ganze Münzfrage mit Bausch und Bogen über Bord wirst,
wohlgemeinte Fingerzeige sein, „wie" ungefähr ein „anderes"
oder abgeändertes Münzgesetz beschaffen sein soll. Soweit ich
die Frage verfolgt habe, bin ich immer mehr zu diesen Schlüs
sen und Auffassungen gekommen, und glaube mit der Ver-
öffentlichung derselben die öffentliche Meinung doch einiger-
maßen aufgeklärt zu haben.
Zum Schlüsse erübrigt mir noch die „zweifelhaft angenehme"
Aufgabe, ein bischen über die Verlautbarungen ,/über der
Gränze" zu sprechen.
Ich meine die „von mehreren Bürgern von Ruggell" in
Nr. 14 der „Feldk. Ztg." gebrachte Ginsendung. Die halb
versuchte Ehrenrettung deS Herrn Oehri können wir füglich
übergehen, da dieser Punkt schon öfters erläutert wurde. ES
wird aber im Weitern der letzten Landtagsmehrheit eine geradezu
„faustdicke" Lektion gehalten mit den Worten: „wo stch die
Ueberzeugung duckt, während dem sie aufrecht stehen sollte, wo
Ke schweigt, während Pflicht und Ehre doch zu reden gebietet, wo
sie nachgiebt, während ihr zu fordern zukäme, .... da muß
^ie politische Freiheit nothwendig verderben und verkümmern"
u. s. w. Diese Apostrophe halten „mehrere Bürger von Rüg-
gel!" an die nämliche LandtagSmehrheit, vieden Rugellern
bis jetzt fast soviel, als allen übrigen Rheinge-
meinden zusammen, unverzinsliches Darlehen
4uS der LandeSkassa bewilligten.
Ich habe selbst in meinen Artikeln daS Borgehen der
LandtagSmehrheit bei Beschießung deS MünzgesetzeS als einen
politischen Fehler bezeichnet; aber einen politischen Fehler kann
der überzeugungStreueste Mann, der eS noch so ehrlich mit
dem BolkSwohle meint, begehen, — ohne stch zu „ducken"
u. f. w.
Weiter kommt die Drohung: „das Unterland fühlt stch
einig und stark genug, gegen daS neue Münzgesetz zu pro*
testieren . . . . . dem Landtage soll keine unbeschränkte Voll-
macht mehr gegeben werden, damit in Zukunft das Volk auch
tin Wörtlein mitzureden hat."
Vorerst die Bemerkung, daß ich in meinen Artikeln, wie
Jedermann klar sein wird, selbst gegen daS neue Münzgesetz
aufgetreten bin, deßhalb hat insofern die ganze Apostrophe
die Artikel der „L. W." gar keinen Werth. Ferner muß
hervorgehoben werden: daß nach unserer Verfassung daS „Mit-
sprechen deS Volkes" in der Wahl der Landtagsabgeordneten
und in dem schriftlichen Petitionsrechte besteht; aber nie und
nimmer in andern „Wörtlein", die mitunter, wie die Ersah-
rung lehrt, ganz sonderbar klingen könnten. Wir haben keine
Volksabstimmung, oder ein sog. „Referendum" wie die Schweiz;
wir haben, wie jeder monarchische konstitutionelle Staat, unsere
Rechte in der Verfassung gewährleistet, aber auch kein „Wort-
lein" mehr und weniger. Bon weitern „Wörtlein", als un-
fere Verfassung erlaubt, kann also auch im Unterlande nicht
wohl die Rede mehr sein, sonst kommen wir in den
Zustand der Ungebundenheit d. h. der Anarchie
und setzen damit die so mühsam errungene Ver-
fassung selbst aufs Spiel. Zudem muß gegenüber
dieser eigenthümlichen „Freiheitsliebe" noch konstatirt werden,
daß das Oberland auch noch ein Faktor ist, mit dem zu rech-
nen ist. DaS Unterland repräsentirt nämlich ca. %, daS
Oberland aber ea. % der liechtenstein. Bevölkerung.
Endlich werden die „mehreren Bürger von Ruggell" doch
wohl die Vollmacht der Landtagsabgeordneten nicht beschrän-
ken wollen und können, weil diese Vollmacht durch die Ver-
fassung gegeben und gewährleistet wurde. Wir stehen
unter der Verfassung und nicht über der Ver-
fassung! ^
Vaduz, den 21. Februar 1877.
Der Verfasser der „Streiflichter."
Vaterländisches.
Eschnerberg. (Eingesendet.) Gestatten Sie mir
Herr Redakteur in der unser Ländchen in Athem haltenden
Währungsfrage gleichfalls einige Worte.
Es ist zwar schon so viel hierüber gesprochen und geschrie-
ben worden, daß ich schwerlich viel Neues werde bringen
können.
Dennoch will ich es versuchen und zugleich den Standpunkt
der Unterländer, der ste Stellung gegen das Münzgesetz und
für die Beibehaltung deS statu« quo nehmen heißt, in einem
milden Lichte erscheinen lassen.
ES ist eine Thatsache, daß die untere Landschaft fast aus-
schließlich mit Vorarlberg verkehrt, auf dessen Märkten der
Unterländer die kargen Produkte feines Grund und Bodens
absetzt. Schon ein Blick auf die Karte erklärt diese Erscheinung,
ist ja Liechtenstein eigentlich nur die Fortsetzung deS österreichi
schen RheinthaleS nach Süden, wo eS am Passe Luziensteig
gegen die Schweiz seinen natürlichen Abschluß findet.
Zu dieser geographischen Lage Liechtensteins kommt aber
noch eine enge politische und administrative Verbindung deS
Fürstenthums mit dem Kaiserstaate, gegen den unS keine Zoll-
schranken wie eS gegen die Schweiz der Fall ist, absperren.
Gut also: angenommen, daß besondeS wir Unterländer mit
unserem Handel und Wandel auf Oesterreich angewiesen find,
so wird einmal dieser Verkehr durch die Einführnng einer Ba-
luta, welche von der der österreichisch-ungarischen Monarchie
verschieden ist, gewiß nicht gefördert werden. Ja, wird man
mir sagen, wir hatten ja auch bisher nicht die gleiche Währ-
ung, wie die Oesterreicher. Nun, dem gegenüber möchte ich
nur andeuten, daß wir bisher die gleiche Scheidemünze hatte»,
daß diese nunmehr bei Einführung der Goldwährung jedenfalls
verdrängt würde und daß sohin dem Namen nach wohl daS öster
reichische Goldstück als gesetzliche Münze stguriren, in der That
aber die Frankenwährung bestehen würde, während bis dato
bei uns wirkliche österreichische Silbergulden kurstrten und als
gesetzliches Zahlungsmittel galten. Zudem ist nicht zu ver-
gessen, daß dem Oesterreicher daS Silber denn doch viel ge-
läufiger ist, als fein Gold, welches er nur vom Hörensagen
kennt.
Ist bei uns die Goldwährung eingeführt, so kann deshalb
der Unterländerbauer noch nicht seine Produkte auf den öster-
reichischen Märkten gegen Gold, sondern wegen der Konkurrenz
ohne Preissteigerung, wie bisher, gegen Papier absetzen.
Zu Hause aber soll er seinen heimatlichen Verpflichtungen
gegen Staat, Gemeinde und Gläubiger, in Gold gerecht wer-
den, demnach eine Verschlechterung seiner ohnehin schon drücken-
den Lage um 7—10 % erfahren, wozu noch die Prozente
kommen, die ihm durch die UmwechSlung deS Papiergeldes in
Gold jedenfalls verloren gehen. Wir haben also schon einen
Punkt, der eS sehr begreiflich macht, daß der Unterländerbauer
gegen die Einführung der Goldwährung ist.
Der zweite Punkt liegt darin, daß der Kapitalsschuldner
auf einmal daS in Gold zurückzahlen soll, waS er in Silber
empfangen hat, obwohl nach dem Darlehensbegriffe, Sachen
derselben Gattung und Beschaffenheit zurückzugeben find.
Meiner Anficht nach, ist die Silberentwerthung von dem
weiteren Standpunkte einer allgemeinen Kalamität aufzufassen
und ich sehe gar nicht ein, warum den Ausfall gerade der
Schuldner tragen soll.
Hätte der Kapitalist sein Geld im Kasten behalten, so würde
e r den Verlust leiden, nun aber,, da ihm der Bauer das Ka
pital im Schweiße seines AngefichteS fruchtbringend macht, soll
dieser ihn auch noch für eine vis major, wie die Silberent-
werthung, schadlos halten.
Liegt hierin nicht eine Ungerechtigkeit?
Dies ist der weitere Grund, warum die Unterländer, die
zum weitaus größten Theile aus verschuldeten Kleinbauer»