Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

Liechtensteinische 
Vierter Jahrgang. 
Baduz, Freitag 
Nr. 21. 
den 26. Mai 1876 
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werden franco erbeten an die Redaktion in Vaduz. 
Vaterländisches. 
Vaduz, 22. Mai. Heute Nachmittag ereignete sich auf 
der Straße zwischen Schaan und Vaduz ein sehr bedauernS- 
werther Unglücksfall. Zu dieser Zeit fuhr nämlich Schlosser 
Marxer von Vaduz mit einem Fuder Streue von Schaan ge» 
gen Vaduz; derselbe und sein 70jähriger Schwiegervater saßen 
vorn auf dem Fuder, rückwärts sein Knabe. AlS dieselben die 
letzten Häuser von Schaan passirt hatten, fing die Streuladung 
plötzlich zu brennen an und stand im Nu in hellen Flammen; 
die Pferde dadurch scheu gemacht, stürmten mit der brennenden 
Ladung in rasender Eile davon, so daß daS Feuer noch mehr 
angefacht wurde, bis sie in der Nähe von Mühleholz von ei- 
nigen Männern angehalten und vom Wagen entfernt wurden; 
dem rückwärts auf dem Fuder fitzenden Knaben war eS ge 
lungen unversehrt herunter zu springen, während Marxer und 
sein Schwiegervater auf dem brennenden Wagen blieben, bis 
derselbe aufgehalten wurde. Beide erlitten in Folge dessen be- 
deutende Brandwunden, denen der Schwiegervater Math. Re 
gele nach wenigen Stunden erlegen ist, während Marxer, we- 
Niger verletzt, noch nicht außer aller Gefahr fich befindet. ^Wie 
man vermuthet, soll das Feuer durch eine brennende Pfeife 
Tabak entstanden sein; eine ernste Warnung für Ta- 
ba kr auch er. 
Babnz, 23. Mai. Ueber die Aussichten der mechan. 
Stickerei theilt die Feldk. Zeitg. Folgendes mit: 
Der schlechte Gang der mechanischen Stickerei wird auch 
in unserem Lande, wo eine große Anzahl Stickmaschinen im 
Betriebe stehen und immer noch mehrere aufgestellt werden sol- 
len, schwer genug empfunden, und eS scheint leider wenig 
Aussicht auf demnächstige Besserung in diesem Geschäftszweige. 
Ein uns freundlichst mitgetheilter amtlicher Ausweis des nord- 
amerikanischen Konsuls in St. Gallen über den Export von 
Stickereien nach Nordamerika im Laufe dieses Jahres gibt in 
dieser Richtung höchst beachtenSwerthe Daten; nach diesem AuS- 
weis wurden nämlich ausgeführt 
im Jänner 4876 für 2.177,241 Francs, 
„ Februar „ „ 1.910,447 „ 
„ März , „ 1.143.594 „ 
„ April „ „ 471,585 „ 
Die größere Ausfuhrsumme in den Monaten Jänner und 
Februar hat ihren Grund darin, daß früher bestellte Waare 
dabei inbegriffen ist. Bon da an fällt die Nachfrage, wie man 
steht, in wahrhast auffallender Weise. 
Ausland. 
Oesterreich. Die Sitzungen der Delegationen der beiden 
Reichshälften stnd am 15. Mai eröffnet worden. 
Der Kaiser empfing die Delegationen am 18. Mai. Der 
Präsident der österreichischen Delegation richtete an den Mo- 
narchen folgende Ansprache: 
„Getreu dem altösterreichischen Geiste, fühlt fich die Dele- 
gation des österreichischen Reichsraths gedrängt bei Beginn 
ihrer verfassungsmäßigen Thätigkeit, zu avelcher sie, dem Ruf 
Ew. Majestät Folge leistend, herantritt, vor allem den Gefüh- 
len der ungeheuchelten Loyalität und unwandelbaren Treue und 
Ergebenheit für Ew. Majestät ehrfurtSvollen Ausdruck zu ge- 
ben. Geruhen Ew. Majestät die Versicherung entgegenzuneh- 
men. daß die österreichische Delegation die von Ew. Majestät 
Regierung eingebrachten Vorlagen mit aller Gewissekhaftig- 
keit und dem regsten Pflichteifer in Erwägung ziehen wird. 
Eingedenk der ihr zustehenden verfassungsmäßigen Pflichten und 
der ihr obliegenden Verantwortlichkeit, wird die österreichische 
Delegation nicht anstehen im einträchtigen kollegialen Zusammen- 
wirken mit der Delegation deS ungarischen Reichstages für die 
Gesammtintereffen deS Reiches, für das waS die Integrität und 
Unabhängigkeit, Freiheit und Würde deS GesammtstaateS er- 
fordert, Opfer zu bringen. Andererseits wird stch aber die 
Delegation verpflichtet fühlen die Gränzen möglichster Spar- 
famkeit gewissenhaft einzuhalten und zwar um so mehr, alS 
die verheerenden Wirkungen der noch immer andauernden volkS- 
wirtschaftlichen KrifiS gebieterisch die möglichste Schonung der 
LeiftungSkraft der Völker erheischen. Mehr als je ist das 
FriedenSbedürfniß ein allgemeines und tiefgefühltes, um stch 
von den traurigen Wirkungen der volkswirthschaftlichey Echä- 
den wieder zu erholen. Wir hegen die feste Zuversicht, daß 
eS der Weisheit Ew. Majestät im Bereine mit Allerhöchstihrey 
erhabenen Verbündeten gelingen werde, den Weltfrieden auf 
dauernde Weife zu sichern, auf daß eS den Völkern ermöglichet 
werde, sich wieder mit ganzer Kraft ihren Eulturaufgaben hin- 
zugeben, und fo daS Vaterland zu neuer Blüthe zu bringen, 
zum Wohle der Völker, zum Glänze der Krone. Beseelt von 
diesem -Wunsche und getragen von patriotischer Vaterlands, 
liebe, bringen wir daher Ew. Majestät unsere ehrfurchStvolle 
Huldigung dar, indem wir ausrufen: „Hoch lebe Se. Majestät 
der Kaiser Franz Josef l." 
Darauf erwiederte der Kaiser: 
„Die Versicherungen treuer Ergebenheit, welche Sie so 
eben an Mich gerichtet haben, erfüllen Mich mit aufrichtiger 
Genugthuung. Die Ereignisse im Orient haben, wie bei den 
befreundeten Herrschern der beiden großen Nachbarstaaten, sö 
auch in Mir den Entschluß nur zu befestigen vermocht!, daö 
Verhältniß zwischen Unseren Reichen zu einem noch näheren 
und innigeren zu gestalten. Ich hege die zuversichtliche Er- 
Wartung, daß es diesem Verhältnisse, so wie den vereinten 
Bemühungen der anderen europäischen Großstaaten, zu denen
	        

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