Liechtensteinische
Vierter Jahrgang.
Vaduz, Freitag
Nr. 9.
den 3. März 1876.
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Vaterländisches.
Baduz, 29. Februar. Am 26 Febr. wurde unser allge-
mein beliebter Vorsteher Felix Real unter ungewöhnlich
großer Theilnahme von Nah und Fern zu Grabe getragen.
In dem zu früh Verblichenen verliert die Gemeinde Vaduz
einen seiner einsichtsvollsten und geacttetsten Bürger und seine
Familie einen liebevollen besorgten Vater, der sich, wie nicht
häufig einer, die ungetheilteste Liebe und Anhänglichkeit seiner
eigenen Familie und seiner Verwandten zu erwerben wußte.
Auch alle diejenigen, welche im freundschaftlichen und geselligen
Verkehre den Charakter deS theuren Verblichenen kennen lern-
ten, beklagen den Verlust deS biederen l ManneS und deS froh-
finnigen, heiteren ^Gesellschafters. Er war ein ganzer Mann,
darum Friede seiner Asche!
Baduz, 29. Februar. DaS anhaltende Thauwetter und
starke Regen haben in manchen Gegenden Überschwemmungen
gebracht. Für unö hat diese Zeit noch keine Gefahr, da der
Rhein in Folge des Gefälles noch jugendlich rasch von dan-
nen rinnt und damit wenig Anlage für große EiSmassen und
EiSstöße besitzt. In Würtemberg und besonders in Bayern
(Nürnberg) hat das Wasser große Verheerungen verursacht.
Ebenso schlimm haben die Flüsse der westlichen Abdachung deS
SchwarzwaldeS, namentlich bei Freiburg gehauSt. Auf der
Strecke der rheinischen Eisenbahn von Köln nach Aachen san-
den Abrutschungen statt, wodurch dieselbe einstweilen unfahrbar
geworden ist. Der Verkehr nach Belgien ist vorläufig über
die Linie Aachen-Gladbach geleitet. Aus Wien, KremS, Ot-
tensheim (bei Linz) und Prag gehen sehr beunruhigende Nach-
richten über das rapide Steigen der Gewässer ein. Ueber die
Wassernoth in und bei Wien wird unterm 19. d. berichtet:
Das Eis hat sich sowohl in allen Nebenflüssen der Donau, als
auch im Hauptstrome selbst in Bewegung gesetzt. Eine der
auSgesetztesten Gegenden, das ErdbergermaiS ist überschwemmt,
ebenso der untere Pratertheil sammt der Freudenau"und dem
Zentralfriedhof, sowie einige tiefer liegende Gassen der Bezirke
Leopoldstadt und Roßau. Zwei Personen haben in den Flu«
then ihr Leben eingebüßt. Am Abend deS 19. war indeß daS
Wasser im Sinken begriffen und auch aus den obern Donau-
gegenden wurde ein Fallen berichtet. Krems und Umgebung
waren ebenfalls überschwemmt und nach dem argbedrohten
Dorfe Imbach sind Geniesoldaten behufS Sprengung der Eis-
masse ausgerückt. In Prag hatte die Moldau sämmtliche
niedriger gelegene Gassen und Plätze überschwemmt, ebenso
standen 'viele Dörfer an der untern Moldau unter Wasser und
wurden zahlreiche Brücken weggerissen. Den neuesten Berichs
ten zufolge ist indeß auch hier das Wasser im Fallen und die
größte Gefahr beseitigt. t .
Vaduz, 29. Februar. Die Vorarlbergerbahn hat einlge
neue Lokomotive erhalten und eines davon führt den Namen
Arlberg, zur tröstlichen Vorbedeutung, daß einmal eine Zeit
kommen werde, wo dieser Titel auch eine wirkliche und günstige
Bedeutung erhalten könnte. Wir Vaduzer erhielten als Trost-
mittel zwar auch die Titelehre, daß eine Lokomotive „Vaduz"
qenamSt wurde, aber damit eben keine Hoffnung mehr, denn
die Linie Schaan--BuchS war schon erstellt, und „Vaduz"
kam nie nach Vaduz.
Dem „Arlberg" aber wünschen wir ein besseres LooS, er
möge nur recht bald den Berg durchbrausen, von dem die Lo-
komotive den Namen hat.
Ausland.
Oesterreich. Aus Kostajnitza gehen der „D.Ztg." Nachrichten
zu, welche ein bedeutsames Licht auf die Organisation, AuSrü-
stung und Bildung der in Bosnien operirenden türkischen Trup-
pen werfen. „Die Grenzverletzungen," so wird dem genannten
Blatte geschrieben, „seitens der Türken scheinen epidemisch zu
werden; seit der Neberfall von Dobretin geglückt ist, benehmen
sich die Türkey mit einer geradezu verletzenden Keckheit auf
dem diesseitigen Territorium. Dreimal betraten sie wieder kroa-
tischeS Gebiet, bei IvanjSka, Topola und bei Kostajnitza. Bei
den ersten beiden Orten trieben Insurgenten und Grenzbevöl-
kerung gemeinsam die Banden zurück; der Ueberfall von Oester-
reichisch-Kostajnitza wurde durch die Wachsamkeit deS Militärs
im Kastell verhindert. Die türkischen Drohungen vom Ueber-
fall der Grenzstädte sind durchaus ernst zu nehmen. Einmal
der Haß der Mohammedaner gegen alle Christen, dann spe-
ziell gegen Oesterreich, welches die bosnischen Flüchtlinge gast-
frei aufnahm, und drittens der Hunger und die bittere Roth
treiben die oSmanischen Soldaten zu Uebersällen; Offiziere wie
Truppen haben ja seit beinahe einem Jahre keinen Sold er-
halten, die Lebensmittel liefert niemand mehr auf Kredit, und
wenn schließlich die bei den Türken ohnedies sehr schmale Me-
nage ausbleibt, muß geraubt werden. In Nord Bosnien ist
nichts zu finden, folglich unternimmt man die Züge nach Kro-
atien! Das Generalkommando in Agram traf zur Verhütung
dieses Unfuges sehr strenge Bestimmungen. Jever Schuß von
türkischer Seite soll erwiedert, der Uebertritt türkischen Militärs
mit den Waffen in der Hand verhindert werden. Nur auf
diese Weise kann dem Gesindel Respekt beigebracht werden^
und wer diese zerlumpten Horden sieht, welche „kaiserlich öS-
manisches Militär" betitelt werden, kann den Gedanken an
Räuberbanden schwerlich unterdrücken. Schmutz und Ungeziefer
bilden die Dekoration der Uniformen. Welcher Dünkel oder
welche Dummheit aber in den höheren Militärkreisen herrscht,
möge folgende Aeußerung eineS in Pridor stehenden Offiziers
beweisen, die schon als Kuriosum Erwähnung verdient: