Liechtensteinische
Vierter Jahrgang.
Vaduz, Freitag
Nr. 17,
den 28. April 1876'
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Thau und Reif.
(Schluß.)
Eine Menge von Substanzen haben die Eigenschaft, die
Wärmestrahlen zurückzuhalten. Vermittelst eines Schirmes
von Holz, Papier, Leinwand u. s. w. wird die Ausstrahlung
oder der Austausch der Wärme zwischen zwei Körpern unter-
drückt. DaS GlaS läßt den größten Theil der von der Sonne
ausgegangenen Wärmestrahlen durch sich hindurchgehen, hält
aber die, von einem warmen und nicht leuchtenden Körper her-
rührenden Strahlen zurück. Daher die Wirkung der Gläser
in den Treibhäusern unv der Glasglocken, womit man die
Pflanzen Gedeckt, die Sonnenwärme dringt leicht durch die
Gläser und erwärmt die Pflanzen, und diese behalten den
größten Theil der empfangenen Wärme; denn sie können sie
durch das GlaS nicht ausstrahlen.
Nicht alle Körper haben gleiches ÄuSstrahlungS- oder
AuSstoßungSvermögen, das heißt, nicht alle lassen mit
der gleichen Leichtigkeit in Strahlensorck die Wärme entwei-
chen, die sie in ihrem Innern bergen. Die Gase, die Luft,
zum Beispiel, besitzen dieses Vermögen fast g a r n i ch t, und
polirte Metalle nur in sehr geringem Grade. Um dieses zu
beweisen, genügt es, darauf aufmerksam zu machen, daß das
Wasser in einer glänzenden Theekanne lange Zeit hindurch
warm bleibt, in einem irdenen Gesäß dagegen, oder sogar in
einem mit Ruß bedeckten Geschirre aus Metall, sehr schnell
erkaltet. Holz, Papier, Zeuge, die verschiedenen Pflanzentheile
JC., haben ein weit beträchtlicheres AuSstrahlungSvermögen, als
die Metalle Von allen bekannten Körpern läßt die Ruß-
schwärze die innere Wärme der Gegenstände, welche man mit diesem
Stoffe bedeckt, am leichtesten entweichen. DaS AusstrahlungS-
vermögen eines Körpers ist dem Gins augevermögen desselben
gleich, das heißt: der "ihm innewohnenden Eigenschaft, schnell
eine große Menge Wärme in sich aufzunehmen.
Während deS TageS nun erwärmen sich die, auf der Ober-
fläche der Erde befindlichen, Gegenstände unter der Einwirkung
der Sonnenstrahlen; in der Nacht dagegen haben sie das Stre-
ben, dadurch zu erkalten, daß sie Wärme in die Himmels-
räume abgeben, deren Temperatur sehr nieder und vielleicht
mehr als hundert Grad unter Null ist. Zft der Himmel wölken-
los, so widersetzt sich nichts diesem wechselseitigen Austausche
von Wärme zwischen dem Boden und den Himmelräumen,
was eine beträchtliche Erkältung deS erstern zur Folge hat
Die Lust erkaltet nicht merklich; denn wie oben gesagt, kommt
ihr AuSstrahlungSvermögen fast in keinen Betracht. Jever auf
der .Oberfläche deS BodenS befindliche Gegenstand erkaltet um
so mehr, je beträchtlicher sein AuSstrahlungSvermögen ist; er
bedeckt sich sonach mit einer um so größern Menge Thau.
Deswegen schlägt sich ver Thau auf den Pflanzen, auf der
frisch gepflügten Erde, auf dem Glase auch so reichlich nieder,
während er keine gut polirte Metallplatte kaum benetzt.
Die Menge deS ThaueS, die sich an irgend einem Orte
bildet, nimmt augenscheinlich zu mit der Menge deS Wasser--
bampfeS, den die Luft enthält. Daher ist der Thau an den
Ufern deS MeereS, der Seen oder Flüsse sehr reichlich , wo-
gegen er in den Wüsten im Innern von Afrika fast gar nicht
erscheint. Ein sehr leichter Wind begünstigt den Niederschlag
deö ThaueS; denn er bringt nach und nach verschiedene Schich-
ten feuchter Lust mit dem erkalteten Boden in BMHrung;
allein der Boden erwärmt sich auch wieder um so meßr, je
stärker der Wind weht, dergestalt, daß eine bewegte Luft dtz
Erkältung deS Bodens und sofort die Bildung deS ThaueS
verhindern vermag. ^
Anders verhält eS sich mit diesen Vorgängen, wenn ta?
Himmel mit Wolken bedeckt ist; diese wirken atSdann gleich
Schirmen, die man zwischen der Erde und den HimmelSrüy-
men aufgestellt hat; sie widersetzen sich der WärmeauSstrahllM
deS BodenS, der sich nun in gleicher Temperatur mit der Lust
hält. Daraus erklärt sich auch, daß der Erkaltung des Boden«
durch die, in heitern Nächten vor sich gehende, Ausstrahlung
vorgebeugt werden könne, wenn man Schirme aus Stroh, Lem-
wand, Holz u. s. w. über dem Boden ausbreitet, und hie
Erfahrung bestätigt dieses thatsächlich. Spannt man nämlich
in einer hellen Nacht in den Monaten März oder April etwg
sechs Fuß über dem Boden ein Stück Leinwand oder eine Stroh-
matte auf, so wird ein über die Leinwand gehaltener Thermq-
meter zwei oder drei Grad unter Null zeigen und das nä<n-
liche thun, wenn man ihn an einer unbedeckten Stelle mit dem
Boden in Berührung bringt; setzt man den Thermometer aber
unter die Leinwand, so hält er gleiche Temperatur mit der
Luft, die acht bis zehn Grad über Null haben kann.
Die Schirme, welche die Gärtner zum Schutze der Spa
ltete, unv besonders der Pfirsiche, vor den FrühlingSfrösten an-
wenden, dienen daher dazu, den Pflanzen den freien
Ausblick nach dem Himmel zu verdecken, keineswegs
aber sie warm zu halten. Man würde die Spaliere durch
ihre Einhüllung in Leinwand nicht vor Frösten schützen; denn
die Leinwand würde die Erkaltung durch Ausstrahlung theilen
und zur Erkältung der Bäume beitragen.
Oft werden Feigen- und Lorbeerbäume oder andere aus
warmen Ländern stammende Pflanzen dadurch geschützt, daß
man sie mit dürrem Laube bedeckt odcr sie in eine dichte Lage
Stroh hüllt. Diese Schutzmittel haben aber nicht dieselbe Wir-
kung wie die gegen FrühlingSsröste angewendeten Schirme.;
denn die Oberfläche der Laub- oder Strohmasse kann in Folge
der nächtlichen Ausstrahlung sehr erkalten; diese Erkaltung
breitet sich übrigens nicht bis in das Innere der Masse auS;