Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

/ 
— 72 — 
, > 
Anderen früher als sich selbst Rettung zu bringen bemüht war. 
ES gelang ihm eineS der kleineren Boote flott zu bekommen, 
doch auch dieses schlug vom Strudel deS sinkenden Schiffes er 
faßt um und wenige Augenblicke darauf ließ den wenigen 
, Ueberlebenden und mit den Wellen Ringenden die rings umher 
eingetretene Todtenstille keinen Zweifel über das Schicksal ihrer 
Meisegefährten. Nachdem sich das englische Boot von seiner 
Seetüchtigkeit überzeugt hatte, obwohl sein Bug zersplittert und 
auch sonst noch Schaden angerichtet worden war, fuhr eS wie 
der auf den Schauplatz der Katastrophe, um zu retten was zu 
retten war. ES nahm auch die Schwimmenden und auf Bal 
lon und Fässern Angeklammert, n fast im letzten Momente ihrer 
Todesmattigkeit auf und fuhr dann mit ihnen weiter 
Von den 33 Männern der Bemannung ertranken oder 
verbrannten 11 und von den 26 Passagieren kamen 19 um, 
im Ganzen, gingen also 30 Personen zu Grunde. Nach den 
Aussagen der Passagiere und deS italienischen Kapitäns scheint 
der Engländer die Schuld dieser Katastrophe zu haben, 
da er weder einem Signale gehorcht, noch sich auch später 
schnell genug zur Rettung der Verunglückten eingefunden haben 
sott, wobei aber das letztere unglaubhaft erscheint, zumal bei der 
Todesangst der Verunglückten die Beurtheilung der verflossenen 
Zeit nicht genau sein konnte; ferner soll dieser Kapitän zuerst 
daraus bestanden haben, seine Fahrt nach der Sulina-Mündung 
fortzusetzen, indem er versprach die Geretteten in Konstantino- 
pel abzusetzen und später, als er schon vor PiräuS war, wollte 
er wieder die Leute landen lassen und davon fahren. Endlich 
sügte er sich aber und fubr 7 Uhr (MontagS) in den Hafen 
von PiräuS ein, woselbst sogleich mit ihm ein Verhör aufge- 
nommen und daS englische Schiff von der Trinacria und der 
EeeversicherungSbank „Archangel" für den Werth deS verlöre- 
nen Schiffes, d. i. 800,000 Fr., in Beschlag genommen wurde. 
Der „Agrigento" war ein 3 Jahre alteS Schiff von 1400 
Tonnen Gehalt und mit einer Maschine von 150 Pserdekräf- 
ten. Er führte Waaren und Geldsendungen im Werths von 
2 Millionen mit sich, die zum größten Theile versichert waren. 
Die Leichen der aufgefischten Ertrunkenen wurden in feierlichem 
Leichenbegängnisse in PiräuS bestattet. Der englische Kapitän 
veröffentlicht einen Protest gegen die Beschlagnahme und mißt 
dem Italiener die Gesammtschuld bei. Die über den Vorfall 
eingeleitete Untersuchung dauert fort. 
* Par-iö, 26. April. (Der Theaterbrand in Rouen.) 
Der „Nouvelliste" von Rouen bringt folgende Einzelheiten über 
den großen Brand, welcher letzte Nacht dort gewüthet hat. 
DaS große Theater und die Häuser, welche es umgeben, im 
ganzen 12 Häuser, wurden ein Raub der Flammen. Männer 
und Frauen verbrannten, erstickten oder wurden mehr oder 
»veniger schner verwundet. DaS Feuer brach gegen 7 V4 Uhr 
auS und um halb 3 Uhr war daS Theater nur noch ein un- 
geheurer Feuerherd; um 8 Uhr standen die Häuser in der Um- 
gebung des Theaters in Brand; eS war ein furchtbarer An 
blick; daS Feuer bot allen Anstrengungen Trotz. ES sollte 
Hamlet gespielt werden. Fast alle Choristen und Sänger, so 
wie die Angestellten und die für den Dienst kommandirten 
Soldaten, welche im Stück siguriren sollten, befanden sich be- 
reitS im Theater, als eine GaSffamme den Borhang entzündete. 
In einem Augenblick stand die ganze Bühne und der Sqal in 
Klammen. Den Armen, die sich im Innern des Theaters be- 
fanden, blieb nur ein Weg übrig sich zu retten: sie mußten 
vom 4. und 5. Stock herabspringen. Die Leute auf der 
Straße sahen mit Schaudern menschliche Gruppen, die sich an 
den Eisenstäben der Fenster anklammerten. Alles holte sofort 
Matratzen herbei; man ^warf sie auS den Fenstern herab und 
legte sie auf das Pflaster um daS Herabspringen der Unglück 
lichen weniger gefährlich zu machen. Es war ein schreckliches 
Schauspiel, als die Choristinen und Choristen, sowie die Solda- 
ten, die schon die Cuiraffe und Helme angelegt, sich auf die 
Straße hinabstürzten. Die Zuschauer waren so erschreckt, 
daß sie kaum Kraft hatten, denen welche herabfielen M Hülse 
zu kommen. Eine Frau, eine Anktqiderin, die sich an tttop» 
Gesims festhielt, half während 10 Minuten anderen Frauen 
sich herabzulassen. Als sie glaubte, daß alle gerettet seien, 
dachte sie an ihr eigenes Wohl. Man warf ihr ein Seil zu, 
sie befestigte sich dasselbe am Arm und sprang dann herab. 
Aber daS Seil riß und sie wurde zuerst auf einen Balken und 
dann auf die Straße geschleudert. Als man sie aufhob/ fand 
man den Schädel gespalten und eine der Hüsten zerbrochen. 
Alle Sänger und Sängerinnen, die ihre Logen im ersten 
Stock hatten, wurden gerettet. Nur Madame PreyS kam umh 
sie wußte daß ihr Mann in den oberen Stockwerken wärmste 
eilte dorthin und fand in den Flammen den Tod. Ein Sänfc 
ger Guillemot, der alles aufgeboten um seine Colleginnen W 
retten, wäre beinahe selber umS Leben gekommen, eS gelang 
ihm jedoch den Flammen zu entkommen, doch hatte er furcht' 
bare Brandwunden am Arm und an der Hüfte. Die bis 'fügt 
bekannte Zahl der Todten beträgt 8, wovon 5 Militärs ; die 
Zahl der Verwundeten, die nach dem Hospital gebracht 
wurden, bis jetzt 13, 8 Soldaten nnb 5 Choristen. Erst heute 
Morgen um 8 Uhr wurde man Herr des Feuers. 
* In Wien ist kürzlich der Baron Georg Simon von 
Sina, einer der reichsten Männer der Welt, gestorben: Er 
hinterlaßt ein Vermögen von ungefähr hundert Millionen 
Gulden, zum Theile in großen Landbesitzungen bestehend. Der 
Name Sina ist mit ihm ausgestorben, da ihn nur <1 Töchter 
und kein Sohn Überlebt haben. Die Töchter sind die Fürstin 
Npsilanti, Gräsin Wimpffen, die Fürstin Maurocordato und 
die Gräfin de Castris» 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler 
Nichtamtliche Anzeigen. 
Äf irca 25 Zentner Fettheu und Grumet sind zu verkau- 
fen beim Wirth Gantner zu Planken im Liech 
tensteinischen. 2 i y 
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 28. April. 
Der halbe Metzen 
beste ( 
mittlere 
geringe 
st-> 
kr. | 
L&j 
kr. j 
LLJ 
kr. 

3 
40 
1 3 I 
15 
3 
05 
Roggen . . . . 
2 
80 
1 2 
60 
2 
50 
Gerste . . . . * 1 
■ 2 
70 
2 
50 
2 
30 
Türken ... . 
2 
80 
2 
50 
2 
20 
Hafer ..... | 
1 
70 
1 
60 
1 
50 
Thermometerstand nach Reaumur in Baduz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witter ung. 
April 
26 
+ 6J/4 
+ 14 
+ 5 V 2 i 
trüb; Reg. 

27. 
+ 5 
+10 
+ 8 t/z 
halb hell 
w 
28. 
+ 5 
+ 17 
+ 10 
% hell 
H 
29 
+ 7 
+ 8 
+ 7V| 
trüb; Reg. 
U 
30. 
+ 3^2 
+13% 
+11 
fast hell 
Mai 
1. 
+ 6 
+13 
+11 
halb hell 

2. 
+ 5 
+ 8 
+ 6 
trüb; Reg. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
3. Mai Silber . . . . . .... 103.15 
, 20-Frankenstücke ....... 954, 
Druck von Heinrich Graff in Feldtirch.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.