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der russischen Garde und der Rumänen gebracht. Den „Times"
Korrespodenten erschienen die Türken wohlgenährt, wenn auch
schlecht- gekleidet und nur mit Sandalen versehen. Früh am
Nachmittage schon begannen die Verwnudeten anzulangen, aber
erst am Tage nach der Uebergabe waren sie alle aufgesammelt.
Die Begegnung des Kaisers mit Osman Pascha fand in
dem Hause eines Bulgaren in Plewna statt, wo der erstere ein
Frühstück einnahm. Dort auch gab der Zar dem türkischen
General den Säbel zurück und erklärte ihm, daß er denselben
in Rußland tragen könne. Die Häuser, und das Eigenthum der
Bulgaren sind unversehrt. Die Bulgaren haben keinen Grund
gehabt über die Türken zu klagen. Skobeleff wurde zum Kriegs-
gouverneur und der Kommandant des Ssnsdat'schen Regiments,
Panjutin, zum Kommandanten von Plewna ernannt. Einer.
genauen amtlichen russischen Depesche entnehmen wir, daß außer
den 10 Paschas, 128 Stabsoffiziere und 2000 Oberoffiziere,
36.000 Mann Infanterie und 1200 Mann Kavallerie mit 77
Geschützen sich den Russen ergaben. Die 4000 Verwundeten
und Todten des letzten Kampfes sind in dieser Zahl nicht ein-
geschlossen. Die Zahl der Kranken und Verwundeten, welche
sich an dem Kampfe vom 10. Dezember nicht betheiligt haben,
ist noch nicht festgestellt. Dasselbe gilt auch in Bezug auf die
Fahnen. Im Ganzen sielen also den Russen, mit Ausschluß der
in den Lazarethen liegenden, 43.338 Türken in die Hände.
Verschiedenes.
Lnftige Naturgeschichte.
(Schluß.)
Wiederkäuer.
Kuh (Vaeca)
welche dann auch Milch gibt. Aus den Kühen macht man Butter
und Käse; ihr Stammort scheint Dänemark zu sein, denn dort
wird sie auf Papier gedruckt und auf Butterbleche geklebt mil-
liouenhaft als meerumschlungene „holsteinische Butter" in alle
Welt versandt. Außerdem wird aus der Kuh noch wohlriechen-
des Leder gemacht, was man dann Juchten nennt.
Zu der Ordnung der Wiederkäuer gehören auch mt Recht
jene Professoren, welche immer nach dem gleichen Hefte lesen.
Wale (Cetacea),.
Der Walfisch (Balaena).
Der Walfisch gehört den neuesten Forschungen nach zu den
Säugethieren, die lebendige Junge zur Welt bringen. Mann
fängt ihn mit Geduld und Harpunen. — Seine Barten dienen
zu Reifröcken und Regenschirmen und sein Speck gewährt den
beliebten Fischthran.
Amphibien oder Reptilien
zerfallen in vier natürliche Ordnungen: die Schildkröten, Eidech-
sen, Schlangen und Nackthäuter oder Frösche.
Die Schildkröte (Testudo)
iü.ein äußerst bewegliches und gefährliches Thier, welches sehr
vielfach auch als Tabaksdose vorkommt und ebenso als Kamm
verwendet wird, in letzter Form aber auch so gut als Kautschuk
hergestellt wird. Die Schildkrötensuppe schmeckt vortrefflich, wenn
man sie gut zubereitet bekommt, was aber sehr selten der Fall ist.
Eidechsen.
Das Krokodil (Orocodilus yulg.)
Das Krokodil ist ein ungemein giftiges und bösartiges, un-
natürliches, wildes und schreckliches Gewürme (von dem die be-
nichtig ten Krokodilsthränen herstammen), das im Nil wohnt,
welcher sich nach Egypten ergießt, dessen Quellen jedoch noch
nicht entdeckt wurden. Das Krokodil wurde wegen seiner Schreck-
lichkeit von den alten Egyptern als Gottheit verehrt. Es ist
vom Kopf bis zum Ende Schwanzes gemessen etwas kürzer als
umgekehrt, was zwar viele nicht begreifen wollen, aber sich ein-
fach erklärt, wenn man bedenkt, daß es vom Kopf gegen den
Schwanz zu bergab geht.
Die Eidechse (I^aoerta agilis)
ist das Krokodil in Miniaturausgabe, wie solche von den meisten
bedeutenden Dichtern veranstaltet werden. Die Eidechse verhält
sich zum Krokodil wie die Violine zur Baßgeige, nur daß diese
meistens giftig sind, was bei den Eidechsen sehr selten und da
nur, wenn sie zornig oder giftig gemacht werden, der Fall ist.
Woher der Name kommt ist schwer zu erklären. Am wahr-
scheinlichsten ist, daß er von „Ei" und „Dechse" herrührt.
Die B l i n d s ch l e ich e (Anguis fragilis)
ist ein so zerbrechliches Tier, daß man es vorsichtshalber mit
einem Draht abbilden muß.
Dieselbe ist sebr ungefährlich, weil sie nicht steht, wo sie
hinschleicht, weßhalb man ihr sehr leicht ausweichen kann. An
ihr könnte der Naturforscher sehr fdcht irre werden, wenn er sie
dem bloßen Aubftck nach unter die Schlangen einreihen wollte,
während dieselbe nach ihrer ganzen Innerlichkeit zu den Eidechsen
gehört.
Schlangen (Serpens)
haben weder Füße noch sonstige Gliedmaßen. Sic haben ein
sehr zähes Leben. Wenn sie schon lange todt sind und man
bringt sie in A "Mpl so werden sie wieder lebendig. Es gibt
verschiedene Schlangen: die Riesenschlange. welche so groß ist,
daß sie- in keiner Naturgeschichte abgebildet werden kann; die
Brillenschlange, welche sehr scharfe Augen hat und darum Augen-
gläser trägt; die Klapperschlange, welche ihren Namen daher hat,
daß der Klavpcrstorch sie mit Vorliebe verspeist: die Ringelnatter,
aus welcher man das ringelsaure N«!ro« gewinnt, und endlich
die Seeschlange, welche meistens erlogen ist.
Frösche
Der Frosch (Bana)
kommt meistens in Gärten vor, in welchen: Falle man ihn dann
Laubfrosch nennt, hat eine nackte Haut und entweder gar keine
oder verkümmerte Rippen. Die Frösche Placken in Teichen und
auf Wiesen besonders Nachts sehr laut, von welcher Sitte sich
die Concerte hcrschreibcn, welche einzelne Menschen zur Qual
ihrer Mitmenschen überall zu geben pflegen. Ist der Frosch
eckelhaft, so nennt man ihn Kröte oder Molch, auch Salamander,
welche Letzterer eine beliebte Gewohnheit der akademischen Jugend
und richtig gerieben, sehr feierlich ist.
Fische
gibt es mancherlei; man zählt Seefische, Flußfische nnd Weiher-
fische, wie z. B. die Karpfen. In Salz oder Oel verpackt
nennt man sie Häringe, Sardellen, Sardinen oder Aal.
Der Backfisch (prises nondum pubes)*
Wir führen von den 7000 bis jetzt bekannten Fischarten nur
die eine vor. Der Backfisch ist eigentlich etwas klein und trägt
kurze Kleider, was ihm unendlich zuwider ist, denn er möchte
immer älter sein als er ist. Gewässer, in denen Backfisch ge-
sammelt und abgerichtet wird, nennt man Pensionen oder Institute.
Der Backfisch ist nicht zu verwechseln mit dem „gebackcnm Fi'-h",
der meistens an Fasttagen vorkommt.
Insekten.
Der Heuschreck (Terror foeni).
Derselbe ist ein sehr amüsantes Thier, wenn er nicht in
Schwärmen erscheint. Er ist der Ballettänzer unter den Thieren.
Die Spinne (Araena)
ist ein eckelhaftes Thier. Sie bedeutet am Morgen Verdruß und
am Abend Vergnügen. Vormittags und Nachmittags bedeutet
sie gar nichts. (Oberl. Anzeiger.)
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.