Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1877)

Konkurs-Edikt. 
Von dem fürstl. Landgerichte wird hiemit bekannt gemacht, 
daß über das sämmtliche im Fürstenthume befindliche Vermögen 
deS Fabrikinhabers August Wächter in Mühleholz der 
Konkurs gerichtlich eröffnet worden sei. 
ES wird daher Zedermann, dec an den genannten Crida- 
tar eine Foderung zu stellen hat, erinnert, dieselbe bis titcl 
23« Juli d. I. in Gestalt einer förmlichen Klage wider den 
alS Massaverwalter bestellten Hrn. Christof Wang er in 
Schaan sogewiß einzureichen und in derselben nicht nur die 
Richtigkeit der Forderung, sondern auch daS Recht, kraft dessen 
er in diese oder jene Klasse gesetzt zu werden verlangt, zu er- 
weisen-, widrigenfalls er nach Verfluß dieser Frist von der 
KonkurSmaffa ausgeschlossen würde, wenn ihm auch ein Com- 
penfationSrecht, ein eigenes Gut auS der Massa oder ein Hy« 
pothekarrecht gebührt batte, so daß solche Gläubiger, wenn sie 
in die Massa schulden sollten, die Schuld ungeachtet ihres 
Compensations-, EigenthumS- oder Pfandrechts abzutragen ge- 
halten sein würden. 
Zum Versuche vergleichsweiser Austragung der Konkurs- 
fache, wird übrigens eine VethandlungStagfahrt auf den 26* 
IM d. I., früh 9 Uhr, dahier mit t>?m Beifügen ange 
ordnet, daß die Glaubiger dabei persönlich oder durch Bevoti* 
mächngte sogewiß zu erscheinen haben , als sonst die Nichter- 
scheinenden mit den Beschlüssen der Anwesenden einverstanden 
erachtet und die Nachtheile ihres Ausbleibens sich selbst zuzu- 
schreiben baben würden. 
Baduz, den 22. Juni 1877. 
Fürstl. liechtensteinisches Landgericht: 
33 Keßler. 
Vaterländisches. 
Baduz, 10. Juli. (Eingesendet.) In der letzten Nummer 
dieseS BlatttS äußert ein Herr Einsender den Wunsch, eS 
möchte in der „Lichtenst Wochenzeitung" auch daS inländische 
Schul- und ErziehungSwesen durch zeitweilige sachgemäße Ein« 
fendungen öffentlich besprochen werden. 
Mit diesem durchaus vernünftigen und zeitgemäßen Wunsche 
einverstanden, ersucht der Einsender dieses einen von Herrn 
Lehrer Ambühl in Ragatz veröffentlichten in bündiger Kürze 
abgefaßten Vortrag über „die Hindernisse, die sich 
der Erreichung deS Schulzweckes von Seite deS 
HaufeS entgegenstel len" in diesem Blatte Raum zu 
geben, da derselbe auch für unsere Verhältnisse in mehr alS 
einem Punkte anwendbar sein dürfte. 
Der Vortrag lautet: Das Ziel der Erziehung kann nur 
durch daS vereinte Wirken der Familie und Schule erreicht 
werden, so lautet der Wahlspruch Aller, denen die wahre 
Bildung am Herzen liegt. Dieser Vereinigung stehen aber 
viele, sehr viele Hindernisse im Wege, so daß eS Pflicht er- 
scheint, dieselben aufzudecken und dadurch zu ihrer Beseitigung 
einigermaßen beizutragen. 
Der Zweck der Schule ist, die Kräfte deS KindeS durch 
paffende Mittel zu wecken, zu fördern und dasselbe zur Kennt- 
niß alles dessen zu. bringen, waS eS seiner irdischen und himm- 
lischen Bestimmung entgegenführt. — Zur Erreichung dieseS 
Zweckes ist aber die Mitwirkung der Eltern unerläßlich, und 
doch macht man im täglichen Leben leider oft die Wahrnehmung, 
daß vom Hause auS in dieser Beziehung nicht nur nichts 
geschieht, sondern sogar diesem Ziele meistens ungeflissentlich 
oft aber auch geflissentlich entgegengearbeitet wird. Für den 
Erzieher ist eS von großer Wichtigkeit, diese Hindernisse kennen 
zu lernen, um zu deren Beseitigung auch die rechten Mittel 
wählen zu können. Die im häuslichen Leben der Schuljugend 
enthaltenen Hindernisse der Schulbildung haben meistens ihren 
Grund in der Unkenntniß von der Wichtigkeit der Schule und 
dem Mangel der häuslichen Unterstützung derselben und in 
Folge dessen in der zu geringen Theilnahme, die man diesem 
Gegenstand vielfach widmet, nicht minder auch in den Ber- 
hältntssen, in welchen die Leiter der häuslichen Erziehung 
leben. 
Dahin gehört zuerst der Reichtbum, der nicht selten Eltern 
und Kinder abhält, der ihnen obliegenden Pflicht Genüge zu 
leisten, weil man jede Anstrengung von der einen Seite nicht 
gewohnt ist und von der andern auS übel angewandter Liebe 
nicht wünscht. Die Verzärtelung der Kinder, die sinnlichen 
Genüsse, die man dem Kinde bei Leibe nicht versagen darf, die 
Gewährung eineS jeden Wunsches — Alles dieS thürmt Schranke 
auf Schranke, die selbst für den tüchtigsten Lehrer unüberwind«' 
lich werden können und ihm sowohl in seiner Thätigkeit als 
Lehrer, als auch in der Eigenschaft als Erzieher ein gebiete- 
rifcheS Halt! zurufen. — Ebenso aber legt auch die Armuth 
der Erziehungsthätigkeit der Schule oft große Hindernisse in 
den Weg. Wo die Eltern mit Nahrungssorgen zu kämpfen 
haben und den Kindern deshalb die erforderliche Pflege nicht 
angedeihen lassen können, müssen diese geistig und körperlich 
vernachlässigt werden. Die Schulversäumnisse gehen oft so 
weit, daß man eigentlich von einzelnen Absenzen nicht mehr 
reden kann, vielmehr bilden sie eine fortlaufende Kette. Denn 
die arme Jugend muß arbeiten, ihr Brod verdienen helfen. 
Die Erreichung des Schulzweckes wird ferner durch daS 
mißliche Verhältniß, in welchem oft Ehegatten mit einander 
leben, gehemmt. WaS die Atmosphäre für daS körperliche Le- 
den, das ist die Umgebung des KindeS für sein GemütbSleben. 
Wo das gute Beispiel der Eltern mangelt, hört auch daS Kin- 
deSherz auf. Wenn im Haufe Gottesfurcht, einfache Lebensweise 
und Friede schien, wird auch daS Kind diesen schönen Tugenden 
entfremdet, d h. es lernt sie gar nicht kennen Möchten dies 
doch viele Eltern bedenken! Ein Sprichwort sagt: „DaS 
Beste kommt zuletzt", in Rückficht dessen aber saqen wir: „Da?* 
Schlechteste kommt zuletzt"; nämlich ein getrübtes Verhältniß 
der Etteln zum Lehrer oder auch umgekehrt. Wer ist im 
Stande, Jedem Recht zu thun? Unter allen Menschen der 
gewissenhafte Lehrer am wenigsten. W'e leicht wird die Eitel- 
keit und Selbstsucht vorurtheilövoller Eltern verletzt! Wie schnell 
find solche Eltern in ihrem VerdammuugSurtbeil gegen den 
Lehrer, wenn dieser sich erkühnt, ihren verzogenen — oder 
besser gesagt ungezogenen — Liebling nur mit Worten hart 
anzulassen. Und dann gar noch, wenn er ihn bestraft! Na, 
wa,t' nur, mii dem macht man kurzen Prozeß, de? soll sehen, 
wo er diesmal sein Neujahrsgeschenk bekommt. Solche und 
hundert andere Redensarten hört man von den Eltern im 
Beisein der Kinder. Unverständige Mütter gehen sogar noch 
weiter; sie'bemühen sich, dem Magister auf die Bude zu stei- 
gen und mit ihrem keifenden Munde ihn mit den grobkörnig- 
sten Kraftausdrücken zu überschütten. Mit Recht läßt sich 
dann sagen: „Weiber werden zu Hyänen!" (Schiller ) Und 
daS nennt man dann: Vereinte Thätigkeit von Haus und 
.Schule an der Erziehung. Die allernächste Folge eines so. 
unehrerbietigm RaisonnementS im Beisein deS KindeS ist die 
Untergrabung der Achtung und Autor tät des LehrerS, ohne 
welche der Schulzweck natürlich nicht erreicht werden kann. 
Dies dürften so ziemlich die Haupthemmnisse sein, die das 
häusliche Leben der Erreichung des SchulzweckeS in den Weg 
legt. Es entsteht nun aber die Frage: Ist die Schule im 
Stande, diese Hindernisse zu beseitigen, und, wenn ja, welche 
Mittel stehen ihr zur Verfügung? Die Antwort lautet: Die 
Schule als solche ist in dieser Beziehung machtlos, viel aber 
können Schulvereine wirken. 
Ausland. 
Vom Kriegsschauplätze. 
Der Donau-Uebergang der Russen bei Simnitza und ihre
	        

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