Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

Liechtensteinische 
Vierter Jahrgang 
Freitag 
Nr. 18, 
den 5. Mai 1876. 
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werden franco erbeten an die Redaktion in Vaduz. 
Vaterländisches. 
Vaduz, 1. Mai. (Bezüglich der Aichung) wird 
seitens des k. k. Aich-JnspektorateS in Innsbruck Nachstehendes 
öffentlich bekannt gegeben: 
Der 8 1 der Ministerial-Berordnung vom 25. September 
1875 schließt die Mitwirkung der Aichämter bei der Anbringung 
deS Aichstriches auf den Schankgläsern ausdrücklich auS, weß- 
halb die Parteien darauf hingewiesen werden, daß nach dem 
Wortlaute deS 8 2 der ektirten Verordnung der Inhaber deS 
SchankgewerbeS allein für die Anbringung deS AichstricheS 
verantwortlich ist und daher auch die Richtigkeit desselben per- 
sönlich zu kontroliren hat Die Kontrole über die richtige An- 
bringung deS AichstricheS kann der Schankbesitzer dadurch vor- 
nehmen, daß er die aus der Glasfabrik bezogenen, mit An- 
Zeichnung und Aichstrich versehenen Gläser mittelst gewöhnlicher, 
richtig geaichter Zimente der entsprechenden Maßgröße, welche 
jeder Wirth besitzen muß, prüft (abmißt). 
ES wird dies um so leichter möglich sein, als die Fehler- 
grenze bei den Schankgefäßen mit dem doppelten Werths der 
für die Zimente bestimmten, festgesetzt wurde«, und daher für 
die Anbringung deS AichstricheS ohnehin ein ziemlich weiter 
Spielraum gewährt wurde. 
Außer dem richtig angebrachten Aichstriche muß aber auch 
jedeS GlaS noch das gesetzlich vorgeschriebene Uebermaß besitzen, 
welches laut Verordnung deS k. k. Handelsministeriums vom 
20. November 1873 bei den Trinkgeschirren 
von 1 üitet wenigstens 20 Mm. 
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vom Flüssigkeitsspiegel bis zum Rande betragen muß Bei 
den im. Ausschänke vorkommenden Flaschen der Gewerbetrei- 
henden darf der Flüssigkeitsspiegel bei richtiger Füllung bis 
zum vollen Inhalte nicht über der halben Höhe deS Halses 
liegen. 
Baduz, 1. Mai. Mit Gebrumm und Gesumm haben 
die Maikäfer ihre Saison begonnen. ES gehört deßhalb 
zum guten Ton der Ankunft derselben einige Zeilen zu widmen. 
Die Maikäfer darf man mit Fug und Recht als die Heu- 
schrecken deS Abendlandes bezeichnen; über und unter der Erde 
sind dieselben unersättliche, schonungslose Banditen; Larven 
fressen sogar 25—30 Fuft hohe Obstbäume an und berauben 
diese vorzüglich ihrer Wurzelhaut. Wer solche leidende Bäume 
je gesehen, wem je ein LieblingSbaum gegilbt und endlich ein- 
gegangen ist, der wird sich nicht zum Sachwalter dieses gemein- 
schädlichen KäferS aufwerfen. Durchschnittlich braucht daS In- 
sekt 4 Zahre um sich aus dem Engerling bis zum fertigen 
Käfer zu entwickeln, während er als solcher schon nach kurzer 
LenzeSlust sein Leben schließt, aber nicht ohne für eine überreiche 
Nachkommenschaft gesorgt zu haben. 400—500 Eier legt ein 
Maikäfer-Weibchen und auS denselben schlüpfen im nächsten 
September die etwa 3 Linien langen Engerlinge, um sich so 
fort an die Wurzeln von GraS und Saat zu machen. Dann 
fallen die Latven in tieferem Boden in den Winterschlaf, kem- 
men aber zum Frühling allemal wieder höher herauf, um wei- 
ter zu fressen, bis auch sie sich vollständig ausgebildet haben. 
Allerdings tragen die „Maikäferjahre" ihr Korrektiv in sich 
selbst: die fette Nahrung veranlaßt starke und mehrmalige Brüten 
derjenigen Vögel, welche die natürlichen Feinde des Maikäfers 
sind; unter ihnen voran der St aar. Daher sind auch die- 
fer und di- andern gefiederten Käferver tilger zu schützen und 
zu pflege; "W»so oon anderen Thieren namentlich die Maul- 
wlkrfe zu schonen: ein Maulwurf kann deS TageS, da er 
dreimal mehr zu fressen vermag als er wiegt, 20 bis 30 En 
gerlinge und Käfer verspeisen. Aber auch direkt muß der Mensch 
die Verwüster seiner Kulturen bekämpfen und daS geschieht am 
besten deS Morgens. Dann sind die Käfer zumeist frosterstarrt 
und lassen sich leicht von den Bäumen schütteln. Hierauf töd- 
tet man sie in heißem Wasser, schichtet sie zwischen Laub und 
Erde und gewinnt dadurch einen äußerst fetten Dünger. Nach 
Professor Stöckhardt haben 100 Pfund frische Maikäfer einen 
Dungwerth von 2 Mark. Bon anderen Verwendungen abge- 
sehen, macht also schon diese den gemeinschädlichen Käfer wenig- 
stenS noch im Tode nutzbar. 
Ausland. 
In Deutschland hat der Rücktritt Delbrücks, deS Präst- 
denten des Reichskanzleramtes, von dem Posten, den er seit 
der Begründung deS norddeutschen Bundes innegehabt, unge 
heures Aufsehen erregt. Auf die Frage, auS welchen Grün- 
den Hr. Delbrück feine Entlassung nachgesucht, wird, wie eS 
scheint, auf seinen eigenen Wunsch, die Antwort ertheilt, daß 
lediglich Gesundheitsrücksichten bestimmend gewesen seien. Die 
„Tribüne" dringt über diesen hochverdienten Mann folgende 
Notizen: 
Rudolf Delbrück, geboren 1817 in Berlin, ist seit 1844 
die Triebfeder der deutschen Handelspolitik durch alle die Ent- 
wicklungSstadien deS Zollvereins, deS Norddeutschen BundeS 
und deS Deutschen Reiches hindurch gewesen. Ihm verdanken 
wir die Aufrechterhaltung deS Zollvereins und seiner fortschritt- 
lichen Principien in allen jenen Krisen, welche theilS diese 
Principien, theilS die Existenz deS Zollvereins selbst bedrohten. 
Ihm verdanken wir den Eintritt von Hannover, Oldenburg 
k. durch den September-Vertrag von 1851, ihm die Abwehr 
deS Eintritts von Oesterreich in jden Zollverein, den Eintritt 
des letzteren in die westeuropäischen Handelsverträge (Delbrück
	        

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