliches Maß
und Gewicht! Kein Patriot, der nicht offen und ehrlich für
dieses Prinzip eintritt und sich die Feßeln unbefugter Verge-
waltigung so leicht und thatlos gefallen läßt, ist würdig
Bürger eines konstitutionellen Staates zu sein! Lieber die ab-
solute russische Knute, als die Herrschaf! der Kommune.
Vaterländisches.
Vaduz, 27. März. Die unsern Obstbäumen so sehr ver-
verbliche Baummistel hat sich — mehr oder minder stark
— in Liechtenstein überall eingenistet. Da sich dieselbe, wenn
ihr nicht Einhalt gethan wird, sehr rasch weiter verbreitet,
weil deren Samen von Baum zu Baum vertragen werden: so
erlaube ich mir, den Baumbesitzern den wohlgemeinten Rath
zu geben, die Mistel bald möglichst zu entfernen. Am sichersten
geschieht dies, wenn diese Schmarotzerpflanze (sammt den.
Wurzeln) mit einem scharfen Messer ausgeschnitten und
dann die Wundstelle mit Steinkohlentheer überstrichen
wird. Dieser Theer vernichtet die noch etwa übrigbleibenden
Wurzeltheile und verhindert so daS Weiterwachsen.
Oberlehrer Hinger.
Ausland.
Die in der letzten Nummer der „Liecht. Wchztg." gebrachte
Nachricht: England soll dem russischen Protokollvorschlage bei-
getreten sein, hat.sich alS verfrüht erwiesen und war eben nichts