Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

Vierter Jahrgang. 
Vaduz, Freitag 
Nr. IS. 
den 24. März 1876. 
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Unser Steuerweseu. 
Die Steuerfrage ist bei unS, wie überall, eine eminent 
wichtige, weil sie eben sehr tief in die volkswirthschastlichen 
Verhältnisse eineS Landes eingreift. ES wird am Platze fein, 
hierüber einige Aufklärungen zu bieten, umsomehr als bei un- 
seren sehr kleinen Verhältnissen daS Verständniß solcher Fra- 
gen sehr mangelt und eine gründliche Besprechung nur zu oft 
unterbleibt. 
So lange in unserem Lande der Rhein noch keine so große 
Anforderungen an die Steuerkraft der Rheinanwohner stellte, 
traten die Mangel unserer bestehenden Steuergesetzgebung we- 
Niger hervor, weil-di^LandeSsteuer und die mäßigen Gemeinde- 
Umlagen eine verhältnißmäßig geringe Summe reprüsentirten. 
Seit einigen Jahren jedoch imd die Steueranforderungen ganz 
exorbitant geworden und haben damit die allenfallsigen Mängel 
unserer Steuergesetzgebung zur Evidenz gebracht und daS Be- 
dürfniß einer gründlichen Steuerrevision klargestellt. 
\ Die Hauptsteuerlast, ja sozusagen fast die einzige Steuer- 
last betrifft den Grundbesitz. Jedoch ist eS nicht die L andeS- 
steuer, die den Grund so stark belastet, sondern hauptsächlich 
die Gemeindesteuer resp. die Rhein bau sie u er Wäh- 
rend da§ Land kaum 1 Prozent auf daS Grundsteuerkapital 
umlegte, verrechnet die Gemeinde resp. die Rheingemeinde 10 
—20—30 Prozent. Die übrigen Steuergattungen alS: Ge 
werbesteuer , Personal- und Klassensteuer kommen diesem Um- 
stände gegenüber kaum mehr * in Anbetracht, weil sie erstens 
nur zur Landes st euer beigezogen werden und weil sie 
zweitens ganz unbedeutende Einkünfte abwerfen. Zudem sind 
die genannten Steuergattungen unvermeidlich mit manchen Zu« 
fälligkeiten verbunden, welche Ungleichheiten bedingen müssen. 
Der Ertrag des persönlichen Fleißes, der in der Form der Ge- 
Werbesteuer besteuert wird, ist eben schwer genau abzuschätzen; 
ebenso ist daS Objekt der Kapitalsteuer schwer zu ermitteln. 
Die Hauptsteuer ist daher die Grundsteuer, und dieS in dop- 
peltem Maße, iveil daS Grundsteuerkapital sowohl, zur Landes- 
fteuer, als auch insbesondere zur Gemeinde- resp. Rheinbau- 
steuer beigezogen wird. 
Zum Beweise deS Gesagten mögen folgende Zahlen dienen: 
DaS Grundsteuerkapital mit ca. 500,000 fl. trägt zur Landes- 
fteuer 1 % also 5000 fl. bei, während eö von der Gemeinde« 
resp. Rheinbausteuer im mittleren Durchschnitte der letzten Jahre 
mit ca. 15 % also mit ca. 75,000 fl. belastet wurde. Die 
Gewerbe- und Klassensteuer, die nur zur Landessteuer beigezo- 
gen wird, ergibt den unbedeutenden Ertrag von 1700 fl. Die 
Salzsteuer erscheint mit 3300 fl und belastet natürlicherweise 
wieder hauptsächlich den Grundbesitz. 
ES unterliegt demnach keinem Zweifel, daß die RevisionS 
arbeit im° Steuerwesen das Hauptaugenmerk auf die Grund- 
steuer zu richten hat. 
DaS erste und notwendigste wird fein, die verschiedenen 
Objekte der Grundsteuer durch ein einheitliches gerechtes Prin- 
zip in ein gleichmäßiges Verhältniß zu einander zu bringen. 
ES ist damit der Grundsatz gegeben: daß jedes Objekt 
gleichmäßig nach dem Maß seiner wirklichen 
Steuerkraft besteuert werde und daß die Steuer- 
kraft sich auf die Produktion d. h. auf den Er- 
trag basiere. 
Die Objekte der Grundsteuer sind Grund und Boden einer- 
seitS und die Gebäude andererseits. CS handelt sich also 
hauptsächlich darum die Häusersteuer in ein gleichmäßiges und 
ger-chteS Verhältniß zur übrigen Grundsteuer zu bringen. Wir 
haben über diesen Punkt schon in 47 deS letzten Jahr 
ganges dieses BlatteS unsere Ansicht zu entwickeln versucht und 
müssen bei diesem Anlasse wieder darauf zurückkommen, um 
unseren Borschlag näher zu päeisieren. 
Die Einschätzung von Grund und Boden gibt unS, vor- 
ausgesetzt vaß dieselbe keine sehr mangelhafte oder oberflächliche 
ist, den annähernd richtigen Maßstab deS WertheS resp. der 
Bonität deS Bodens und damit auch den analogen Maßstab 
deS Ertrages. Unsere Katastralvermessung und Einschätzung 
haben in dieser Beziehung daS ganz richtige Prinzip zum Zwecke. 
einer gleichmäßigen Steuervertheilung im Auge gehabt und 
wäre eine Revision hierin nur insoweit nothwendig, als sich 
seit dieser Zeit Mängel durch ungleichmäßige Schätzung Heraus- 
gestellt hätten. Solche Fehler können überall vorkommen und 
sind durch zeitweilige Kontrole wieder zu korrigieren. Wir gehen 
nicht näher auf diesen Punkt ein, weil unS einerseits das 
nöthige Material dazu fehlt, und diese Sache andererseits mehr 
die Durchführung als 5aS Prinzip deS Gesetzes selbst betrifft. 
Im Allgemeinen läßt sich bei unS annehmen , daß die Ein- 
schatzung im richtigen Verhältnisse zur Bonität deS BodenS, 
also auch zum Ertrage steht. ' 
Ganz anders verhält eS sich mit den Häusern. Die Ein- 
schützung der Gebäude nach ihrem Werthe entspricht nicht dem 
Ertrage, wie dieS beim Boden der Fall ist und zwar auS dem 
Grunde, weil bei unseren Landesverhältnissen die Häuser eben 
direkt nutzbringende Objekte sind. Ein Stück Boden mit dem 
wirklichen Werthe von 2000 fl. kann 100 fl. Ertrag bringen, 
also ca. 5%, während ein HauS im Werthe von SOOO fl. 
für den Besitzer nie 100 fl. Miethertrag resp. „ Selbst«!tethe" 
abwirft. Unter „Selbstmiethe" verstehen wir den Ertrag, den 
sich der Besitzer nach den landesüblichen Mietpreisen übertra 
gen auf den Werth und die^Aequemlichkeit feines HauseS selbst 
anrechnet. Werth und Ertrag stehen also im annähernd rich- 
tigen Verhältnisse bei Grund und Boden, aber yicht bei den
	        

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