putirtenkammer aufgelöst. Jetzt ist es an euch eure Meinung
.zu äußern. Man hat euch gesagt daß ich die Republik um-
stürzen wolle. Ihr werdet das nicht glauben. Die Verfassung
ist meiner Obhut anvertraut; ich »verde derselben Achtung zu
verschaffen wissen. Was ich von euch erwarte das ist die Wahl
einer Kammer welche sich über die Eifersucht der Parteien erhebt
und vor allem mit der Sache des Landes beschäftigt. Bei den
letzten Wahlen hat man meinen Namen mißbraucht. Unter
denen die sich damals meine Freunde nannten, haben viele nicht
aufgehört mich zu bekämpfen. Man spricht heute noch von Er-
gebenheit gegen meine Person, behauptet daß man nur meine
Minister angreife. Ihr werdet euch durch diese Kunststücke nicht
täuschen lassen. Um dieselben zu vereiteln, wird meine Regierung
euch diejenigen Wahlcandidaten bezeichnen die allein sich die Be-
rechtigung zum Gebrauch meines Namens beilegen lassen können.
Ihr werdet die Bedeutung eurer Wahlvoten reiflich erwägen.
Wahlen die meiner Politik günstig sind, werden den regelmäßigen
Gang der bestehenden Regierung erleichtern, das Prinzip der durch
die Demokratie untergrabenen Autorität befestigen und die Ord-
nung und den Frieden sichern. Meiner Politik feindliche Wahlen
dagegen würden den zwischen den öffentlichen Gewalten bestehen-
den Conflikt verschärfen, den Gang der Geschäfte hindern und
die Agitation forterhalten. Frankreich würde inmitten dieser
neuen Verwicklungen ein Gegenstand des Mißtrauens für Europa
werden. Was mich anbetrifft, so würde meine Pflicht wachsen
mit den Gefahren: ich würde den Aufforderungen der Demagogie
nicht gehorchen können; ich würde nicht ein Werkzeug des Radi-
ealismns werden können. Auf demselben Standpunkt auf welchen
die Constitution mich gestellt, werde ich bleiben, um mit Uuter-
stützung des Senats die conservativen Interessen zu vertheidigen
und die treuen Beamten energisch zu schützen, die sich in schwie-
rigem Zeitpunkte durch leere Drohungen nicht haben einschüchtern
lassen. Franzosen! Ich erwarte mit vollem Vertrauen die
Kundgebung eurer Gefühle. Nach so großen Prüfungen will
Frankreich Stabilität, Ordnung und Frieden. Mit Gottes Hülfe
werden wir diese Güter sichern. Ihr werdet auf das Wort
eines Soldaten hören, der keiner Partei, keiner revolutionären
oder retrogaden Leidenschaft dient, und der nur aus Liebe zum
Vaterland euer Führer ist." — Das Manifest ist vom Minister
de Fonrtou eantrasignirt.
Neueste Nachrichten.
Wien, 25. Sept. Die „Pol. Corr.." meldet aus Buka-
rest, 24. Sept.: Eine türkische Abtheilung besetzte einen natür
lich festen und durch die Geschütze Silistria's gedeckten Punkt
auf rumänischem Boden gegenüber Silistria. Die Türken beab-
sichtigen wohl die Bahnlinie Galatz - Bukarest zu unterbrechen;
dieselben befestigen die Brücke welche das türkische Ufer bei Si
listria mit der Insel Salgar verbindet.— Von den in Bjela
eingetroffenen drei Garde-Infanterie-Divisionen wurden zwei ge-
gen Plewna und eine an die Jantra dirigirt. Fast die ge-
sammte Garde-Eavallene dagegen marschirt auf Tirnowa. Seit
zwei Tagen herrscht anhaltender Regen, der die Operationen
hindert.
Wien, 25. Sept. Der „Presse" wird aus Tiflis, 24. Sept.
telegraphirt: Nach dem letzten den Türken ungünstigen Gefechte
bei Chalfalue zogen die Türken über die Gränze in das Gou-
veruement Bajazid zurück und bezogen ein von der Gränze 20
Werst entferntes Lager. — General Tschernajef hat das Haupt-
quartier wegen Krankheit verlassen und befindet sich im Bade
Borzom.
Pest, 25. Sept. Ministerpräsident Tisza erwiderte einer
Meetingsdeputation in Sachen der Orient-Frage: er werde die
Petition als Zeichen der herrschenden Strömung in Berück-
sichtigung ziehen. Das gemeinsame Ziel sei die Wahrung der
Interessen der Monarchie; indessen sei die Wahl des richtigen
Moments und der richtigen Mittel dabei zugleich die Pflicht der
verantwortlichen Regierung.
Konstantinopel, 24. Sept. Ein vom Donnerstag datirteS
Telegramm des Gouverneurs von Plewna bestätigt daß Osman
Pascha fortwährend die Angriffe der Russen zurückschlägt. Die
russischen Truppen, welche am Tienstag eine türkische Redoute
angriffen, wurden abgewiesen und verloren 1000 Todte. Die
Russen setzen die Beschießung der Stadt fort.
Konstantinopel, 24. Sept., Abends. Ein Telegramm
Schefket Pascha's vom heutigen berichtet: 20 Bataillone In-
santerie, ein Regiment Cavallerie und zwei Batterien welche
einen Lebensmittel- und Munitionstransport geleiteten, sind, nach-
dem sie die auf ihrem Wege befindlichen Russen geschlagen und
zerstreut, gestern in Plewna eingerückt. — Von Mehemed Ali
Pascha wurde heute keine Nachricht veröffentlicht.
Konstantinopel, 25. Sept. Ibrahim Pascha meldet aus
Philippopel, 23. Sept.: Da aufständische Bulgaren sich im
Kloster Turriau (?) festsetzten und sich in Karlowa auch Ko-
saken zeigten, so sendete ich 11 Eompagnien nnd 3 Schadronen
zu einer Recognoscirung ab. Die Aufständischen wurden aus
Tnrrian vertrieben und bis Osma Suyon verfolgt.
Konstantiuopel, 25. Sept. Suleiman Pascha telegraphirt
vom 23. Sept: Zwei Eompagnien Infanterie und 200 Tscher-
kessen drangeu recognoscirend bis zwei Stunden vor Gabrowa
vor und brannten mehrere Dörfer an der Jantra nieder, nach-
dem sie die Russen daraus vertrieben hatten. Wir fahren fort
den Feind zu bombardieren, welcher nicht antwortet. Auf den
Vorposten dauert das Gewehrfeuer ununterbrochen fort. — Die
Proviant- und Munitionscolonne nach Plewna wurde von Jfzi
Pascha dorthin geleitet. Zur Deckung des Rückzugs steht Hakhi
Pascha aal Karadagh. Die Arbeiten zur Wiederherstellung der
Thelegraphenlinien schreiten fort.
Die Kampfe Suleiman PüfchaS
am Schipkapaffe.
AuS den Briefen eines englischen Officiers a. D. veröffentlicht
in der A. A. Ztg.
(Schluß.)
Am Abend des 25. gingen de Russen zuerst zur Offensive
über uachdem sie sich bisher streng in der Defensive gehalten
hatten, und versuchten die Höhen von Aikirdij-Bel links vom
Dorfe Schipka, welche die Türken besetzt hatten, und von wo
aus sie die russischen Schanzen aus der Paßhöhe sehr wirksam
beschossen, zu erstürmen. Der heftige Kanonendonner, den man
in Kesanlik vernehmen konnte, erreichte auch mein Ohr und trieb
mich zur größten Eile, da ich gerne ein Augenzenge des Kampfes
selbst sein wollte. Es war mir aber unmöglich, ein Reitpferd
daselbst zu erhalten und die Straße war dazu so voll von vor-
wärts marschirenden Truppen und Büffelkarren, mit Munition
nnd wieder zurückgebrachten Verwundeten, daß alle meine Eile
vergebens blieb, und ich erst kurz vor der Mitternachtsstunde
vom 25.—26. August auf dem Kampfplatz selbst anlangte. Da
der Mond aber sehr klar schien und die ganze schöne, wild-pit-
toreske Gebirgsgegend mit seinem silberhellen Lichte beleuchtete,
so dauerte das grimmige Gefecht fast ununterbrochen die ganze
Nacht fort. Es war ein ganz unbeschreibliches Schauspiel welches
sich jetzt vor meinen Augen entfaltete, und der Eindruck desselben
wird mir stets unvergeßlich bleiben. Mit lautem weit hin
bringendem Hurrah stürmten die russischen Schützen den steilen
Berg hinauf um sich der Batterie welche die Türken auf dessen
Kuppe errichtet hatten, zu bemächtigen. Schon war ihnen dieß
gelungen und die türkischen Schanzen bereits in russische Ge-
walt gefallen. Es war ein sehr kritischer Augenblick, denn hätten
die Türken jetzt den Rückzug auf der engen, schmalen, überall
versperrten Straße antreten müssen, so wäre ihr sämmtliches
Heeresmaterial vollständig verloren gewesen. Doch die 1. und
3. türkische Nizam - Brigade unter dem Befehl von Veyssel