schiebung kam gestern vor dem 2 Kriegsgerichte Von Paris zur
Verhandlung. Ein Grenadier der Garde Namens Chaplat
war im Jahre 1861 desertirt, hatte sich jahrelang im Auslande
herumgetrieben und wurde im Jahre 1869, da er (ich längst
vergessen glaubte, im Norme-Departement erkannt, ergriffen und
von den Gendarmen nach Auxerre geführt, von wo er mit der
Eisenbahn nach HariS spedirt werden sollte. UnterwegS trifft er
in Avallon im Gefangniß mit einem Landstreicher Namens
Marbchal zusammen, klagt diesem untern bittern Thränen sein
Leid, wie er eben im Begriff gewesen sich zu verheirathen, wie
er nun auch ein braveS Mädchen inö Unglück bringe und der-
gleichen mehr und überredet den gutmüthigen Vagabunden end-
lich sich an seine Stelle zu setzen. Dem brod- und obdachlo-
sen Tagediebe Marechal war nicht viel daran gelegen, zwei
Jahre — denn mehr soll eS nach d5r Versicherung ChaplatS
nicht absetzen — in den 4 Mauern einer Strafanstalt zu ver-
bringen; zu dem eröffnete sich ihm nach der Versicherung seines
SosiaS die Aussicht nach verbüßter Strafe in eine Diseiplinar-
kompagnie nach Afrika geschickt zu werden, was auf seine
Bummler-Phantasie einen besondern Reiz ausgeübt zu haben
scheint; endlich war Chaplat in der Lage ihm nicht undedeu-
tende pecuniare Vortheile anzubieten; 10 Francs auf die Hand,
dann in Vermanton. wo die beiden in einem unbewachten Au-
genblick ibre AgitimationSpapiere austauschen würden, nochmals
baa»e 200 Fr., wozu endlich noch 1000 Fr. treten sollen, die
für Chaplat, welcher seiner Zeit als Stellvertreter gedient hatte,
als Prämie im KuegSministerium erlagen. So wurde man
bald handelseinig.
In Vrrmanton sagte Marechal zu den Gendarmen: er
habe keine Papiere bei sich und möchte sich, >ehe er seine Hei-
malh verlasse, gern mit einem Paß versehen. Da müssen Sie
mit uns bis Auxerre kommen, sagten die arglosen Gendarmen,
denn hier in ter kleinen Kreisstadt kann Ihnen niemand einen
Paß ausstellen. DaS war eS gerade. waS die beiden wollten.
Marechal steckte auf dem weiteren Marsche Chaplat seine Pa-
Piere zu; die Gendarmen lieferten beide Individuen zusammen
in Auxerre auS und als dort Chaplat aufgerufen wurde, trat
Matechal für ihn, dann trat Cbaplat für Marechal vor. Cha«
plat wurde bald wieder entlasten und Marechal an seiner
Statt zu fünf Jahren Gefangniß verurtheilt. Das hohe
Strafmaß mochte ihn nicht gerade angenehm überraschen; aber
er blieb der einmal angenommenen Rolle treu, saß seine fünf
Jahre geduldig ab und wurde dann in eine Strafcompagnie,
jedoch nicht in Afrika, sondern in den Colonien, gesteckt
DaS war gegen die Abrede und hier regte sich endlich in
Marvchal daS Gefühl der gekränkten Menschenwürde. Bei
der ersten Gelegenheit entwich er nach Neuseeland, kam aber
auS Noth nach seinem Standort, Saint Pierre Miquelon zu-
rück, wurde auf's neue gefaßt, nach Frankreich gebracht und
in Brest zur Degradation und zu zehnjähriger Einschließung
verurtheilt. Noch büßte er eine Weile diese rnue Strafe in
Fontevrault, als.il m endlich die Geduld riß, und er in einem
Brief an den KriegSminister die ganze Wahrheit an den Tag
brachte Nun wurde wieder auf Chaplat gesahntet. Dieser
hatte sich, nachdem er eine Weile in Belgien und in der
Schweiz herumgewandert, in seinem heimatlichen Dorfe nieder-
gelassen, verheirathet und lebte als glücklicher Schuster und
Vater mehrerer Kinder, als er jetzt noch einmal vor daS
Kriegsgericht gefortert wurde, um sich für seine Desertion von
1861 zu verantworten. Er wird zu 3 Jahren Gefangniß
verurtheilt, während Marschal dem Marineminister zur Ver-
fügung gestellt wird, damit dieser die Annullirung deS Brester
Erkenntnisses veranlasse. Der Vagabund von AvaUon hatte
statt vierundzwanzig Stunden sechs Jahre im^Gefüngniß oder
im Strafdienst geschmachtet.
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
Nichtamtliche Anzeigen.
Steinbrecher»
welche daS Brechen von Wuhrsteinen für die Gemeinde Vaduz
auf ein oder mehrere Jahre in Akkord zu übernehmen wün-
schen, sind eingeladen, die diesbezüglichen Bedingungen einzu-
sehen unv verschlossene Angebote bis am 15. d. M. abzugeben
bei
A. Walch,
Wuhrkommissär, Vaduz.
Arbeiter-Gesuch.
Bei Unterzeichnetem finden zwei tüchtige Maurer bei
gutem Lohne dauernde Arbeit.
Johann Rusch, Maurermeister,
Hohlweg. Wartau.
Kornpreise vom gruchtmarkt in Bregenz vom 31. März.
Der halbe Metzen
j beste
mittlere
geringe
1 fr
kr.
fl.
kr.
fl.
kr.
j Korn .....
3
40
1 3
15
3
05
Roggen . . . . j
2
80
1 2
60
2
50
Gerste
2
70
2
| 50
2
30
Türken ....
2
80
2
50
2
20
1 Hafer | 1
70
1
60
1
50
Thermometerstand nach Reanmnr in Vaduz.
Monat
Morgens
7 Uhr
Mittags
12 Uhr
AbendS
6 Uhr
Witterung.
März
29
+ 8
+ 12
+ 8
faß irüb
n
30.
+ 6
+li
+ 9
fast hell
19
31.
+ 2
+14 %
+ 11
hell; etw Föbnwd.
April
1
4- 6%
+ 14
+10< A
H # H
u
2.
6
+13
+H
halb bell
w
3
+ 7%
+13
+10%
bedeckt
ff
4.
+ 8
+12'/ 4
+ii
ff
Telegrafischer Kursbericht von Wien.
5. April Silber 102.40
20-Frankenstücke 9 35
Druck von Heinrich Graff in Felkirch.