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§ 2. Die Schutzleute haben Zuwiderhandelnde zu Feststellung
des Thatbestandes sofort auf die Polizeiwache abzuführen. Die
Namen der Bestraften werden, am Ende jeder Woche veröffent-
licht. — Das wird wohl helfen!
Die Kampfe Suleiman Paschas
am Schipkapaffe.
Aus den Briefen eines englischen Officiers a. D. veröffentlicht
in der A. A. Ztg.
Sind doch ganze Infanterie - Compagnien vollständig aufge-
rieben worden, und ich sah Bataillone von Nizam - Infanterie
aus dem Gefecht zurückmarschieren welche nicht mehr 100 Mann
unter den Waffen zählten. Zwar sind die Verluste der Russen
auch sehr bedeutend; allein da sie großentheils in gedeckten Stel
lungen kämpften und ihre Infanteristen sich besonders in Schützen-
grüben eingegraben hatten so daß selbst ihre Köpfe hinter dem
aufgeworfenen Erdwall geschützt blieben, die Türken hingegen
anfangs ungedeckt vorstürmten, so konnten ihre Verluste lange
nicht so groß wie die der letztern sein.
Bald hinter Kesanlik fängt die Straße des Schipka-Passes
in sehr jäher Steigung an sich aufwärts zu ziehen. Für ge
wöhnlich wird der schmale Weg, der oft unmittelbar neben
tiefen Abgründen hinführt, ohne im mindesten durch Geländer
geschützt zu sein, fast nur von Saumrossen, mitunter auch von
den schmalen mit zwei hohen Rädern versehenen Büffelkarren, wie
solche in Bulgarien und Bosnien allgemein üblich sind, benutzt,
und es kostete die Türken ungeheure Mühe die 24—30 leichten
Geschütze ihrer Feldartillerie, welche sie im Kampfe verwendeten,
hinaufzubringen. Sie spannten 40—80—100 christliche Bul
garen an lange Taue vor jedes Geschütz, sparten fleißiges An-
treiben mit dem Stock oder der flachen Säbelklinge nicht, und
so ward der Transport bewerkstelligt. Die Infanterie benutzte
den Weg nicht häufig, sondern die Soldaten kletterten vielfach die
mit dichten Waldungen bedeckten Höhen auf beiden Seiten der
Straße empor. Das Armeekorps welches Suleiman Pascha be-
fehligt, ist vielleicht das beste oder wenigstens das kampfgewohnteste
im ganzen Heere des Padischah. Die Nizam- und Redif-Jn-
santerie ist größtentheils aus Rumelien und Thessalien recrutirt,
und einige tausend Albanesen, unbedingt die muthigsten, aber da-
bei auch die wildesten Krieger des ganzen Heeres, begleiten dieses
Corps als leichte Truppen, während eigentliche reguläre Caval-
lerie fast gar nicht dabei vorhanden ist. Nun hat dieses Corps
bereits zwei Jahre gegen die Montenegriner im Felde gestanden,
und die Soldaten haben in diesen steten Kämpfen mit den Mon-
tenegrinern, wo von gegenseitiger Schonung keine Rede ist, zwar
viel Wildheit und Grausamkeit, aber auch eine große Gewandt-
heit im kleinen Gebirgskrieg erlangt. Wirklich, wenn man so recht
kampferprobte abgehärtete Krieger sehen wollte, so könnten einige
Nizam-Regimenter des Suleiman'schen Korps diesen Wunsch be-
friedigen. Die Uniformen waren aufs äußerste abgetragen und
sahen so mitgenommen aus, daß ihre Farbe kaum noch zu er-
kennen war, heiles Schuhwerk trug in manchen Kompagnien kein
einziger Soldat mehr, aber dafür war die Haltung aller fest
und kräftig, und in den bärtigen tiefgebräunten Gesichtern der
Offiziere wie der Soldaten lag ein so , wilder Trotz und so
grimmige Kampffreudigkeit, daß man von diesen vielversuchten
Schaaren schon das Aenßerste erwarten durfte. Und wahrlich,
das hat dieses Snleiman'sche Korps auch geleistet, und wenn der
Erfolg bisher auch nicht die Anstrengungen begünstigte, und die
eigentliche Jochhöhe des Schipka-PasseS bis zum 30. August,
wo ich nach Konstantinopel mich zurückbegab, noch immer in dem
Besitz der Russen geblieben ist, so hat in diesem ganzen blutigen
Kriege bisher - noch kein türkisches Korps mit größerem Herois-
mus gekämpft als dies von den Truppen Suleiman Paschas ge-
schehen ist.
Als ich persönlich am 26. August ein Augenzeuge deS
KämpfenS wurde, hatten die Türken bereits das bulgarische
Dörfchen Schipka, das ungefähr 700 Meter von der eigentlichen
Paßhöhe südwärts liegt, den Russen abgenommen. Nun folgten^
harte Kämpfe; denn die Russen verteidigten sich mit großer Bra-
vour und wichen nur Schritt vor Schritt vor der bedeutenden
Überlegenheit der Feinde zurück. Zwar vermochten die Türken
auf der schmalen Straße auch nur mit verhältnißmäßig geringen
Truppcnmassen anzugreifen, und auch die umliegenden Kuppen
der Berge, welche sie sogleich richtigerweise besetzt hatten, um von.
deren Höhen ein wirksames Feuer auf die tiefer stehenden Feinde
zu eröffnen gestatteten keine größere Truppenentfaltung; allem
sie hatten den großen Bortheil, daß sie ihre ermatteten Regimen-
ter immer wieder durch neue ablösen und somit den Kampf mit
immer frischen Kräften führen konnten. So hätten bereits am
24. die Türken fast den Sieg erfochten. Die Höhe des Schipka-
Passes selbst war von ihnen beinahe genommen, und auf dem
Berge St. Nikolas, von wo aus man die tiefer liegende Partie
des Joches bestreichen kann, standen bereits die türkischen Tirail-
leurs. Da die Russen in den Tagen vom 21. — 25. August
kaum über 4000 Streiter hier zählten, die alle schon seit drei
Tagen unausgesetzt, ohne Ruhe und Rast und ohne die mindeste
warme Nahrung, im Feuer gestanden hatten und daher auf das
äußerste ermattet waren, so soll ihre Vertheidigung zuletzt nur
schwach und ihr Feuer unsicher geworden sein. Hätte da Sulei-
man Pascha am 25. August mit voller Kraft vorstoßen lassen^
so unterliegt es kaum einem Zweifel daß er den Paß erstürmt
und die Russen bis Gabrowa zurückgetrieben haben würde. Allein
er wollte sich nicht damit begnügen, sondern den stolzen Triumph
feiern das ganze Corps gefangen zu nehmen, um es seinem
Herrn, dem Padischah, als Gefangene vorzuführen, und die
Richtigkeit des alten Sprichworts: „Wer zu viel haben will,.
erhält nichts," erprobte sich auch dießmal wieder. Suleiman
Pascha ließ am 24.—25. nicht kräftig in der Front angreifen,
sondern suchte seine beiden Flügel weiter auszudehnen, um die
Straße nach Gabrowa unterhalb der Paßhöhe zu'' gewinnen, so-
mit das russische Corps zu umzingeln und dann gefangen zu
nehmen. Es würde ihm dieß ohne Zweifel auch gelungen sein,
wenn nicht in der letzten entscheidenden Stunde die Russen eine
bedeutende Verstärkung erhalten hätten. Man hatte die Scharf-
schützen mit Kosaken-Pferden beritten gemacht damit sie schneller
von Gabrowa heraufgelangten , und gerade im entscheidenden
Augenblick langten ihre ersten Spitzen an und nahmen sogleich
am Kampfe theil. Fort und fort kamen jetzt neue russische
Truppen an, der General Radetzki der den Donau - Uebergang
bei Sistowa auf so energische Weise ausgeführt hatte, erschien,
selbst und übernahm den Oberbefehl, und von da an war der
Plan Suleiman Pascha's gescheitert und sein ungeheures Opfer
von 10,000 Mann der besten Soldaten seines Corps ein ver-
gebliches gewesen. (Schluß folgt.)
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
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