Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

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funden. Es blieb daher weiter nichts übrig, als zur Bergung 
der Leichen zu schreiten, ein Werk, welches, da einer der Schachte 
versperrt ist, mit vielen Schwierigkeiten 1 verknüpft war. Die 
Ankunft der mitunter bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Leichen 
an der Oberfläche gab unter den versammelten Frauen und 
Kindern der Verunglückten zu den herzzerreißendsten Szenen An- 
laß. Die Rettungsmannschaft, welche in den blokirten Schacht 
hinabstieg, glaubt, unten Pochen vernommen zu haben. Aber 
die Hoffnung, daß irgend einer der Verunglückten am Leben ge- 
blieben, ist sehr schwach. 
* Die Einfuhr amerikanischer Butter hat sich in 
neuerer Zeit bedeutend gehoben. Nach den Mittheilungen des 
statistischen Bureaus in Bremen wurden dort im Jahre 1874 
nur 189, 1875 25,218, 1876 21,053 Kilogramm Netto ein- 
geführt. Die Zufuhren in diesem Jahre stellen eine ansehnliche 
höhere Ziffer am Schlüsse des Jahres in Aussicht. Die Ein- 
fuhr amerikanischer Butter, deren Beschaffenheit dieselbe zum 
Backgebrauch wohl geeignet erscheinen läßt, scheint indessen, wie 
die große Anzahl von Fabriken künstlicher Butter erkennen lassen, 
dem vorhandenen Bedarfs nicht zu genügen. Der internationale 
Handel mit Molkereiprodukten ist überhaupt in den letzten. Iah- 
ren rapide gestiegen. In Deutschland ist die Butterausfuhr von 
1871 im Werth von 1,704,520 Mk. (inkl. Transit) bis 1874 
im Werth auf 39,522,000 Mk., die Käseausfuhr von 1871 
im Werth von 5,489,145 bis 1874 im Werth auf 22,902,000 
Mk. gestiegen. In der Schweiz betrug die Käseausfuhr 1874: 
408,673 Zentner, 1875 aber nur 397,302 Ztr. — In Frank 
reich schätzt man die jährliche Produktion Milch, Käse :c. auf 
1 % Milliarden Fr., den jährlichen Export auf 100 Millionen. 
In Italien wird der Werth der Lombardia irrigua auf 200 
Millionen geschätzt. Die jährliche amerikanische Produktion wurde 
auf 1 Milliarde Pfund Butter und 2 Milliarden Pfund Käse 
geschätzt. 
* Ei n Riesenkäse. Canada gebührt die Ehre, den groß- 
ten Käse, den man kennt, erzeugt zu haben. Aus der Faktorei 
in Jngersoll ist ein Käse hervorgegangen, der 7000 Pfd. wiegt. 
Er hatte 6 Fuß 10 Zoll im Durchmesser, eine Höhe von 3 
Fuß und einen Umfang von 21 Fuß. Zu seiner Erzeugung 
bedurfte es 35 Tonnen Milch, welches Quantum 7000 Kühe 
lieferten. 
* Ein strenges Urtheil über die Mode- und Putz- 
sucht der Frauen. In einer Versammlung deutscher Frauen 
in Amerika stellte ein Fräulein Schwartenbach den Antrag, der 
Modethorheit durch einfache und geschmackvolle Kleidung mit ver- 
einten Kräften entgegenzuwirken Sie motivirte ihren Antrag 
durch folgenden, etwas starken aber berechtigten Ausfall: 
„Ich halte es für eine falsche Berechnung," sagte die Ver- 
treterin weiblicher Würde und Sitte, „wenn Mädchen glauben, 
daß sie durch auffallende und luxuriöse Trachten für die Männer 
anziehender werden, als durch einfachen geschmackvollen Anzug. 
Ihre Verschwendung und Geschmacksverleugnung ist also in die- 
ser Beziehung nutzlos, sogar schädlich und abschreckend. Unser 
Geschlecht ist bereits im Verdacht, daß. es den Verstand verloren 
habe oder immerwährend Maskenball feiere. Sämmtliche Nar- 
renhäuser haben keine ebenbürtigen Konkurrentinnen jener Kam- 
katuren der Weiblichkeit aufzuweisen, die über die Maßen inter- 
essant zu werden glauben, wenn sie dem Hohne jedes Zuschauers 
trotzend, mit künstlich eingezogenem Leibe und bezackt mit Vogel- 
straußförmiger Anhäufung auf dem Kopfe, mit stelzenartigen 
Absätzen über die Straße trippeln, als hätten sie die furchtbar- 
sten Leibschmerzen, und dabei die Hände känguruartig voraus- 
hängen, als fürchteten, sie auf die Nase zu fallen. Eine andere Sorte 
geschmackloser, weiblicher Karrikaturen nenne ich umgekehrt wandeln- 
de Kohlköpfe, wegen der auf ihrem Anzüge übereinander geblätterten 
Lappen. Was eigentlich ihr Kleid ist, kann kein Mensch sagen, 
denn sie tragen nichts als Kleidertheilc, einen über den andern 
geschichtet, immer einer geschmackloser geformt und befestigt, als 
der andere, womöglich jeder von einer andern Farbe, so daß das 
Ideal des Anzuges in möglichst viel sinnlos gehäuften und ge- 
mischten Lappen zu bestehen scheint. Solchen Erscheinungen ge- 
genüber schäme ich mich meines eigenen Geschlechtes. Es ist, 
als bestände die ganze weibliche Bestimmung und Beschäftigung 
darin, sich mit möglichst geschmacklosem Tand und Lappenkram 
bepackt zur Scham und zum Hohne öffentlich auszustellen. Es 
muß etwas geschehen, um dieser Schande ein Ende zu machen. 
* Ein salomonisches Urtheil erheitert seit Kurzem die Bür- 
ger der Eote d'Or. Dem „Progres de la Cote d'Or" wurde 
ein Wahl-Pamphlet zugeschickt, auf dessen Titelblatt der Mar- 
schall Mac Mahon zu Pferde abgebildet war. Er besprach das 
Schriftchen und bemerkte zu dem Bilde wörtlich: „le cheYal 
a Toeil intelligent", „das Roß sieht nicht- dumm aus". 
Sprach's und wurde verklagt und der Gerichtshof des Ortes 
entschied, diese Bemerkung über das Allssehen des Pferdes sei 
eine offenbare Beleidigung für den Reiter, worauf der Gerant 
des Blattes zu 500 Fr. Strafe verurtheilt wurde. Womit na- 
türlich bewiesen ist, daß der Reiter viel gescheidter ist als das 
Pferd. 
Volkswirthschastliches. 
Wie eine gute Milchkuh aussehen soll. 
(Ein Bauernspruch.) 
Lang von Gesicht mit feinem Horn, 
Zu mästen leicht ohn' Schrot und Korn, 
Der Rücken grad und lang gestreckt; 
Sie frißt gern, was ihr vorgelegt; 
Der Hals ist fein, die Rippen weit, 
Die Schulter rund, die Hüften breit. 
Das Auge klar, die Knochen fein, - 
Die Schenkel breit, der Schweif nur klein, 
Der Rumpf mehr lang, das Euter reich, 
Die Flanken tief, die Haut recht weich, 
Stets gut bei Milch und breit von Brust: 
So ist die Kuh des Bauern Lust. 
Verantwortlicher Redakteur ».Herausgeber: lir. Rudolf Schädler 
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Telegrafischer Kursbericht vou TLien. 
8. Novemb. Silber ........ 105.70 
20-Frankenstück . . . . . . . 9.52 V2 
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