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schöner, als wenn man sie vom Rande des Grabes oder vom
Kerkergitter aus betrachtet."
„Es gibt keine Sündenvergebung im Reiche der Natur,
sondern es herrscht vollendete Gesetzmäßigkeit. Der Haushalt
des Leibes ist ein Kassabuch, welches keine Ausgaben gestattet
ohne entsprechende Einnahmen. Thränen und Verzweiflung än-
dern das Ergebniß einer schlecht geführten Rechnung nicht."
„Das unglückliche Corset, welches vielleicht einmal der Nach-
ahmungstrieb, niemals aber die Vernunft besiegen wird, hemmt
Athmung, Herzschlag und Verdauung zugleich, verschiebt die
Brust so stark und macht .so tiefe Furchen in die Leber, daß
man an der Leiche einer Matrone noch das Schnürleibchen nach-
weisen kann, welches vor einem halben Jahrhundert langsam
aber ausgiebig eingewirkt hat. Die zierlichen Zeugschuhe vollends,
ohne welche es gar keine weibliche Schönheit mehr gebe, sind in
der That „zu schöu für diese Welt".
„Nimm dem Volke die Hälfte seiner^ Wirthshäuser und Du
kannst die Hälfte seiner Irrenhäuser und Spitäler und auch
seiner Gefängnisse schließen. Die fürchterlichsten Sünder sind
auch hier die anständigsten; niemals vollgetrunken aber täglich
angetrunken sind sie wie Dampfkessel, die man auf alle ihre
Atmosphären geheizt hat, jeden Augenblick des Anstoßes gewärtig,
der die Explosion veranlaßt."
„Gar nicht selten fallen junge Töchter der gebildeten Stände
dem Wahne anheim, sie wären Lilien und müßten bloß vom
Morgenthau leben, das Essen sei eine pöbelhafte Schwachheit und
jedenfalls gewöhnliche Hausmannskost zu vermeiden."
„Was Seuchen und Hunger nicht tobten, das bringen die
Köche um; wer detft blutigen Mars und auch dem Meere phne
Balken entronnen, den erwürgt Bachus langsam, unter feierlich
schallendem Jubelsang, und den begräbt die Reue, die stumme
Todtengräberin menschlichen Glückes, welche an keine Auser-
stehung glaubt."
„Gott Bachus zerstampft den Garten des Gemüthes und
taumelt .gelegentlich ins Zuchthaus; Frau Venus dagegen ver-
hängt die Fenster des Verstandes und weiß einen nahen Fußweg
in's Spital; beide haben an den Ufern des Sthx einen ruhigen
Landsitz, .wohin sie ihre Verehrer fleißig einladen."
„Giftfreier Tabak ist wie Kaffee ohne Bohnen, Wein ohne
Alkohol, ein Widerspruch. Der hoffnungsvolle Raucherlehrling
geräth in einen mehr lehrreichen als angenehmen Zustand; er
hustet nicht, sondern wird fröhlich, dann bald duselig, es über-
läuft ihn heiß, zur Abwechslung auch kühl, besonders vom Rücken
her, Hände und Füße werden unsicher, bald auch die Gedanken;
ein Bischen tiefinnerliches Weh im Magen und eine Ahnung
des Todes — mit sehr prosaischem Ausgang, das ist Alles.
Das Stück wird ausgepfiffen, aber wieder gegeben."
„Die Kinder sind uns ein Räthsel, ein Wunder, eine Auf-
gäbe; wir finden es aber bequemer, sie zu unserm Spielzeug
zu machen."
„Der Cultus des Glaubens hat alle Blätter der Geschichte
mit Blut und Thränen befleckt und in Krieg und Frieden die
Laster des verkommensten Heidenthums nicht verhindert, sondern
nur gegen billige Entschädigung verziehen. Wenden wir uns
zum Cultus der Liebe, indem wir die Unwissenden lehren nnd
die Kranken verpflegen und so den Grund legen zu sozialen
Verhältnissen, in welchen wir uns gegenseitig weder verfluchen
noch erschießen."
* Unter dem Namen „Einfachheit" haben einige Frauen
in Leipzig einen Verein gegründet, der dem überhand nehmenden
Luxus und der Ueberladung mit Putz in der weiblichen Kleidung
dadurch steuern will, daß sich die Mitglieder verpflichten, keine
Schleppen und keine falschen Haarwülste zu tragen, sowie keine
Doppelkleider (Tunika, Polonaisen, Schooß und wie dergleichen
Ueberwürfe heißen), sondern nur Kleider mit glatten Röcken
und von einerlei Stoff; höchstens ist am Ende des Rockes ein
kleiner Besatz erlaubt. Man hat zu diesem Zwecke Kleider- und
Hutmodelle von gleicher Einfachheit, doch ohne Übertreibung
dieses Grundsatzes, im Anschluß an die herrschende Mode aus-
gestellt und bestimmte Schneiderinnen verpflichtet, für die Vereins-
Mitglieder diese Schnitte zu gebrauchen.
* Die älteste Zeitung der Welt sind wohl die „Acta,
populi romani diurna", von welcher eine Nummer aus dem
Jahre 168 v. Chr. Geburt erhalten ist. Dieselbe lautet wört-
lich wie folgt: „Den 29. März. Der Konsul Licinins versah
heute die Amtsgewalt. — Ein schweres Gewitter ging heute
nieder, und der Blitz zersplitterte eine Eiche kurz nach Mittag
in der Nähe des Veli'schen Hügels. — In einem Wirthshause
am Fuße des Janushügels kam es zu einer Schlägerei, bei
welcher der Wirth der Schenke „Zum Bären mit dem Helm"
sehr schwer verwundet wurde. — Der Aedil Titiuius strafte
die Fleischhacker, weil diese dem Volke Fleisch verkauft hatten,
ohne dasselbe erst der behördlichen Besichtigung zu unterbreiten.
Für das Strafgeld wurde der Göttin eine Kapelle erbaut. —
Der Wechsler Anfidins aus der Wechselstube „Zum cimbrischen
Schild" wurde heut mit einer großen Schuldenmasse flüchtig.
Er wurde indeß auf der Flucht eingeholt, und da von dem Gelde,
das die Leute bei ihm angelegt hatten, noch nichts verloren ge-
gangen war, verurteilte ihn der Prätor Fontejus, die Einlagen
unverzüglich zurückzuerstatten. — Der Räuberhauptmann Demi-
Phon, der vom Legaten Nerva gefangen wurde, ist heute an's
Kreuz geschlagen worden. — Die karthagische Flotte ist heute in
den Hafen von Ostia eingelaufen."
* Die Bevölkerung des Kantons Bern hat letztes Jahr
3.604,938 Maß gebrannte Wasser konsumirt. Macht auf den
Kopf fast 8 Maß.
* In Berlin verkauftes Ehokoladeupulver erwies sich bei
der chemischen Analyse als eine Mischung von Weizenmehl,
Ziegelmehl, Eisenocker und etwas Zucker und Eakao.
* Die Polizei in Weimar verbot das Musiküben, na-
mentlich das Klimpern auf dem Klavier bei offenem Fenster bei
zwei Mark Buße.
* Landwirthschaftli.ches. Unter dem Titel: „Die
vorzüglichsten Schweinerassen" hat Hr. Regierungsrath Baum-
gartuer ein Buch erscheinen lassen, das eine für die Schweizer-
bauern gemeinfaßlich bearbeitete Anleitung zur Aufzucht, Pflege
und Mästung dieses so nützlichen Hausthieres enthält und sicher-
lich Vielen willkommen sein wird.
Verantwortlicher Redakteur ».Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
Thermometerstand nach Reaumur in Vaduz.
Monat
Morgens Mittags
7 Uhr 12 Uhr
Abends
6 Uhr
Witterung.
Okt. 3.
+ 8 +10
+ 8
1 trüb, Nebel, Reg.
„ 4.
+ 6 + 9 %
+ 8'/2
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Telegrafischer Kursbericht von Wie«.
10. Oktober Silber 105.40
20-Frankenstück 9.54 V 2
100 Reichsmark 58.75
London 119.—
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.