Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

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moralisch und rechtlich zustehenden Vollwerthe 
zu verhelfen. 
Während der letzten 3—4 Jahre hat der Besitzer „alter 
Kapitalien" zweifelsohne Schaden gelitten, weil er sowohl'die 
Zinszahlungen, als auch allenfalsige Kapitalabzahlungen in den 
entwertheten österr. Silbergulven im Vollwerthe annehmen mußte. 
Dieser Schaden ist bereits erlitten und kann M solcher nicht 
mehr gut gemacht werden. Wohl aber würden dt> ^allen Ka 
pitalien" durch obige Bestimmung wenigstens für die Zukunft 
vor weiterer Schädigung bewahrt. Und dieser Punkt hat nicht 
nur für den Gläubiger, sondern auch für den Schuldner eine 
nützliche und rechtliche Bedeutung. Der Schuldner erleidet 
nämlich eineStheilS keinen Schaden, nur daS gesetzliche Privi- 
legium der letzten 3—4 Jahre, mit entwerthetem Gelds voll- 
werthig eingegangene Verbindlichkeiten auszulösen, hört auf; 
anderentheilS wird aber in Folge der vorgeschlagenen Schadlos- 
Haltung der „alten Kapitalien" das Vertrauen auf unfern in- 
ländlichen Kredit wieder wesentlich gestärkt; d. h. der Schuld- 
ner kommt mcht in die Gefahr, durch vielfache „Aufkündigun- 
gen" in ganz fatale Ungelegt.nheiten versetzt zu werden. Ich 
verweise in dieser Beziehung auf daS in der letzten Nummer 
der „8. W." über die Chancen unseres öffentlichen unv priva- 
ten Kredites Gesagte. 
Wenn nun aber „dm alten Kapitalien" wieder ihr recht- 
licher Bollwerth garantirt wird, so erscheint es auf der andern 
Seite als nur billig und zweckmäßig, wenn bei dieser Gelegen- 
heit die bisher zu niedrige Kapitalsteuer von % Perzent (ZinS) 
jedenfalls auf 4 Perzent (ZinS) (= % per mille (Capit.) auf 
2 per mille (Capital) erhöht wird. 
Bei diesem Anlasse komme ich auch aus die Kapitalien, die 
vor dem Jahre 1859 angelegt wurden, zu sprechen. Dieselben 
lauteten bekanntlich auf „ReichSgulden." 
Unter dem Namen „Reichs- oder rheinische Währung" 
wurde im Jahre 1765 in Süddeutschland der Vierundzwanzig- 
guldenfuß eingeführt. Nach diesem Münzfuße, welcher jedoch 
»awentlich in Bayern und bei uns nur ein Rechnungsfuß war, 
wurde die kölnische Mark fein Silber in 24 Gulden auSge- 
prägt. Die Kölnische Mark ist etwas weniger als % Zoll 
pfund oder Yi Kilo, indem sie genau 233.855 Gramm ist. 
ES kursirten jedoch meist nur sogen. KonventionSmünzen. 
Der KonventionSfuß beruht auf dem in Oesterreich im Jahre 
1748 eingeführten Zwanzigguldenfuße. Weil Bayern im Jahre 
1753 diesem Münzfuße durch eine Münzkonvention beitrat, so 
wurde derselbe auch „KonventionSfuß" genannt. Nach diesem 
Münzfuße wurde die kölnische Mark fein Silber in 20 einfache 
Gulden, 10 Doppelgulden oder in 13% Reichsthaler ausge 
prägt. Die österreichischen Doppelgulden wurden „SpezieS- 
thaler", die bayerischen wegen ihreS Gepräges „Marienthaler" 
und die KonventionSreichSthaler gewöhnlich „sächsische Thaler" 
genannt. Nach dem obigen beiderseitigen Verhältnisse zur köl- 
nischen Mark war 1 KonventionSgulden ----Ist. 12 kr. Reichs- 
Währung, resp. ein SpezieS- und Manenthaler ----- 2 fl. 24 kr. 
ReichSw., der sächsische Thaler ----- 1 fl. 48 kr. ReichSw., und 
der sogen. Zwanziger 24 kr. ReichSw. u. s. w. Der sogen. 
„Kronenthaler" auch „Brabanter Thaler" beruht auf dem im 
Jahre 1750 in Preußen eingeführten Vierzehnthalerfuß. Nach 
dem gegenseitigen Verhältnisse zur kölnischen Mark war der 
Kronenthaler ----- 2 fl. 38 % kr. ReichSw. — Nun wurde der- 
selbe aber zu 2 fl. 42 kr. ReichSw., also um 3 2 / 3 kr. über 
seinen Werth genommen. DaS hatte zur Folge, daß mehrere 
deutsche Staatm nicht nur Kronenthaler unter ihrem Stempel 
münzen ließen, sondern auch andere Geldsorten nach demselben 
willkürlichen Münzfuße in Umlauf setzten. — Im Jahre 1837 
wurde dann zwischen den ZollvereinSstaaten eine Münzkonven- 
tion abgeschlossen, laut welcher alle Kronenthaler in ihrem bis- 
herigen Kurse von 2 fl. 42 kr. aufrecht erhalten werden, und 
auf Grund dessen der 24%-Guldenfuß angenommen wurde 
d. h. auS einer kölnischen Mark sollen von nun an 24 */ 2 fl. 
ReichSw. geprägt werden. — Ein Schritt weiter zur Refor- 
mirung verdeutschen MünzwesenS ist der deutsch-österreichische 
Münzvertrag vom Jahr 1857, laut welchem die kölnische Mark 
aufgegeben und das Zollpfund ---- 500 Gramm an ihre Stelle 
gesetzt wurde. AuS diesem ergibt sich: 
Sin Zollpfund fein Silber ist ---- 52% fl. süddeutsche Währung 
an Stelle deS 24 %-Guldenfuß. 
» 45 fl. österreichische Währung. 
----- 30 Thaler (BereinSthaler). 
Demnach sind 100 fl. süddeutsche Währung beziehungsweise 
Reichswährung -»» 85 fl. 71 kr. österreichische Währung. 
Nun aber wurden in Oesterreich durch ein ReduktionSgesetz 
100 fl. ReichSw. ---» 87 fl. 50 kr. österr. W. gesetzt, welches 
Gesetz mit 1. Januar 1859 auch bei uns eingeführt wurde 
und in Kraft trat. 
ES ist klar, daß wie eS auS obiger ausführlich mitgetheilter 
Erläuterung ersichtlich ist, die Reduktion speziell bei unseren 
Verhältnissen richtiger und gerechter auf 85 fl. 7 t kr. hätte 
stattfinden sollen. Ebenso wahr aber ist eS auch, daß diese 
Reduktion immerhin auf streng gesetzlichem Wege vor sich ge- 
gangen ist, und eine eventuelle Abänderung nach so langer 
Zeit nur durch außerordentliche Umstände angezeigt erscheinen 
kann. 
Nach meiner Ansicht lägen solche außerordentliche Umstände 
vor, wenn eine Münzregelung bei unS durchzugreifen vermag 
d. h. wenn der nächste Landtag wirklich ein Münzgesetz schafft 
resp. daS jetzige entsprechend abändert. In diesem Falle 
glaube ich sollte man zu Gunsten der Schuldner bei 
der Umsetzung der alten Kapitalien (die vor 1859 
angelegt wurden) in vollwerthigeS Geld obige 
2 Perzent streichen d. h. statt 87. 50 nur 85. 71 
setzen. ES ist dieS ein Vorschlag, der nach meiner Ansicht 
auch bei den „ganz alten Kapitalisten" nicht auf Widerstand 
stoßen dürfte; um so weniger, weil er natürlicherweise nur 
dann zur Ausführung käme, wenn eine Münzregelung einge- 
führt würde; während der „alte Kapitalist" unter den jetzigen 
Verhältnissen 6,8,15 und mehr Perzente Verluste zu tragen hat. 
Wer übrigens die obigen münzhistorischen Erläuterungen 
gründlich einsehen will, muß den Bleistift zur Hand nehmen 
und wird mittelst Umrechnungen, Gleichungen und Vergleich- 
ungen zu den gleichen Resultaten kommen. Um die Sache 
nicht gar zu weit auszudehnen, habe ich bloß die Resultate 
und Anhaltspunkte oben zur Mittheilung gebracht. 
Als letzten Vorschlag, der bei allenfallstger Schaffung eineS 
anderen MünzgesetzeS zur Beachtung käme, habe ich angeführt: 
Die Regelung der Geldvaluta an sich möge in 
der Weise erfolgen, daß die österreichischen 
Goldmünzen, die Gold- und Silbermünzen der 
Frankenstaaten als gesetzliche Münze kursieren; 
daß die österreichischen Silbergulden hingegen 
nur für das UebergangS stadium nach ihremKurS- 
werthe gegeben oder genommen werden müssen, 
während eS später dem freien Ermessen eines 
jeden Einzelnen anheimgestellt werden soll, 
solche überhaupt noch anzunehmen. 
Es ist mit diesem Vorschlage genügend ersichtlich gemacht, 
daß damit in Wirklichkeit einfach die Frankenwährung 
eingeführt wird: denn ein kurzes UebergangSstadium muß bei 
allen Münzregelungen als in der Natur der Sache liegend, 
anerkannt werden. Ob man dann diese „Frankenwährung" 
auch mit dem Titel „Frankenwährung" tauft, oder aus Kon- 
venienzrücksichten „Goldwährung" nennt, ist an sich gleichgültig 
und könnte allenfalls nur mit formellen Gründen bekritelt 
werden. * 
Die Vorschläge, die ich hier gemacht und näher präzisirt 
habe, möchten für den Fall, daß der nächste Landtag nicht die
	        

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