Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

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der russischen Garde und der Rumänen gebracht. Den „Times" 
Korrespodenten erschienen die Türken wohlgenährt, wenn auch 
schlecht- gekleidet und nur mit Sandalen versehen. Früh am 
Nachmittage schon begannen die Verwnudeten anzulangen, aber 
erst am Tage nach der Uebergabe waren sie alle aufgesammelt. 
Die Begegnung des Kaisers mit Osman Pascha fand in 
dem Hause eines Bulgaren in Plewna statt, wo der erstere ein 
Frühstück einnahm. Dort auch gab der Zar dem türkischen 
General den Säbel zurück und erklärte ihm, daß er denselben 
in Rußland tragen könne. Die Häuser, und das Eigenthum der 
Bulgaren sind unversehrt. Die Bulgaren haben keinen Grund 
gehabt über die Türken zu klagen. Skobeleff wurde zum Kriegs- 
gouverneur und der Kommandant des Ssnsdat'schen Regiments, 
Panjutin, zum Kommandanten von Plewna ernannt. Einer. 
genauen amtlichen russischen Depesche entnehmen wir, daß außer 
den 10 Paschas, 128 Stabsoffiziere und 2000 Oberoffiziere, 
36.000 Mann Infanterie und 1200 Mann Kavallerie mit 77 
Geschützen sich den Russen ergaben. Die 4000 Verwundeten 
und Todten des letzten Kampfes sind in dieser Zahl nicht ein- 
geschlossen. Die Zahl der Kranken und Verwundeten, welche 
sich an dem Kampfe vom 10. Dezember nicht betheiligt haben, 
ist noch nicht festgestellt. Dasselbe gilt auch in Bezug auf die 
Fahnen. Im Ganzen sielen also den Russen, mit Ausschluß der 
in den Lazarethen liegenden, 43.338 Türken in die Hände. 
Verschiedenes. 
Lnftige Naturgeschichte. 
(Schluß.) 
Wiederkäuer. 
Kuh (Vaeca) 
welche dann auch Milch gibt. Aus den Kühen macht man Butter 
und Käse; ihr Stammort scheint Dänemark zu sein, denn dort 
wird sie auf Papier gedruckt und auf Butterbleche geklebt mil- 
liouenhaft als meerumschlungene „holsteinische Butter" in alle 
Welt versandt. Außerdem wird aus der Kuh noch wohlriechen- 
des Leder gemacht, was man dann Juchten nennt. 
Zu der Ordnung der Wiederkäuer gehören auch mt Recht 
jene Professoren, welche immer nach dem gleichen Hefte lesen. 
Wale (Cetacea),. 
Der Walfisch (Balaena). 
Der Walfisch gehört den neuesten Forschungen nach zu den 
Säugethieren, die lebendige Junge zur Welt bringen. Mann 
fängt ihn mit Geduld und Harpunen. — Seine Barten dienen 
zu Reifröcken und Regenschirmen und sein Speck gewährt den 
beliebten Fischthran. 
Amphibien oder Reptilien 
zerfallen in vier natürliche Ordnungen: die Schildkröten, Eidech- 
sen, Schlangen und Nackthäuter oder Frösche. 
Die Schildkröte (Testudo) 
iü.ein äußerst bewegliches und gefährliches Thier, welches sehr 
vielfach auch als Tabaksdose vorkommt und ebenso als Kamm 
verwendet wird, in letzter Form aber auch so gut als Kautschuk 
hergestellt wird. Die Schildkrötensuppe schmeckt vortrefflich, wenn 
man sie gut zubereitet bekommt, was aber sehr selten der Fall ist. 
Eidechsen. 
Das Krokodil (Orocodilus yulg.) 
Das Krokodil ist ein ungemein giftiges und bösartiges, un- 
natürliches, wildes und schreckliches Gewürme (von dem die be- 
nichtig ten Krokodilsthränen herstammen), das im Nil wohnt, 
welcher sich nach Egypten ergießt, dessen Quellen jedoch noch 
nicht entdeckt wurden. Das Krokodil wurde wegen seiner Schreck- 
lichkeit von den alten Egyptern als Gottheit verehrt. Es ist 
vom Kopf bis zum Ende Schwanzes gemessen etwas kürzer als 
umgekehrt, was zwar viele nicht begreifen wollen, aber sich ein- 
fach erklärt, wenn man bedenkt, daß es vom Kopf gegen den 
Schwanz zu bergab geht. 
Die Eidechse (I^aoerta agilis) 
ist das Krokodil in Miniaturausgabe, wie solche von den meisten 
bedeutenden Dichtern veranstaltet werden. Die Eidechse verhält 
sich zum Krokodil wie die Violine zur Baßgeige, nur daß diese 
meistens giftig sind, was bei den Eidechsen sehr selten und da 
nur, wenn sie zornig oder giftig gemacht werden, der Fall ist. 
Woher der Name kommt ist schwer zu erklären. Am wahr- 
scheinlichsten ist, daß er von „Ei" und „Dechse" herrührt. 
Die B l i n d s ch l e ich e (Anguis fragilis) 
ist ein so zerbrechliches Tier, daß man es vorsichtshalber mit 
einem Draht abbilden muß. 
Dieselbe ist sebr ungefährlich, weil sie nicht steht, wo sie 
hinschleicht, weßhalb man ihr sehr leicht ausweichen kann. An 
ihr könnte der Naturforscher sehr fdcht irre werden, wenn er sie 
dem bloßen Aubftck nach unter die Schlangen einreihen wollte, 
während dieselbe nach ihrer ganzen Innerlichkeit zu den Eidechsen 
gehört. 
Schlangen (Serpens) 
haben weder Füße noch sonstige Gliedmaßen. Sic haben ein 
sehr zähes Leben. Wenn sie schon lange todt sind und man 
bringt sie in A "Mpl so werden sie wieder lebendig. Es gibt 
verschiedene Schlangen: die Riesenschlange. welche so groß ist, 
daß sie- in keiner Naturgeschichte abgebildet werden kann; die 
Brillenschlange, welche sehr scharfe Augen hat und darum Augen- 
gläser trägt; die Klapperschlange, welche ihren Namen daher hat, 
daß der Klavpcrstorch sie mit Vorliebe verspeist: die Ringelnatter, 
aus welcher man das ringelsaure N«!ro« gewinnt, und endlich 
die Seeschlange, welche meistens erlogen ist. 
Frösche 
Der Frosch (Bana) 
kommt meistens in Gärten vor, in welchen: Falle man ihn dann 
Laubfrosch nennt, hat eine nackte Haut und entweder gar keine 
oder verkümmerte Rippen. Die Frösche Placken in Teichen und 
auf Wiesen besonders Nachts sehr laut, von welcher Sitte sich 
die Concerte hcrschreibcn, welche einzelne Menschen zur Qual 
ihrer Mitmenschen überall zu geben pflegen. Ist der Frosch 
eckelhaft, so nennt man ihn Kröte oder Molch, auch Salamander, 
welche Letzterer eine beliebte Gewohnheit der akademischen Jugend 
und richtig gerieben, sehr feierlich ist. 
Fische 
gibt es mancherlei; man zählt Seefische, Flußfische nnd Weiher- 
fische, wie z. B. die Karpfen. In Salz oder Oel verpackt 
nennt man sie Häringe, Sardellen, Sardinen oder Aal. 
Der Backfisch (prises nondum pubes)* 
Wir führen von den 7000 bis jetzt bekannten Fischarten nur 
die eine vor. Der Backfisch ist eigentlich etwas klein und trägt 
kurze Kleider, was ihm unendlich zuwider ist, denn er möchte 
immer älter sein als er ist. Gewässer, in denen Backfisch ge- 
sammelt und abgerichtet wird, nennt man Pensionen oder Institute. 
Der Backfisch ist nicht zu verwechseln mit dem „gebackcnm Fi'-h", 
der meistens an Fasttagen vorkommt. 
Insekten. 
Der Heuschreck (Terror foeni). 
Derselbe ist ein sehr amüsantes Thier, wenn er nicht in 
Schwärmen erscheint. Er ist der Ballettänzer unter den Thieren. 
Die Spinne (Araena) 
ist ein eckelhaftes Thier. Sie bedeutet am Morgen Verdruß und 
am Abend Vergnügen. Vormittags und Nachmittags bedeutet 
sie gar nichts. (Oberl. Anzeiger.) 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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