Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

— 7 — 
gestalten So ist eS bekannt, daß die gegenwärtig herrschen, 
de „liberale" Partei unter dem Kommando deS Minifterpräsi 
denken Tiiza den Kampf de« Ma^yarenthumS gegen die übri- 
gen Bölkerstämme Ungarns mit erneuter Lrärke begonnen hat 
DaS unselige Gift veS RationalitätenhaßeS hat sich w»e er 
neueidingS verbreitet. 5öti<* nicht magyarisch im öande ist, 
soll auf daS AuSste'beetat gesetzt werben. Dah^r rührt die 
Feindschaft gegen die blübenden sozialen Schöpfungen d<r 
Siebenbürger Sachsen, da der zu «eist auch der Feldzug qeqen 
rumänische, rutbenische, slovakische und serbische Schulbücher 
Uno dies geschieht alles m demselben Momente, wo die ®e 
mütber in Lüdungarn durch die Ereignisse auf d«m benach- 
harten türkischen Kriegsschauplätze in größter Aufregung fit 
befinden Nimmt man nur dieie Verhälrmsse genauer in An- 
betracht, so laßt stch nicht verkennen, daß Oesterreich—Ungarn 
einer s^w-erigen Zei'penode entgegengeht 
Schweiz. Die Budgetberathungen der Bundesversammlung 
in Bern haben dieses Zabr zum ersten Male mt einem bei 
nahe unausweichlichen BundeSdesizit geschlossen Die ganz 
enormen Militärauslagen schönen die Ursache hievon zu sein 
Jedenfalls tragt der gegenwärtige Zustand in dieser H nstcht 
Nicht da«» bei, den schweizerischen PatnotiSmuS zu erhalte" 
oder zu heben. 
— Dem „Bund" wird von mehreren nach Amerika auS' 
gewanderren Schweibern aus New-Uork ges^r»eben: „Unsere 
auSwan"erungslustigen ^andsleute warnen wir. momentan nach 
Amerika zu kommen, da es gewiß zu dieser Zeit kaum irgendwo 
schlimmer se>n kann alS hier, und auch keine Aus st dt vochan- 
den ist. daß sich diese Zustande in nächster Zett bessern. Be 
sonders machen wir sie auch daraus aufme»ktam und bitten 
ste in ih em eigenen Interesse, schweizerische Emigranten Haus r 
zu meiden, wenn ste nach Nw g)orf kommen. Man muß in 
solchen Häusern bei schlechtem Vo.iiö und erbärmlicher Kost 
ganz enorme Preise befahlen und bat von „diesen Landsleuten" 
nicht einmal guten Rath zu erwarten, da ste eben nur so 
lange. alS das Geld rei^t. LandSleute fein wollen. D'e mri 
Pen die »er Gasthäuser befinden sich in der Greenwich, Street, 
nennen sich großartig „Giütli", „Drei Bundekch'üder", „Wil> 
Helm Tel!" zc. und haben alle den Schweizerschild am Hause 
hängen " 
Frankreich. Die Wölfe richten in verschiedenen Gegen- 
den üra"l,elchS beträchtliche Verheerungen an. An einem e>n^ 
zigen Orte sind ganz kürzlich von eiper Heerde von 397 
Schafen 72 Stück erwürgt gefunden worden und 23 Stück 
verschwunden. Daber Anoidnung von Wolfsjagden. 
Türkei. Wiederum bat die türkische Regierung . einen 
Schritt gerhan der auf nichts weniger als auf friedliche Ab 
sichten der Pforte schließen läßt Einem an die „Polit Corresp " 
auS Rustschuk gerichteten Schreiben entnehmen wir darüber 
folgendes: Wie bekannt, bat die türkische Regierung einen gu« 
ten Theil der vor einigen Z »hren massenhaft in Rußland auS 
gewandertenTartaren und Tiverkessen zur Ansiedelung in Bai 
garien bestimmt Es in damit fern sonderlich friedfertiges Ele> 
ment in die Provinz gekommen. Hat scho> die chtiftl che Be 
völkerung Bulgariens genug unter der drückenden Behandlung 
seitens der eingebornen MoslimS zu leiden gehab», so »st wabr< 
lich ihr LooS durch die eingewanye'ten Tscherkessen kein benei 
denSwenheS geworden. An religlöiem ^anatiSnuis die beimi 
sche türkische Bevölkerung überbietend, zeichnen sich dieselben 
vor dieser auch noch durch >ine unbezwingbare Wildheit a »s, 
welche den Verkehr mit ihnen zur Gefahr stempelt. Bei Aus 
bruch der Wirren in de« Herzegowina und i» Bosnien bemächtigte 
sich ihrer eine Gahrung welche :n dem an die Behörden ge- 
stellten Verlangen um Bewaffnung Ausdruck tand. D-e tscher 
kessischen Ansiedler wollten dadurv nicht nur che Loyalität l'e 
weisen, sondern exaltirn-rn sich thalsächitch üb r den ihnen nahe 
ge.egenen Gedanken: daß mit ven auffttigenven Gefahren für 
daS Osmanifche Reich auch eine Katastrophe für den Islam, * 
«nd dadurch auch für ihre eigene Existenz, im Anzüge fei. 
Nichts kann sie mehr »n Eckstase bringen alS die etwaige Au<- 
stcht w'eder unter christliche Herrschaft zu gelangen. < Die tür- 
fische Regierung gab damals nur theilweise und in beschränk- 
tem Maß ihrem Begehren ftolge. ES wurden an einzelne ti'cder- 
keMde Ansiedelungen hie und da ein paar hundert alter meist 
wenig brauchbarer, Gewehre vertheilt. Eine allgemeine Be 
waffnung und militärische Organtsirung der tfcherkess«schen Co- 
lonien wollte damals d»e Reg erung nicht vornehmen Neue- 
ttenS scheint aber ein Umschwung ver Ant'chaunngen in dieser 
Richtung in Konstantinopel einqet»eten zu sein. Der Groß- 
wessier hat nicht nur die Bewaffnung der in Bulaar?en ange- 
itedelten Tscherkessen mit Gewehren neuester Coustruktion, 
sondern auch deren militärische Organisation angeordnet. Ter 
Kriegsminister Ramyk Pascha bat zu diesem Zwecke einen, 
vollständigen Organtsationsplan h eher gelangen lassen, nach 
welchem 12 tscherkessische Bataillone ä 750 Mann gebildet 
werden sotten. Die Bataillons-Kommandanten werden von 
d»r Reg'erung ernannt we'den, dagegen bleibt die Wahl ihrer 
Subaltern Off zi re den Kaukasiern überlassen. Erst vor kunem 
«it aus Enerum ein TranSpou von f 200 Mann Ttche»kessen 
eingetroffen, welche den Cadre für das neuzubildende tfcheikes- 
s'sche Armeekorps abgeben »ollen. Wie verlautet, soll dieses 
Ko?pS, dessen Orgamsirung ebeüenS bewerkstelligt ieui muß, die 
Bestimmung haben die Tlmok Gränze gegen Serbien zu besetzen, 
^instweil n aber zittert die christliche Bevölkerung Bulgariens 
in Ermattung der Dmge, welche dieses militärische Aufgebot 
ver Tsderkessen für sie zur Folge haben soll. 
Amerika. Der Präsident Grant sumirt am Schlüsse 
seiner Botschaft die Hauptpunkte, welche er dem Kongrey der 
Bereinigten Staaten zur dringenden Berücksichtigung empfiehlt, 
daviu zutammm: 
l) daß die Staaten verpflichtet werden gute freie 
Volksschulen für jedeS Knd zugänglich zu machen; 
2) daß kein rellgiöser Sektenunlerricht in irgend einer 
freien Staats- oder Volksschule, de vom Staat oder von * 
öffentlichen Steuern erkalten wi«d, enheilt werden darf; 
3) daß der Volksunterricht obligatorisch fei und alle diese- 
* nigen, welche nach dem Irbre l890 nicht lesen und schreiben 
können, als deS Stimmrechts verlustig gehen \ 
4) daß Kirche und Staat für immer getrennt und jedes 
frei in feiner eigenen Sphäre fein, das Kirchenvermö^en aber 
besteuert werden soll; 
5> das licentiirte Unsittlichkeit, namentlich die Polygamie 
der Mormonen und die Einfuhr chinesischer Frauenzimmer für 
unsittliche Zwecke, streng ve»pönt werden soll; 
6) baß solche Gesetze erlassen werden, welche eine baldige 
Rückkehr zu einem gesunden Geldkourant, das die Achtung der 
Welt verdient, stchern. 
Volkswirthschastliches. 
Die Arbeit in Europa und in Amerika. 
lieber dieses Thrma t><»t Sjv. Couatd Aoung (Cbef des 
statistischen Bureau'6 in Waohington) ein werthvolles Werk 
in englischer Sprache herausgegeben. (Kin R-censenl bespricht 
i> f*c^ We k in der „Allg Zeitung" unv läßt dann sehr inter- 
essante Mt <en über die Albeitsverhältnisse, die Löhne, die Un- 
t rdaltung^kosten zc. der A'beuer del dauptsächlichsten ^Nduftrie- 
staaien folgen. t£S dürfte für die Les.r der „liechtensteini'chen 
Wochenzeitung" inteieffant sein, dl«ruber einiges zu elfatuen, 
und wir wollen daher im Nachfolgenden einiges nach den An- 
gaben de6 R censenten mittheilen.. D«e Preisansätze sind in 
Dollars angegeben. Zur Umrevnung ln Franken oder Gulden 
nimmt man ver ^etchtigkelt halber den Dollar = 5 fr. — 2 st.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.