erett unterscheiden, weil sie auf der Initiative dex Großmächte
selbst beruhen, denen daher an deren Verwirklichung gelegen
ist und DtttWhdung sie von der Pforte zu verlangen
berechtigt'DU WD hoffen, daß diese Reformen sammt den
GMnzunMu welche wir weiter unten anführen, unser ge-
Mm»eyy^echt bilden und unS Leben, Ehre und Besitz besser
verbürge^ ÄS die bloßen Verheißungen der Pforte: daß sie
für Bosnien und die Herzegowina zu einer selbständigen Re-
gierung führen werden, welche die öffentliche Ordnung und daS
Wohl der Einwohner sichern und neue Unruhen verhindern
wird. Wir sind bereit an unfern häuslichen Heerd zurückzu-
kehren, erlauben unS aber zu bemerken, daß wir in der Note
des Grafen Andrassy bloß Prinzipien, aber keine Mittel zu
deren Durchführung finden. Da wir nun wünschen, daß un
ser Kampf sobald als möglich beendigt werde, unterbreiten wir
dem hochgeneigten Ermessen der Großmächte diese Bedingungen
ejner raschen und sicheren Pacifikation: 1) Die Pforte möge
ihr Militär auS unserem Land abberufen und nur 5600 Mann
daselbst belassen; 2) die Pforte möge alleS Material und alle
Mittel zur Wiederherstellung der zerstörten Häuser, Kirchen und
Schulen beischaffen und den Einwohnern den Lebensunterhalt
fo lange liefern bis diese sich selbst durch eigene Arbeit erhal
tet können und die Steuern auf drei Jahre nachsehen; 3) be-
züglich der Bertheilung dieses Materials und dieser HülfS-
mittel soll die Ueberwachung einer von den Großmachten in-
stallirten Kommission anvertraut werden, welche von der Tür-
Fei vollkommen unahhängig ift; 4) die Christen sollen das Recht
haben Waffen zu tragen, wie die MoSlim, womit sie sich ge-
gen Angriffe wehren können und damit die bürgerliche Gleich-
berechtigung zur Wahrheit werde, welche unter allen Untertha-
nen deS oSmanischen Reiches herrschen soll. Wir ersuchen Sie
diese unsere Wünsche den Großmächten vorzulegen und geben
Ihnen unsere Bollmacht für 3 Monate."
In Priejedor, an der Eisenbahn Novi-Banjaluka, ist eine
Christenmetzelei vorgekommen, wie sie selbst in den unruhigsten
Zeiten in der Türkei unerhört war. Man schreibt der „Polit.
Korr." auS Kostaincia vom 13. Mai: „Am 8. d. kam eS in
Priejedor zu einem blutige» Zusammenstoß zwischen der dorti
ge» mohamedanifchen und christlichen Bevölkerung. Die Stadt
zählt etwa 5000 Einwohner, von welchen die Mehrzahl Mu
selmänner sind. Letztere nahmen schon seit eimger Zeit mit stei
gender Erbitterung die Thätigkeit wahr, welche die dortige
christliche Bewohnerschaft entwickelte, um die Insurgenten durch
materielle Hülfe und Kundschafterdienste zu unterstützen. Neue-
stenS aber machten die jungen Leute der christlichen Bewohner-
schaft offen Vorbereitungen, die Stadt zu verlassen und sich
den Insurgenten anzuschließen. Dies gab das Signal zum
Ausbruche von Tätlichkeiten, welchen leider gegen 100 der
dortigen Christen mit dem Erzprietter zum Opfer fielen. Auf
die erste Kunde von den Vorfällen in Priejedor rückte Selim
Pascha in Eilmärschen herbei, um dem blutigen Konflikte zu
begegnen. Er traf aber erst am Abend an Ort und Stelle
ein, nachdem daö Unglück geschehen war." In einem PeterS-
burger Briefe der „Berliner Post" heißt eS, daß der Komman-
dirende in Bosnien, Selim Pascha, der Urheber, des Massen-
todtschlageS sei.
Als neuestes Telegramm ist v. 30. Mai nachzutragen, daß auf
einstimmigen Wunsch der Bevölkerung in Kon-
stantinopel der Sultan entthront und der prä
sumtive Thronfolger Murad Effendi zum Sultan
Proklamirt wurde.
Oesterreich. Aus allen Theilen der Monarchie, nament-
lich aber aus Ungarn und Galizien liegen traurige Nachrichten
über den durch den Frost an dem Getreide verursachten Scha-
den vor. Die Hoffnung auf eine gute Ernte soll vernichtet
fein und mit ihr die Aussicht auf eine baldige Neubelebung
der industriellen Zustände.
Aehnliche Berichte kommen auch aus einzelne^ Theilen M
Deutschland.
DWtschlanh. Ueber die Lage der Gewebe und des
Handels in Deutschland schreibt die W Hs Wge
die Industrie in Oesterreich und Rußland vollständig harnieder
lag, hatte dieser Umstand nicht viel zu bedeuten, konnte im
Gegentheil alö ein Vortheil gelten. Aber in Rußland sowohl
wie in Oesterreich, namentlich in letzterem Lande, hat die In-
dustrie in den letzten zehn Jahren erheblich an Aufschwung
gewonnen. Wurde schon hierdurch der Markt für die deutsche
Industrie beeinträchtiget, so geschah dieS noch in viel gewalti
gerem Maße durch daS gewaltige Steigen der Arbeitslöhne in
Deutschland und die damit leider in gleichem Maße wachsende
Unsolidität der Arbeitsleistungen. Während früher Solidität
und Dauerhaftigkeit neben der Billigkeit einen eminenten Vor-
zug der deutschen Industrie bildeten, so ist dieser Vorzug jetzt
fast völlig verschwunden, und in Berlin selbst kann man täglich
lauten Klagen begegnen, daß selbst zu den theuersten Preisen
z. B. kaum noch ein dauerhast und solid gearbeitetes Porte-
monnaie, Brieftasche u. s. w. zu haben ift. Dasselbe gilt von
tausend andern Dingen. Die deutsche Industrie sieht sich so-
mit plötzlich in dem in früheren Jahren mühsam auf dem
Weltmarkt gewonnenen Terrain bedroht und hat dasselbe zum
nicht geringen Theil bereits dem Auslände wieder überlassen
müssen. Die Arbeitslöhne kurzer Hand wieder auf das frühere
Niveau berabdrücken, ist nicht ausführbar, weil alle LebenSbe-
dürfnisse feit 187J enorm im Preise gestiegen sind, und so sieht
der deutsche Industrielle sich verzweifelnd nach der letzten Hülfe
um, die ihm bleibt — der Zoll. Denn nicht allein daß die
deutsche Industrie auf dem Weltmarkt bedroht ist, die fremde
Konkurrenz greift bereits tief in daS eigenste heimische Absatz-
gebiet. Gewisse französische Industrie- und Geschäftszweige ha-
ben noch nie einen so bedeutenden Absatz nach Deutschland ge-
habt, als in den letzten Jahren. Einen entsprechenden Beweis
dafür kann man in dem Umstände finden, daß die bedeutenden
Pariser Firmen, namentlich der KonfektionS-Branche, in den
Jnserateuspalten der geleseneren deutschen Zeitungen ziemlich
häufig zu finden sind und auch dort bereits ihren Platz neben
den deutschen Geschäften behaupten. Vom Eisen ist eS bekannt,
daß die englischen Produkte die deutschen im eigenen Lande zu
verdrängen beginnen. Für besser galt daö englische Eisen be-
reitS vor zwanzig und mehr Jahren, aber die deutschen In-
dustriellen gaben sich große Mühe, ihr eigenes Produkt konkur-
renzfähig zu machen. Konnten sie dies durch die Qualität
nicht erreichen, so that der Preisunterschied daS Uebrige, da
derselbe oft recht bedeutend war und auf den Zentner mitunter
bis gegen zwei Thaler betrug.
DaS AlleS hat sich geändert. Die Arbeitslöhne in Deutsch-
land sind auf eine Höhe gestiegen, welche der Hochofenbesitzer
vor 15 Jahren für unerreichbar hielt. Die Fracht der Eisen-
bahnen ist dauernd gestiegen, während die englischen Dampfer-
linien ihre Frachtsätze dauernd ermäßigten, so daß nach Auf-
hören deS EisenzolleS das schleiche Eisen z. B. in den deutschen
Küstenländern auf den Zentner eine Mark mehr kostet alS daS
englische — und obendrein noch von geringerer Qualität ist,
wenngleich auch auS England neuerdings viel schlechtes Eisen
imporirt wird.
Die deutschen Brauereien beherrschten früher den Markt
von Hamburg, Kopenhagen und Stockholm ausschließlich, ja
viel märkischer Spiritus ging weiter nach England und Bor-
deaux. Jetzt benutzen die im Laufe des letzten Jahrzehnts ent-
standenen russischen Brennereien den niedrigen Zoll und senden
ihren schlechten Spiritus zu Wasser nach Hamburg, lassen ihn
dort rektisiziren und verdrängen die deutschen Spiritusfabrikan-
ten von dem so lange behauptete« Markt. Wie tief dies in
die Verhältnisse der Landwirtschaft eingreift, bedarf keiner
Auseinandersetzung.