Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

gesetzlich genommen müßte diese Scheidemünze übrigens nur 
bei Tabak- und Briefporto-Zahlungen angenommen werden 
Endlich weiß gewiß jeder verkehrsfähige Vorar!berger so 
gut den CourS vom Golde zu berechnen, wie vom Silber. 
Bezüglich der Einwände punkto Kapitalien kann ich füg- 
lich auf das von mir schon früher und öfters Erläuterte ver- 
We sen. Insbesondere möchte ich da die von mir gemachten 
Vorschläge für ein „anderes Münzgesetz" und daS über daS 
Verhältniß deS Geldes zur einfachen Waare Gesagte an- 
deuten. 
Die wenig hoffnungsvolle Tröstung: das Silber könne ja 
wieder steigen und stch schließlich noch einmal mit dem Golde 
in die Herrschaft der Welt theilen, ist sehr wenig ermuthigend. 
Ich will hier der Kürze halber nur auf die Wahrscheinlichkeit 
hinweisen, daß über kurz oder lang die Frankenstaaten zur 
einfachen Goldwährung überzutreten gezwungen stnd. Ob und 
wie dann daS Silber steigen wird, kann stch jeder mit der 
KrebSscheere selber zuschneiden. 
Zum Schlüsse glaubt der Herr Einsender vom Unterland, 
ich habe die Zukunft ein biSchen durch die schwarze Brille an- 
geschaut. Nun wir haben heute Abend, wo ich diese Zeilen 
schreibe, gerade Mondfinsterniß, und da könnte man, wenn 
man so allegorisch an den Kernschatten denkt, den die Januar- 
ereignisse auf unser Verfassungsleben geworfen haben, auch ein 
biSchen finster werden. UebngenS mag die Zukunft entschei- 
den, ob ich bezüglich der Chancen, unseres Kredites zu schwarz 
gesehen habe. Ich wünsche nur ich hätte falsch gesehen. 
Da ich mit den heutigen Streiflichtern aufhören will unter 
diesem Titel weiteres zu schreiben, so sei eS mir vergönnt noch 
einen kurzen Blick in wenigen Sätzen auf die Situation zu 
werfen. 
Wir sind ein Stäütchen, daS bei den jetzigen Zeitumftän- 
den gegenüber den politischen und wirtschaftlichen Verwicklun 
gen anderer und großer Staaten ganz ausnahmsweise dazu 
angelegt ist, in friedlichster Arbeit sich ganz und gar mit stch 
selbst zu beschäftigen und vorwärts zu entwickeln. Die Münz- 
reform wäre auch ein solches Arbeitsfeld. Im Jahre 1852 
als der erste Zollvertrag abgeschlossen wurde und wir noch 
keine Verfassung hatten, hat unser hochselige Fürst 
Alois in landesväterlicher Fürsorge dahin gewirkt, daß wir 
durch den Zollvertrag nicht an die schwankende öfter- 
reichische Banknoternvährung gebunden wurden, son- 
dern die Hitberwährung und im Weiteren den damals noch 
allgemein vollwerthigen österreich. Silbergulden als Landes- 
Währung einführen konnten. 
In richtiger Erkenntniß, daß ein schwanken- 
deS d. h. schlechtes Geld den allgemeinen Wohl- 
stand und die Sicherheit der Geldanlagen zu un- 
tergraben im Stande ist, wurde uns eine „stabile" 
Währung zu Theil. Durch die allgemeine Silberent- 
werthung vor 4 Jahren ist nun auch das österreichische Silber- 
geld in die Reihe der schwankenden Geldsorten eingetreten. 
Die Nachtheile zeigten stch rasch: die früheren Geldanlagen 
verloren und die Lebensmittel stiegen unverhältnißmäßig im 
Preise. DaS Ledürfniß einer Münzregelung war damtt ge- 
geben. Die österreichische Regierung hat unS dann 
auch beim jüngsten Zollvertragsabschluß ausdrücklich die volle 
Freiheit der selbstständigen Münzregelung ge- 
Währleistet. — Weil wir keine eigenthümliche LandeSwäh- 
rung in Folge der Kleinheit unseres LändchenS einführen tön- 
nen, müssen wir die uns am besten zusagende Währung eines 
benachbarten Staates wählen. ES tollte nun, wie man natur- 
gemäß glauben muß, in jeder Hinsicht als selbstverständlich er- 
scheinen: daß wir ein gutes dauerndes und nicht ein 
schwankendes, schlechtes Geld als Landeswährung ein- 
führen, und damit in richtiger Erkenntniß im Sinne unseres 
hochsel. KürftenAloiS handeln werden. — DaS zu schnell 
geschaffene Gesetz, das durch seine Mängel und Unvollkommen- 
heiten nicht entsprechen konnte, ist ststirl und kann aber durch 
verfassungsmäßige Abänderung von Seite des nächsten Land- 
tageS derartig verbessert werden, daß der Uebergang für den 
Schuldner und Gläubiger ein wesentlich verbesserter und er- 
leichterter wird. Die Volksstimmung des Unterlandes (zum 
Theile freilich durch Bearbeiter künstlich so gestaltet) will aber 
auch von einer Verbesserung deS fraglichen Gesetzes nichts 
mehr wissen, sondern lautet einfach: „wir stnd zwar frei in 
der Wahl, ob wir als zukünftige Landeswährung ein guteS 
oder ein schlechtes Geld wollen; wir wollen daher lieber 
das schlechte Geld, eS konvenirt unS besser; und wenn ihr 
Oberländer ein gutes Geld einführen wollt, so haben wir 
wieder ein erprobtes Gegenmittel." — Die Eventualität dürfte 
aber kaum mehr eintreten, denn nach all' den Anzeichen und 
„Wetterzeichen" wird der kommende Landtag die laut Zollver- 
trag unS gewährleistete Freiheit (diese kostet für die kommenden 
12 Jahre ungefähr 60,000 fl) dahin benützen, mit „abge- 
kürzter" Tagesordnung zum „alten Stand der Dinge" zurück- 
zukehren und damit auch aus „nationalökonomischen" Rück- 
stchten dem schlechter» Geide den Vorzug vor dem guten 
geben. So steht ungefähr daS Horoskop. Nebenbei fehlt 
unS der selbst in den freiesten Republiken noth- 
wendige Hintergrund deS unter Umständen auch 
materiellen und „ gewaltigen " GesetzeöschutzeS, 
welcher Faktor weniger wegen des MünzgesetzeS als vielmehr 
für allenfallstge andere bestehende und zukünftige Ge- 
setze von wesentlicher Bedeutung ist. — Wenn die 
Sache daher schief auf der „abschüssigen Bahn" in dem oben 
genannten Sinne vorwärts geht, so wird wohl erst die Roth 
kommen müssen, und so Gott will, alSoann bessere Zustände 
wieder eintreten lassen. „Die Roth ist es, die al« unsere 
BundeSgenosstn steht; wir müssen nämlich miteinander leben 
und unS vertragen, weil eS stch um unser Dasein handelt." 
Damit beende ich meine Streiflichter und wünsche nur, 
ich werde zum „falschen Propheten im eigenen Lande." End- 
lich muß ich noch bemerken, daß alle meine Artikel über die 
Münzfrage keineswegs persönlichen Interessen ent- 
stammen, sondern der wohlgemeinten Absicht entsprun- 
gen stnd, durch belehrende Auseinandersetzungen der Frage, 
durch Rathschläge u. s. w. der Sache selbst einen Dienst zu er- 
weisen. Mögen die Würfel nun so oder so fallen, so wurde 
Siechwenigstens offen und ausführlich auf die Gefahren und 
Schwierigkeiten, die die Lösung der schwebenden Frage in stch 
birgt, aufmerksam gemacht, und damit daS „Habet Acht" 
deutlich genug ausgesprochen. 
Vaduz, den 27. Februar 1877. 
Der Verfasser der Streiflichter: Dr. Albert Schädler. 
Nachtrag. Mehrere Bürger von Ruggell bringen in 
Nro. l7 der „Feldk. Ztg." noch ein Wort zum Währungs- 
streite. Der Anfang lautet wörtlich: „Die Liechtenst. Wchztg. 
belehrt uns in ihren jüngsten Rummern fort und fort, von 
welchem Vortheil daS neue Münzgesetz für unS Liechten- 
steiner sei u. f. w." ■ — Ich muß hier, wie eS auch jeder Leser 
der „L. W " bezeugen wird, ganz entschieden gegen eine solche 
Entstellung Einsprache erheben, indem ich, wie auS meinen 
Artikeln ersichtlich ist, nie für daS „neue Münzgesetz", 
wohl aber für eine Münzregelung auf dem Boden 
eines anderen Gesetzes eingetreten bin, und sogar auS- 
drücklich gegen das „neue Münzgesetz" gesprochen habe. 
Derartige Entstellungen und Auffassungen erweisen einen 
ziemlich niedrigen Grad der vorhandenen politischen Bildung 
und Beurtheilung. Auf die übrigen Auseinandersetzungen ein- 
zugehen, erachte ich unter solchen Umständen für überflüssig. 
Der Obige.
	        

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