bestehen, gegen die Einführung der Goldwährung sind und
sein werden, weil sie nebst einer Beschränkung ihres Absatzes
— der Bauer ist vorzüglich als Verkäufer zu betrachten —
Und einer Vermehrung der Abgaben eine Erhöhung ihres be
trächtlichen SchuldenstandeS erfahren würden.
Wer will bei einer solchen Sachlage einer ganzen Land-
schast, welche die Hälfte des FürftenthumS ausmacht, Oertle-
geist vorwerfen? Wer will es dem Bauern, der fich ab-
schindet und abmüht, verargen, daß er sich gegen jede greif-
bare Verschlechterung seiner ohnehin drückenden Lage wehrt,
da ihm auf der anderen Seite nur theoretisches Phrasenge-
Hinget geboten wird?
Er soll ein Darleben, das sein Vater oder Großvater
vielleicht in österreichischen Silberzwanzigern -- Gold hat eS
bei uns nie gegeben — aufnahm, um ein Grundstück von der
Rufe zu reinigen oder gegen die Hluthen des Rheine» erfolg-
los zu schützen, nunmehr in Goldgulden zurückzahlen?
Freilich bezüglich der KapitalSschulden, die in der Zeit der
Mberentwerthung kontrahirt wurden, will man nachträglich
zugestehen, daß ste in österreichischen Silbergulden zu ihrem
Pollwerthe sollen zurückgezahlt werden können, nicht aber daS
Gleiche soll betreffs der alten Kapitalien gelten, bei denen der
Schuldner den einmal bestehenden Ausfall zu tragen hätte.
Nun aber dürfte der größte Theil der bäuerlichen Schulden
der unteren Landschaft Hypothekarschulden unv daher so ziem-
lich alte Schulden sein, weßhalb das Zugeständnis in Betreff
der neuen Kapitalien für die Unterländer von geringer Be-
deutuug sein wird.
Ein weiteres Moment dafür, daß der Darleiher den Aus-
fall am Kapital durch die Silberentwerthung zu tragen hat,
liegt auch darin, daß derselbe sich des Verfügungsrechtes über
sein Geld keineswegs begibt, sondern daß er in der Kündi-
gung ein Mittel besitzt, das Kapital vor drohenden Gefahren
zu schützen pnd wieder an sich zu ziehen. Unterläßt er dieS
rechtzeitig zu thun, so ist er selbst für seine mors haftbar und
hat selbst deren Üble Folgen zu tragen, ähnlich wie der Cedent
einer Forderung für diese dem Cefstonar nicht mehr haftet,
wenn Letzterer die noch mögliche Sicherheit sich zu verschaffen
versäumt.
UebrigenS kann daS Silber im Werthe nicht wieder steigen?
Soll dasselbe, das durch Jahrtausende sich mit dem Golde in die
Herrschaft der Welt thetlte, für immer von seinem Throne
gestürzt sein?
Sehnlichen Werthschwankungen war ja auch schon das
Hold ausgesetzt, so als die reichen Goldfelder CalifornienS
und Australiens entdeckt wurden.
Was schließlich das angebliche Verlangen deS Landes nach
Einführung einer anderen Valuta, als der bisherigen betrifft,
so glaube ich, daß ein solches von Oben her, wo man es
mit Ueberzeugung gehabt haben mag unv noch haben mag,
künstlich in das Volk hineingedacht wurde, denn die Folge
Wrte ja, daß daS Volk vom neuen Münzgesetze und der
Wnf-ührung der Goldwährung nichts wissen will. -
Die schlimmen Folgen, die der Hr Verfasser der Streif-
lichter von der Beibehaltung des Status quo in Nr. 7 dieser
Zeitung befürchtet, entspringen einer zu pessimistischen An-
schauur.g unv sind zu allgemein gehalten.
Liechtenstein mit seinem musterhaften Grundbuchwesen und
seiner thätigen Bevölkerung wird der Realkredit nie fehlen, und
penn Heuer in der Sparkassa zu Vaduz fast gar keine Ein-
lagen einliefen, so kann dieS seinen Grund theilS in der all-
gemeinen GefchäftSlosigkett haben, theilS gerave eine Folge der
gegenwärtigen inneren Wirrnisse sein.
Schellenberg, 20. Februar *877.
Fr. Josef Biedermann
Anmerkung der Redaktion. Dem Wunsche des Herrn
Einsenders in Schellenberg entsprechend, nehmen wir keinen
Anstand seiner „Einsendung" die Spalten unserS Blattes zw
öffnen, um so mehr, als die Redaktion seit dem Beginne der
schwebenden Münzfrage wiederholt den Wunsch und die-
Aufforderung ausgesprochen hat, eS möchten auch die Gegner
einer Münzreform ihre diesbezüglichen Anstchten zum Ausdruck
bringen.
Als vor 4 Jahren dieses Blatt gegründet wurde, wollte
man eben dadurch ein Mittel schaffen, welches bei vorhandenen
wichtigen Landesfragen durch. Veröffentlichung der verschiede-
nen Ansichten und Aeußerungen in der Sache selbst belehrend
und aufklärend wirken sollte. Wenn diese Jedermann dar-
gebotene Gelegenheit namentlich von der untern" Landschaft
und besonders in der seit 3 Jahren auf der Tagesordnung
stehenden Münzfrage nicht benützt wurde, so kann die Red<tf*
tion füglich von jeder Schuld freigesprochen werden. Dev
Umstand endlich, daß unser Blatt kein Kind der Spekulation
ist, sondern auf den Charakter vaterländischen Opsersinnes'
Anspruch machen darf, indem dasselbe seit 4 Jahren unent
geltich redigirt wird, dürfte mit Recht eine bessere Berücksich-
tigung in dem oben angedeuteten Sinne erwarten lassen.
Ausland.
Aus Anlaß der Verhandlungen über die Bankfrage, ift
eine ungarische MinisterkrisiS ausgebrochen, die bis jetzt noch
nicht beseitigt ist.
Die Grundlagen deS Friedens zwischen Serbien und der
Türkei sollen nach einem neuesten Wienerte legramme festgestellt
sein. — Die russisch-serbische Freundschaft ist übrigens zu Ende.
Wer daran zweifelt, möge einen Blick auf die beiderseitige
offiziöse ».offiziellePresse werfen. Der„GoloS" bekanntlich ein dem
russischen StaatSkanzler nahestehendes Blatt — einerseits, und
der „Jftok," daS offizielle Blatt der serbischen Regierung an-
dererseitS, ersparen unS die Mühe nach bündigeren Beweis-
Mitteln zu forschen. Kaum hatte „Jstok" die Behauptung vom
Stapel gelassen: Serbien warte jetzt auf Rußland um mit ihm
qememsam die Befreiung der Christen in der Türkei zu erwir-
ken, so erhebt sich der „GoloS" und weiSt eine solche Be-
hauptung auf's entschiedenste zurück. Rußland hat mit dem
serbisch-türkischen Krieg nichts zu schaffen, eS will von Serbien
nichts wissen — so antworten die »nordischen Brüder" auf
d e schmeichelhaftesten Aeußerungen der Serben. AlS sich der
serbische Offiziöse so getäuscht sah, glaubte er stch berechtigt
diese Abweisung mit gleichem Maße zu erwiedern. In einem
Leitartikel vom 4. d. bringt „Jstok" eine skandalöse Notiz über
den Eigenthümer deS „GoloS," in der derselbe als Türken-
freund und Slavenhasser bezeichnet wird.
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schadler.
Thermometerstaud nach Reaumur in Vaduz.
Monat
Morgens
7 Uhr
Mittags
12 Uhr
Abends
6 Uhr
Witterung.
Februar 14
+ 3'/2
+ 3 8 /4
+ 3
trüb, regnet
. 15.
+ 2%
+ 7
+ 6
fast hell
„ 16.
4
-j- 10
+ 6V4
» »
„ 16
+ 4
+ 3
+ 2%
trüb, schneit
. 18.
+ 1
+ 2
+ 2
n n
, 19
0
+ 5
+ 4
fast trüb
. 20.
+ iy 4
+ 7 3 /4
+ 2
n n
Telegrafischer Kursbericht von Wie«.
2l. Februar Silber. . . . \ . . . . . . 11340
20-Frankenstücke . . .... 9.87 _
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.