Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

landwirtschaftlichen Brennereien entsprechende Begünstigungen 
zugewendet.werden >soPn. . 4. In Ansehung der Beitragslei 
stung zu dnl gemeinsamen Angelegenheiten wurde sowohl das 
b^rigeWGtenveMWliß a!S der Abzug der Steuerrestitutio- 
»kWvon s'WW' gtmeikfamen Zollerträgniß beibehalten, mit der 
ModifiWe»tt jedoch, daß die beiden Reichshälften an der Re- 
stitution für exportirten Zucker, Branntwein und Bier in dem 
Verhältniß partizipiren, in welchem Jahr für Jahr die Brutto- 
Ertragnisse der Steuern für diese einzelnen Artikel in beiden 
Ländergebieten zu einander stehen. 5 DaS Recht zur (Smdb« 
tung einer selbständigen Zettelbank wurde von beiden Regie- 
run.gen sich gegenseitig zuerkannt. Für die nächsten 10 Jahre 
jedoch soll unter prinzipieller Anerkennung der Einheit der 
Note und ihrer Bedeckung in den beiden Ländergebieten zur 
ausschließlichen Ausgabe von Banknoten nur eine Bankgesell- 
schaft mit zwei coordinirten in Wien und Budavest zu errich 
tenden, Bankanstalten und mit einem paritätisch zusammenge- 
setzten Centralorgan ermächtigt werden, dessen Attribute auf 
jene Agenden beschränkt sein sollen, die aus der Einheit der 
Note und der Verwaltung deS Bankvermögens mit Notwen 
digkeit folgen. Von der statutenmäßig emittirten Notenmenge 
sollen' der Bankanstalt in Wien 7() Prozent und der Bank- 
Anstalt in Budapest 30 Prozent zur auSschießlichen Verwen- 
dung im Bankgeschäfte zur Verfügung gestellt werden. Zugleich 
haben beide Regierungen ein Programm zur Ausführung die- 
ser prinzipiellen Abmachungen formulirt, welches sie, vorbehält- 
Üch der nothwendig erscheinenden technischen Modifikationen, in 
den Verhandlungen mit der betreffenden Bankgesellschaft in 
seinen Grundzügen zu Geltung zu bringen bestrebt sein werden. 
Dieses Progamm enthält insbesondere Punktationen über die 
Örgamsation der beiden Bankdirektionen, sowie deS leitenden 
CentralorganeS der Unternehmung, dessen Wirkungskreis in den 
wichtigsten Beziehungen präzisirt wurde; ferner Punktationen 
über die örtliche Aufbewahrung deS einheitlichen statutenmäßigen 
MetallschatzeS der Bank, über welchen nur das Centralorgan 
der Gesellschaft zu verfügen hat, sowie über die Bildung eineS 
außerhalb der Bank stehenden Controle-OrganS zur Überwachung 
deS Bestandes deS BedeckungSschatzeS. 
. Bosnien, lieber die letzten großen Kämpfe, welche zwi- 
schen den Insurgenten und den Türken stattgefunden haben 
schreibt man der A. A. Ztg. folgendes: 
Die Spannung, mit welcher die blutigen Kämpfe im Du- 
tzü-Pässe hier an der Gränze verfolgt wurden, ist eine unbe- 
schreibliche. Gegenüber den Vorgängen in der Herzegowina 
werden jetzt die sich wiederholenden kleinen Gefechte in Boe- 
nien gär nicht beachtet. Man ist sich bewußt, daß eigentlich 
der ganze Schwerpunkt des AufstandeS in der Herzegowina 
liegt uttd daß ein Erfolg oder Mißerfolg der dortigen Insur 
genten von nachhalliger Wirkung auch auf Bosnien, ja theil- 
weise auch auf die Haltung Serbiens fein werde. Daher die 
yroße Niedergeschlagenheit als nach türkischer Quelle die „glän- 
zenden^ Siege Mukthar Paschas im Duga-Passe gemeldet 
würden. Dieser HiobSpost folgte aber gleich den andern Tag 
auf dem Fuße die Nachricht aus dem Lager der Insurgenten, 
daß gerade im Gegentheil Mukhtar Pascha von den Jnsurgen' 
ten gänzlich geschlagen wurde und diese Nachricht verursachte 
einen unbeschreiblichen Jubel in den Reihen der Insurgenten 
BoSnienS. Darüber wie die angeblichen Siege Mukhtar Pa» 
schaS durch den Telegraphen verbreitet wurden, habe ich aus 
guter Quelle ganz interessante Details. Bekanntlich besteht 
zwischen Ragusa und dem Kriegsschauplätze keine telegraphische 
Verbindung und die Nachrichten können erst am andern Tag 
nach Ragusa gelangen. Die telegraphischen Nachrichten vom 
Kriegsschauplätze kann man daher nur über Cetinje am ehesten 
erhalten. Nun geschah eS, daß am Freitag den 23. April, 
als der blutige Kampf im Duga-Passe wüthete, ein Beobach 
ter im montenegrinischen Kloster Ostrog aufgestellt wurde um 
die Bewegungen, soweit sie von da wahrnehmbar stM telegM 
phisch nach Cetinje zu melden. Dieser Beobachter Meldete nun 
Nachmittags, daß vor vielem Pulverdampf gar nichts wahr- 
nehmbar sei, daß aber nach dem Kanonen und Gewehrfeuer zu 
urtheilen, die Türken in der Nähe von Niksitsch sein müßten. 
Dieses Telegramm wurde dann von Cetinje aus an einige 
Vertrauenöpersonen nach Wien, Agram, Neusatz und Belgrad 
noch mit dem Zusätze weiter telegruphirt: daß Mukhtar Pascha 
wahrscheinlich den Duga-Paß forcirt und bis AbendS in Nik- 
sitsch sein werde. DaS Telegramm ging nach 6 Ubr von 
Cetinje ab. Da Ragusa die Durchgangsstation von Cetinje 
ist, so wurde dieses Telegramm in Ragusa aufgenommen und 
dem. dortigen türkischen Consul mitgetheilt; dieser machte M. 
aber gleich daran nach Konstantinopel zu telegraphiren, daß 
Mukhtar Pascha den Duga-Paß forcirt und die Nacht bereits 
in Niksitsch zugebracht habe. Indessen hat sich die Sache in 
Cetinje den andern Tag ganz aufgeklärt. Die Insurgenten, 
die im Duga-Passe sehr beschäftigt waren, mußten Verstärkun- 
gen von der CernirungSlinie Niksitsch an sich ziehen. Dieß 
erleichterte einigen hundert mohammedanischen Bewohnern von 
Niksitsch auf Schleichwegen bis nach PreSjeka vorzudringen 
und sich deS dort befindlichen kleinen Proviants zu bemächti- 
gen. Als sich darüber der Kampf zwischen diesen Türken und 
der Garnison von Niksitsch einerseits und den Insurgenten 
andrerseits entspann, so schien eS von der montenegrinischen 
Grenze als wenn dieser Kampf eine Fortsetzung deS Kampfes 
im Duga-Passe gewesen wäre, wogegen, wie es jetzt konstatirt 
ist, kein einziger Soldat Mukhtar' Pascha's Niksitsch zu Gesicht 
bekam, sondern die ganze Armee Mukhtar Pascha's ganz, wie 
in der Charwoche, nur noch mit größeren Verlusten, nach 
Gatschko zurückgeworfen wurde. 
Die Aufständischen in Bosnien haben eine Proklamation 
an die mohammedanischen Einwohner der Provinz erlassen. 
Der Aufruf, mit cyrillischen Lettern gedruckt, circulirt in BoS- 
nien in vielen Tausenden von Exemplaren, und lautet nach 
der „Polit. Corr." wie folgt: „Landsleute! Schon an l() 
Monate wird in der Herzegowina und in Bosnien neuerdings 
Blut vergossen. Die Söhne eines und desselben Landes käm- 
pfen und schlachten einander hin; Söhne eineS Volkes stehen 
mit einander im Bruderkampfe. Ihr wißt, daß wir darum zu 
den Waffen griffen, weil unS die Unterdrückung seitens der 
oSmanifchen BegS, Effendi'S und Schahi'S schon unerträglich 
geworden. BiS jetzt benützten die OSmanen die Truppen der 
SultanS, asiatische Asker, um unseren für die heilige Sache 
unserer Befreiung geführten Aufstand zu unterdrücken. Nun 
aber rufen sie schon unsere Brüder gegen uns in den Kampf, 
den Bruder gegen den Bruder! Älnpfanget unseren brüder- 
lichen Gruß mit der Warnung: wohl zu bedenken, ehe ihr in 
den Kampf gegen uns zieht, daß wir einen'gemeinsamen Feind 
zu bekämpfen haben. Ihr wißt eS, daß die OSmanen auch 
euer Blut nie geschont, daß ihr vom oSmanifchen Joche fast 
eben so viel zu leiden hattet als wir. Ihr wißt, daß wir alle 
BoSniaken sind, eine Sprache sprechen, Söhne eines Volkes 
und eines Stammes sind, daß uns die OSmanen nur darum 
in zwei Lager getheilt, um unS desto leichter zu bekämpfen. 
Nun aber gibt eS auch in anderen Staaten Anhänger ver-- 
fchiedener Glaubensbekenntnisse, ohne daß diese sich, wie bei 
unS, bis aufs Messer gegenüberstehen würden. Die Flamme 
veS AufstandeS lodert neuerdings in unseren Landen hoch auf. 
ES gilt die Bertreibung der Osmcrnen; noch im Lause dieses 
Jahres wird unser Land von den OSmanen gesäubert fein 
und unS dann die golvene Sonne der Freiheit leuchten. Jeder 
etwaige Widerstand von eurer Seite wird vergeblich sein, denn 
der Zusammenbruch des OSmanenreicheS läßt sich nicht auf- 
halten. Nochmals unseren brüderlichen Gruß! leistet den 
Rufen der BegS und der OSmanen keine Folge! Bleibt ruhig, 
bestellet HauS und Hof, hütet eure Kinder und Angehörigen I
	        

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