Krieg an der Donau zweckmäßig verwenden könnte. Wahr-
lich, ich beneide meinen Landsmann Hobart jetzt um seine
Stelle als Admirat der türkischen Flotte; Venn er hat eine
ungemein ehrenvolle und erfolgreiche Thätigkeit, aber er ist
mich ein brtttischer Seemann vom Scheitel bis zur Fußsohle
und ganz der Mann um seinen Posten auszufüllen. Hätte
der Padischah nur ein paar Dutzend ähnlicher Männer als
höhere Befehlshaber in seinem Dienst, wahrhaftig, eS sollte
den Russen schwer werden die Türkei zu zertrümmern, und
sie sollten sich schon die Zähne ganz gewaltig an diesem harten
Bissen stumpf beißen. So aber fürchte ich alles, und wie
mir ein Freund und Landsmann schreibt, soll es auf dem
astatischen Kriegsschauplatz verzweifelt schlecht für die Türken
stehen. Wie konnte man aber auch wohl einen Mann wie
den gänzlich unfähigen, trägen, in stete Indolenz versunkenen
Mukthar Pascha zum Oberbefehlshaber auf diesem so äußerst
Wichtigen Posten ernennen. Wahrlich, ich wollte kaum meinen
Ohren trauen als ich zuerst seine Ernennung hörte, und nicht
Weinen Augen als ich die offizielle Nachricht davon las. Im
vorigen Jahre, in dem Felvzug gegen das Häuflein Monte-
negrincr, blamirte dieser Mukthar sich auf das äußerste, erlitt
stete Niederlagen und war von unsäglicher Faulheit und Sorg-
losigkeit, und zum Lohn dafür gibt man ihm den schwierigsten
und verantwortlichsten Posten in der ganzen Türkei, der einen
Mann von seltener Umsicht und Thatkrast erfordert. Wahr-
lich, da hört doch alles auf! Aber diese Palast-Jntriguen
und Serail-Kabalen in Konstantinopel haben auch jetzt, in
der Stunde der alleräußersten Gefahr, nicht ihr Ende erreicht,
und bringen die Türkei ungleich leichter in den tiefsten Ab-
grund alles Verderbens a!S sämmtl'che Kanonen und Kosaken
deS Czaren dies jemals gethan haben würden.
Daß Ardaghan von den Russen erstümrt werden konute,
ist ein harter Schlag für die Türken: denn der Weg nach
Erzerum steht ihnen jetzt offen, und ist auch letzteres besetzt,
so ist ganz Türkisch-Armenien in ihrer Gewalt. Die Festung
Batum wird ohne eine Flotte zwar niemals von den Russen
genommen werden können, und ist landwärts fast unangrejf-
bar; allein ihre Lage ist sehr isolirt und ohne sonderliche
strategische Bedeutung. Jetzt kommt in Asien alles darauf an
wie lange KarS sich hält. Ich hoffe das Beste, und wünsche,
daß die russische Fahne niemals auf dessen Trümmern weben
möge. Im letzten orientalischen Krieg leistete KarS länger
als acht Monate einen verzweifelten Widerstand und konnte
nur mit Berkust von 10—15,000 Mann von den Russen end-
lich genommen werden, und seitvem ist eS durch neue Werke
wesentlich verstärkt und trefflich armirt worden. Mehrere
frühere englische Artillerie- und Ingenieur-Offiziere'werden
übrigens jetzt nach KarS gehen unv den dortigen Widerstand
kräftigen Helsen. Mögen ihre Bemühungen den besten Er-
folg haben, dieS wünsche ich als Engländer von ganzem
Herzen, unv jeder Feind der Panflapisten muß diesen Wunsch
mit mir theile».
Reueste Rachrichte« vom Kriegs-
fchauplatze.
Wie«, 2 Juli. Das ,N. W. Tagbl." meldet aus
Schumla, 30. Juni: Die Russen wurden an der Zantra-
brücke, deren sie sich bemächtigen wollten, bei Bjela zurückge.
schlagen. — DaS Bombardement von Rustschuk dauert fort-
Die Gebäude sind größtemheilS zerstört, die Batterien dagegen
intakt. — Der Bahnverkehr zwischen Tschernawoda und Kü-
stendsche und der zwischen Rustschuk und Varna ist ungestört.
— Die .Presse" meldet aus Danilowg rad, 1 Juli: Die
montenegrinischen Corps erwarten in günstiger strategischer Gt-
birgSposition einen vereinigten Angriff von Suleiinan Pasch#
und Ali Salb Pascha aus der Ebene von Podgoritza.
#
* *
Wien, 3. Juli. DaS^N. W. Tagbl." meldet auSTurn-
Severin: In der Nacht aus den 1. d. ward bei Tschetate
(nördlich von Widdin) der Uebergang der ersten rumänischen
Truppen bewerkstelligt. Ä< sind vorläufig 2000 Mann auf
das bulgarische Ufer vorgeschoben. Von Kämpfen hiebei ver-
lautet nichts, doch wird bei Florentin ein Gefecht erwartet.
Bei Grudscha wird eine Brücke gebaut für den Uebergang der
rumänischen Hauptmacht. Bei Turn-MagureUi passirten 60,000
Russen die Donau unter heftigen Kämpfen und großen Ver-
lusten. — Die .Presse" meldet auS Buka r est: Nach drei
fachem gestrigem heftigem Zusammenstoße besetzten die Russen
die alte Zarenstadt Tirnowa. — Der Fürst Tscherkaßky, der
russische Civilgouverneur von Bulgarien, hat die Verwaltung
angetreten und das Post- und Telegraphenwesen eingerichtet.
— Sieben türkische Monitors find bei Wilkow im Kilia-Arm
eingetroffen.
Wien, 2 Juli. Die „N. Fr. Pr." enthält folgende Te-
legramme: Konstantinopel, 2. Juli: Die in der Ge
gend von Alaschkett operirenve russische Division wurde in'Folge
siegreicher türkischer Angriffe zum Rückzüge gezwungen und be,
ging auf demselben Akte der Grausamkeit und Barbarei Allr
berührten türkischen und christlichen Ortschaften wurden von
ibr zerstört, geplündert und angezündet und drei Frauen grau-
sam getödtet. Diese Thatsachen wurden von dem bei Wan
stehenden türkischen Kommandanten gemeldet und von den
Korrespondenten auswärtiger Blätter bestätigt — Aus W i d-
din, 2. Juli. DaS türkische Casematt-Kanonenboot „Podga*
ritza" bohrte bei Rahowa einen russischen mit Munition bela-
denen Dampfer in den Grund. — Aus Galatz 2. Juli:
Die englischen Consuln in Galatz, Braila unv Sulina erhiel-
tefl den Beiehl über russische „Scheußlichkliten" in der Dob-
rubscha Erhebungen anzustellen. Der russische Kommandant
von Madschin erklärte das Gerücht, eS seien Frauen an ihren
eigenen Gedärmen aufgehenkt worden, für falsch; die einzigen
Exzesse die vorgefallen seien, rühren von Bulgaren her, welche
türkische Häuser geplündert haben. Der einzige Zeuge für die
auf vem Schlachtfelde begangenen Grausamkeiten, der Pope
von Madschin, habe sich geweigert, die verschonten Leichname
ausgraben zu lassen. Es ist hierüber ein Consularbericht nach
^London abgegangen. — AuS Krakau, 2. Juli. Einem
Adrianopeler Bericht des „CzaS" zufolge werden die Balkan-
Übergänge insbesondere bei Sophia, Schibka, Sliwon, Philip-
popel und Adrianopel, sowie auch Konstantinopel, letzteres vom
Marmara- bis zum Schwarzen Meer eilends befestigt
Verantwortlicher Redakteur «.Herausgeber: vi-.RudolfSchädler.
Telegrafischer Kursbericht von Wie«»
5. Juli Silber. . . 109 20
20-Frankenstück 10.02 %
100 Reichs-Mark 61.70
London 125.30
Druck von Heinrich Graff in Feldtirck.