Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

wechseln vermocht; gegen eine Währung sage ich, die heute 
noch in ganz Europa a!S ehrliches, vollgültiges Zahlungsmittel 
dient; eine Währung, die selbst noch beim Bürger der untern 
Herrschaft, so sehr derselbe auch dieFrankenwährung perhorreSzirt, 
ihre Anerkennung und Achtung aufrecht erhalten hat. Bürger 
von Ruggell, machet euch nur lustig über daS Blutzgerland, 
deswegen verliert eS Nichts von feinem Kredite und damit ihr 
sehet, daß eS im Blutzgerlande noch Geld gibt und jirkulirt, 
sage ich nur , daß die Sparkasse des BlutzgerlandeS, wohin 
Auswärtige kein Geld einlegen können, im verflossenen Jahre 
1876, in welchem Jahre Handel und Verkehr nicht besonders 
blühte, mit über 75 Millionen Franken verkehrte und daß eine 
Privat-Kasse im gleichen Jahre 1876 mit nicht weniger a?S 
mit 78 Millionen Franken Geschäfte machte. Die mehreren 
Bürger von Ruggell sehen, daß der Blutzger-Staat Kredit hat 
Schlecht aber steht eS mit dem Kredite Liechtensteins mit seinen 
enormen Rßein.Kosten, mit den Gefahren von Ueberschwem- 
mungen und Rüfen-Ueberschüttungen und mit seinen entwertheten 
Silbergulden, wie Mancher, eher als eS ihm lieb sein möchte, 
eS zu erfahren bekommen könnte. Die LandeSkasse sitzt trocken; 
woher denn Geld nehmen, wenn die auswärtigen Kapitalien 
gekündigt werden? Da beißt eS denn nach E gehen, aber 
nicht nach dem E. . deS BlutzgerlandeS. 
Schaan, den 10. März 1877. 
Beat Deflorin, fürstlicher Hoskaplan. 
Ausland. 
Die hauptsächlichsten Nachrichten beziehen sich wiederum 
auf die orientalische Frage. Jgnatieff ist von VariS 
nach London gereist, damit auch England den Protokollvor 
schlag annimmt. England soll auch das von Rußland vorge 
schlagene Protokoll angenommen haben. Die „FriedenSschal- 
meien" in den Zeitungen und auf der Börse sind auf diese 
Nachrichten hin erst recht laut geworden, ja manche glauben: 
nun sei der Friede sicher. — Die ganze Sache scheint aber, 
wenn man ein bischen zurück und vorwärts schaut, noch nicht 
so eminent friedlich auszusehen. Denn was besagt eigentlich 
daS Protokoll? Es ist höchstens ein erneuter schwacher mo- 
ralischer Druck Europa'S auf die Türkei. Jede Macht behält 
nebenbei ihre volle Freiheit deS Handelns. Wird Rußland um 
diesen Preis abrüsten? Wird die Türkei sogleich ja sagen und 
auch abrüsten? Oder ist das ganze vielleicht nur ein diplo- 
matischeS Scheinmanöver, um Zeit zu gewinnen und um beim 
allfälligen Losschlagen sicherer auf die Neutralität der europäi 
schen Westmächte rechnen zu können? Schreiber dieses traut 
sich zwar in der ^hohen Politik" kein sicheres Urtheil zu, aber 
er glaubt, mit der neuesten Friedensbotschaft ist die orientalische 
Frage noch keineswegs gelöst, vielleicht im günstigsten Falle 
auf einige Monate verschleppt. Immerhin ist eS zwar ein 
nicht unerheblicher Gewinn für den Frieden Europa'S, wenn 
die Kriegsgefahr auch nur auf 2 Monate hinausgeschoben 
wird. — 
Auffallender Weise langen gleichzeitig mit den obigen „Fn'e* 
denSnachrichten" Berichte ein von der dalmatinischen Gränze 
über neuerliche nicht unbedeutende Zusammenstöße zwischen Tür- 
ken und Insurgenten, und wird ferner gleichzeitig auS Kon» 
stantinopel gemeldet, daß die dort herrschende Gährung lebhaft 
vorwärts schreite. — 
Ferner wird Herr Elltot * der alte Gegner deS Generals 
Zgnatieff wieder auf den Gesa«dtfchaftSposten nach Konstant!- 
nopel zurückkehren; eine überraschende Meldung zu der gleich- 
zeitigen Meldung über Jgnatieff's Ankunft in London. — 
Zu dem am 3 Juni d. I. vom heil. Vater in Rom 
zu begehenden 50jährigen Bischofsjubiläum haben sich, wie 
eine glaubwürdige Meldung auS dem Vatikan erfährt, bisher 
die nachstehenden Massenwallfahrten angesagt: eine Karawane 
von 1200 Pilgern auS Amerika, über 1000 Wallfahrer aus 
Belgien, 400 auS Deutschland, 10,000 auS Frankreich, 600 
Pilger auS Kolland, 350 aus Oesterreich, 200 auS Ungarn, 
800 Gläubige auS Portugal, drei Karawanen, zusammen un- 
gefähr 10,000 Köpfe stark, auS Spanien, und endlich auS 
Italien selbst mindestens 25,000 Pilger. 
Verschiedenes. 
"'Eine Handvoll Bauernsprüche. Vor Winter 
gepflügt, ist halb gedüngt. 
Der Sandboden frißt den Dung und der Steinboden die 
Schneid'. 
Für den Thonboden ist der Frost der beste AckerSmann. 
Lieber ein Fuder Mergel auf den Mist, als zwanzig auf 
den Acker. 
Frühsaat trügt selten, Spätsaat oft. 
Der Frühsäer hat die Zeit vor sich, der Spätsäer hin- 
ter sich. 
Wer über Winter zu dünn und über Sommer zu dicht 
säet, braucht seine Scheunen nicht größer zu machen 
Wie der Acker, so die Rüben; wie die Saat, so die Ernte. 
Den Weizen schneid' in der Gülde, den Spelz untergrün, 
den Roggen in der Vollreife. 
Zu Georgi soll ein Rabe sich im Roggen verbergen können. 
Wenn der Schimmel über die Hecke guckt, ist'S Zeit zur 
Hafersaat. 
Frübhafer — Schwerhafer. 
Wer Rüben säen will, muß den Pflug an den Ernte- 
wagen hängen. 
DeS Klee's wird der Boden bald müde. 
Beim Hanf spare daS Pflügen und beim Lein daS Eggen 
nicht. 
Hanf, Hopfen, Reps und Mais sollte man auf dem Mist- 
Haufen bauen. 
Dem Weinstock, den Bohnen und dem MaiS wird'S nie 
zu heiß. 
Wasser macht GraS. 
Gutes Werkzeug ist halbe Arbeit. 
Die Kühe melkt man durch'S Maul. 
Ordnung in Stall ist halbes Futter. 
Schafe haben goldene Klauen. 
Eine Hand voll Stroh gibt zwei Hände voll Mist, und 
diese geben eine Hand voll Körner. 
Die Düngergrube ist der Geldbeutel deS Bauers. 
Hast du viel Mist, so dünge den Acker; hast du wenig, 
so dünge die Pflanzung. 
Fette Straße — magere Aecker. 
Willst du Korn bauen, so schaff' erst Wiesen und Futter. 
Wetzen hält den Mäder nicht auf. 
Wer sein Gut vernachlässigt, verliert den Drittel seiner 
Einnahmen, und wenn er's verkauft, daS halbe Kapital dazu. 
Lauf ohne Roth nicht den Märkten nach; eS sind ohne 
dich schon genug Faullenzer dort. 
DeS H?rrn Auge schafft mehr als seine Hände. 
Des Herrn Fuß düngt den Acker. 
Eine Kuh deckt alle Armuth zu. 
Wenn das Kalb ersoffen ist, deckt der Bauer den Jauche- 
tasten zu. 
Fleißiger HauSvater schafft hurtiges Gesinde. 
Arbeit hat bittere Wurzel, aber süße Frucht. 
Sammt und Seide löschen daS Feuer in der Küche auS. 
Arbeit und Sparen macht reiche Knechte. 
Wer seine Schulden bezahlt, verbessert sein Gut. 
Wer seinen Acker erschöpft, erschöpft seinen Geldbeutel. 
Wer den Acker pflegt, ven pflegt der Acker. 
Arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel bedarf. 
Zur Haushaltung gehören vier Pfenninge: ein Rothpfen-
	        

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