fler von den betreffenden OrdreS, wenn sie wirklich bereits er-
theilt waren, abzubringen. Sollte eS wider Erwarten nicht
der Fall sein, so ist die Sache doch schon so publik, um auch
der fremdländischen Diplomatie nicht mehr entschlüpfen zu kön
nen. Jahraus jahrein werden SanitätS-und Cholera-Congresse
abgehalten um Europa endlich einmal vor den Besuchen dieser
asiatischen Würgengel sicherzustellen. Nun sollte wegen
einiger Bataillone, die zudem noch die Bestimmung hätten die
mitgebrachten Pestkeime direkt an den europäischen Westen ab-
zusetzen, die Welt auch , noch von dieser orientalischen Frage
heimgesucht werden. DaS ist denn doch eine zu internationale
Angelegenheit, als daß nicht die Repräsentanten der Mächte ihr
mit Kaller Energie die Beachtung schenken sollten, welche sie
sicherlich mehr als Bosnien und die Herzegowina zusammen
verdient.
Bon militärischer Seite, welche die „Pol. Corresp." als
kompetent bezeichnet, geht dem genannten Blatt eine Uebersicht
über den eftektiven Bestand der Truppen der Aufständischen
wie der Türken in der Herzegowina zu. Die Streitkräfte der
Insurgenten bestehen nach dieser Darstellung aus 1100 Mann
der Stämme Prva, Zezeratz und Drobnjak, unter Lazar Sot-
schitz«, mit 250 Snider-, 400 Wänzl-Gewehren, 300 Minis-
Earabinern und einer Anzahl Vorderladern; 850 Mann der
Stämme von Gatschko, größtentheilS unter Führung deS Po-
Pen Bogdan Zimonitsch mit 150 türkischen Gnider-Oewehren,
100 Gewehren System Wänzel und im übrigen Vorderladern;
1200—1300 Mann der Stämme Banjani und Rudiva, von
dene» ca. 450 Mann unter Führung eines provisorisch an
Stelle des gefallenen Wojwoden Maksim Batschevitsch getre,
tenen Kapitäns fechten, und mit 280 türkischen Wänzel*Ge-
wehren, im übrigen mit Vorderladern bewaffnet sind; 350
Mann der Stämme von Nevesinje, unter Drago Obren, mit
50 Wänzel-Gewehren und 150 Borderladern; 300 Mann der
Stämme von Zubci und Korjen, unter Trisko Bukalowitsch,
bewaffnet mit Wänzel-Gewehren; 300 Mann der Stämme
von Suma, unter dem Popen Melentije; ca. 1000 Mann
Katholiken aus dem Popovopolje, unter Führung des katho-
lischen Geistlichen Iwan Mussitsch; 450 Mann unter Peko
Pavlowitsch, die Elite-Abtheilung der Insurgenten, die, ur-
sprünglich 300 Mann zählend, bereits 150 Mann an Todten
und 200 Mann an Verwundeten verloren hat; endlich aus
kleineren Banden unter Führung von Ausländern, auf welche
übrigens keine großen Stücke gehalten werden. Im Ganzen
beziffert sich die Streitmacht der Znsurgenten auf 4500 Mann,
bewaffnet mit 700 Snider-, 1500 Wänzel-Gewehren, einigen
Hinterladern verschiedener Systeme, im Uebrigen mit Vorder-
ladern. Die Streitkräfte der Türken wurden Mitte März
d. Z. auf 23,000—25,000 Mann berechnet, mit der Be-
merkung, daß dies den Rest von 40,000 Mann, welche
nach und nach auf den Kriegsschauplatz gebracht wurden,
darstellt; 17,000 Mann sollen in Folge von Gefechten, Krank-
Helten, Kälte und Hunger in Abgang gekommen seien. Die-
selben bestehen aus Nizam-Truppen, Redifs und Baschi-BozukS;
die Ersteren sollen den Kern der Streitmacht bilden, aber auch
diese sollen seit 1362 bedeutend an Werth eingebüßt haben;
denn sie seien in einer ganzen Reihe von Gefechten nur ein
einziges Mal (28. Jan.) angriffsweise vorgegangen und ha-
ben sich auf Entfernungen gehalten, die der Handvoll Jnsur-
genten ermöglichte, unbelästigt abzuziehen. Um die Unzuläng-
lichkeit deö türkischen Kriegswesens überhaupt zu charakleristren,
wird bemerkt, daß zur Zeit, als nach amtlichen Angaben über
150,000 Gewehre des Systems Henry-Martiny an die Trup-
Pen vertheilt fein sollten, nicht ein einziges dieser Gewehre in
der Herzegowina zu sehen war, ungeachtet auch Truppen der
Garnison von Konstantinopel an den Gefechten daselbst theil-
nahmen.
Rußland. Die bekannten neuesten Ereignisse in Central-
Asien dürften einen Blick auf die von den Russen gegenwär-
tig in Besitz genommenen turkestanifchen Ländereien nicht un
willkommen erscheinen lassen. DaS russische Generalgouverne-
ment Turkeftan,' wie eS sich gegenwärtig gestaltet hat, bildet,
wie die *W Ztg " mittheilt, nunmehr 4 Gebiete, nämlich :
l) das Syr-Darja, Hauptstadt Tafchkend mit 80.000 Ein-
wohnern. 2) SemiretschinSk (.das Gebiet der 7 Flüsse, von
welchen der Zli, der Karatal, der Ak-Sy und der Lepsa, sämntt-
lich in den Balkasch- oder DengiS-See fließend, die bedeutend-
sten sind); Haupstadt Wernoe, am nördlichen Abhänge des
Alatau-GebirgeS, mit 7000 Einwohnern. Zu diesem Territo
rium gehört auch daS frühere chinesische Land Kuldscha, ganz
im Osten, welches während deS DunganenkriegeS zum Schutz
und auf Bitten der chinesischen Bevölkerung besetzt wurde. 3)
Samarkand, vom Amu durchflössen, im Westen an Bochara,
im Süden an Hitsar gränzend, von welchem eS durch daS Ka-
rateghin-Gebirge getrennt ist; Hauptstadt die alte mittelasiatische
Chalifenstadt Samarkand, mit 35,000 Einwohnern. 4) Fer
gana, die Lücke zwischen Semiretschinsk, dem Syt-Darja-Ge-
biet und Samarkand ausfüllend; Hauptstadt Kokand, mit
60,000 Einwohnern. Die Strecke von Omsk nach Samar-
kand beträgt mehr als 2000 Kilometer; ebenso groß ist die
Strecke vom Einflüsse deS Amu in den Aral-See bis zur cht'*
nesischen Gränze. Das ganze Gebiet umfaßt etwa 4,000,000
Quadratkilometer, wobei sich freilich große Wüsten befinden.
Die Gefammtbevölkerung berechnet man auf 5 Millionen
Menschen: Kirgisen, Karakalpaken, Kiptschaken, Turkmenen und
andere Nomaden und Halbnomaden, Sarten, TadschikS, US-
beken, Chinesen, auch einige Juden und Afghanen, welche letz-
teren ebenfalls semitischen Ursprungs fein sollen.
Verschiedene^
* Vaduz, 20. April. (Die süddeutschen Münzen), als
Guldenstücke, SechSkreuzer-, Dreikreuzer-, Einkreuzerstücke und
Kupfermünzen werden bei den Staatskassen nach dem 30.
April d. I. nicht mehr umgewechselt und nicht mehr als Zah
lung genommen. Eine Verlängerung dieser Einlösefrist wird
nicht erfolgen. Die k. b. Regierung fordert daher npchmalS
zur Beschleunigung der Einlösung auf und warnt ausdrücklich
vor einem Abwarten der letzten Tage der EinlösungSfrist.
(Vaduz). Die Schnecken schaden wieder in den Wein-
reben; ein gemeinsames Einsammeln derselben wäre am
Platze.
• London, 22. April. Das englische Publikum wird
gegenwartig wieder durch eine Mordgeschichte in Athem ge-
halten, deren schauderhafte Einzelheiten Tag für Tag in den
Spalten der Blätter eingehend besprochen werden. Der Schau-
platz deS Verbrechens war die gewerbreiche Stadt Blackburn
in Lancasblre, das Opfer desselben ein siebenjähriges Mädchen,
Namens Emily Holland, das vor etwa drei Wochen sich von
Haus entfernte und nicht mehr zurückkehrte. Wenige Tage
darauf fand man in der Nähe der Stadt den Rumpf der
Leiche eines Mädchens in ZeitungSpapter verpackt, und die
ärztliche Untersuchung ließ keinen Zweifel darüber daß die arme
Kleine vor ihrem Tode schändlich mißbraucht worden war.
Eine Anzahl von Verhaftungen wurde vorgenommen; und
unter andern ward ein Landstreicher gesänglich eingezogen,
gegen den die Anzeichen stark zu sprechen schienen und der
beinahe der Volkswuth zum Opfer gefallen wäre. Der wirk-
liche Mörder war aber damit nicht gefunden, und wurde erst
entdeckt al< die Polizei Schweißhunde anwandte um die noch
fehlenden Stücke der Leiche aufzufinden. Im Hause eineö
VarbierS, Namens Fisch, fand man dieselben versteckt, und
Fisch versuchte auch nicht lange die scheußliche That zu läug-
nen. Den Spürhund dem die Entdeckung deS Mörders zu
verdanken ist, läßt der spekulative Eigenthümer für Geld sehen,
und so groß ist die Neugierde des Publikums von Blackburn