folgenden Inhalts zu: „Die neuesten diplomatischen Ereignisse
in Konstantinopel haben die Großthatenlust der serbischen Ak-
tionSmanner bedeutend gedampft. Wie der serbische Vertreter
in Konstantinopel, Hr. Magazinowitsch, telegraphisch Hieher
meldete, haben die dortigen Vertreter der Nordmächte in ziem-
lich formeller Weise die Pforte versichert.' daß für die Wah-
rung veS Friedens in Belgrad und Cetinje ihrerseits entspre-
chend vorgesorgt werden wird. In der That hat man am
12. d. M hier die neuerliche Gewißheit erlangt, daß die drei
Kaisermächte eS nicht dulden werden den Frieden von Serbien
und Montenegro stören zu lassen. Der Ernst, mit welchem
die betreffenden Dispositionen der drei Großmachte hier betont
worden zu sein scheinen, hat die Kriegslust bedeutend abge-
kühlt. ES wird zwar mit den Rüstungen fortgefahren, und
eS ist eine eigene Kommission von höheren Offizieren ernannt
worden, welche die Rüstungen zu leiten hat. Man halt eS
offenbar nicht für opportun plötzlich, mit allem was auf den ge-
träumten Krieg Bezug hat, abzubrechen unv einen jähen Um«
schwung hervorzurufen, welcher der Regierung viele Verlegen-
heilen bereiten könnte. Die Sicherheit aber, daß die Mächte
eine Intervention Serbiens nicht dulden werden, ist diesmal
unzweifelhaft gewonnen.
Verschiedenes.
* Die deutsche Auswanderung im Jahre 1875.
Es sind während deS I. 1875 aus den drei deutschen Häfen
Hamburg, Bremen und Stettin im Ganzen 56,289 Passagiere
befördert worden. (1874 75,502, 1873 134,191). Von die
sen Passagieren wurden über Hamburg 3t,433 befördert (1874
43,443, 1873 69,176), und zwar direkt in 62 Dampf* und
6 Segelschiffen 21,561 Passag., indirekt über England 9872
Passagiere. Unter diesen Passagieren befanden sich 18,426 Per
sonen männlichen Geschlechts und 13,007 Personen weiblichen
Geschlechts, sowie Erwachsene 24,081 Personen, Kinder unter
10 Jahren 5745 Personen, Kinder unter einem Jahr 1607
Personen. Von diese», Passagieren giengen nach Nordamerika
28,654 Personen, nach Westinvien 420, nach Chile 80, nach
Brasilien 349, nach den La Plata-Staaten 132, nach Austra-
lien 1798, nach diversen theils europäischen thellS außereuro
päischen Häsen 377 Personen. Ueber Bremen wurden im vo-
rigen Jahre befördert im Ganzen in 85 Dampfschiffen 24,199
Personen (1874 30,465, 1873 6 t,214). Unter diesen Perso-
nen befanden sich 13,5.64 männlichen Geschlechts und 10,635
Weiblichen Geschlechts Davon waren Erwachsene 19,240, Kin-
der unter 10 Jahren 3695 und Kinder unter 1 Jahr 1264
Personen. Bon diesen über Bremen beförderten Personen gin-
gen nach Newyork 17,536, nach Baltimore 5725, nach New>
Orleans und Habana 938 Personen. Von Stettin wurden
über Hul! und Liverpool nach New-Jork befördert 230 Per-
sonen (1874 1594, 1873 3801). Von Amerika nach Europa
find im verflossenen Jahr befördert worden 22,081 Personen,
und zwar landeten von diesen 9143 Personen in Hamburg
und 12,938 Personen in Bremen.
* Telegraph!e. Die Länge der TelegraphenUnien in
Europa betragt in runder Zahl 326,500 Kilometer, die Länge
der Drahtleitungen ca. 930,000 Kilometer, also dreiundzwanzig
mal den Umfang der Erde. 23,800 Telegraphen-Bureaux de-
sorgen die Beförderung der Telegramme. Verhältnißmäßig am
Meisten Telegraphenämter weiSt die Schweiz auf, deren eines
auf 46 Quadrat-Kilometer. und 2969 Einwohner entfällt.
Die wenigsten Telegraphen- Bureaux haben verhältnißmäßig
Griechenland, Norwegen, Rumänien, Rußland, Serbien und
Spanien.
In Europa werden jährlich 50- 60 Millionen Telegramme
abgesendet, d. i. auf fünf Einwohner ein Telegramm. Die
meisten Telegramme fallen wieder auf die Schweiz. Es trifft
dort nämlich auf fast jeden Einwohner ein Telegramm. Die
besten Geschäfte im Telegraphenbetriebe macht Rußland, bei
der Mehrzahl der anderen Staaten werden die Einnahmen von
den Ausgaben überschritten, so namentlich in England.
* Vogelschutz. Vor kurzer Zeit wurde zwischen,der
österreichischen und der italienischen Regierung ein Vertrag ab-
geschlossen, der zwar nicht die mindeste politische Bedeutung
hat, jedoch alle Freunde der Natur mit aufrichtiger Freude er-
füllen unv sicherlich für alle deutschen Felder und Wälder die
wohlthätigstcn Folgen bewirken wird Der Fang aller mögli
chen Arten von Vögeln wurde bekanntlich bisher in Oberita-
lien und den italienischen Theilen von Tyrol auf eine wahr-
Haft rafstnirte Weise betrieben, und die umfassendsten Anstal-
ten waren getroffen, um alle Arten von Vögeln, selbst die
Nachtigallen, Schwalben und Meisen nicht ausgenommen, zu
fangen, um sie dann gebraten zur Polenta zu verspeisen. So
lange dieser systematische Vogelfang in den genannten Gegen-
den auf solche Weise stattfand, hatten alle Maßregeln zum
Schutze der Singvögel in Deutschland nur einen geringen
Erfolg, da die Italiener die Zugvögel im Herbst und Früh-
ling zu vielen Tausenden fortfingen oder schössen. So wur-
den unsere Haine und Gärten immer mehr von den lieblichen
Singvögeln entvölkert, und die Raupen, wie andere schädliche
Insekten fressenden Vögel verminderten sich so bedeutend. Es
ist nun endlich ein Vertrag zwischen der österreichischen und
der italienischen Regierung geschlossen worden, nach welchem
auf den beiderseitigen Gebieten die Jagd und der Fang aller
Insekten fressenden Vögel bei namhafter Strafe gänzlich ver-
boten wird, und der öffentliche Verkauf aller derartigen todten
und lebendigen Thiere nicht mehr stattfinden darf. Das Fan-
gen und Erlegen der nicht Insekten fressenden Vögel bleibt
auch fernerhin gestattet, unterliegt aber ebenfalls gewissen ge-
setzlichen Beschränkungen, , und es tritt im Frühling und im
Sommer eine Schonezeit ein.
* Zur Mi lchwirthschaft. Die Schweiz besitzt an-
nähetnd 552,000 Kühe, die, zu 300 Fr. per Stück gerechnet,
ein Kapital von mehr als 165 Millionen reprüsentiren. Die-
selben liefern einen täglichen Milchertrag von 1,600,000 Maß,
wovon ein Vierte! in Natura konsumirt, der Rest zu Butter
und Käse verarbeitet wird. Die schweizerische Hochebene zwi-
schen Jura und Alpen bildet das Hauptgebiet für die Erzeu-
gung der Milchprodukte, die exportirt werden. In den Alpen-
thälern absorbirt der Lokalkonsum fast sämmtliche Produkte die-
ser Art; wenn man in der Ebene wenig Milch trinkt, so ge-
nießt man auf den Bergen mehr davon. In gewissen Gegenden
wird Alles anfgezehtt: Milch, Butter und Käse.
* Amerika. Ueber den fürchterlichen Sturm, der am 2.
dies an der atlantische« Küste der Vereinigten Staaten tobte,
wird der „TtmeS" aus Philadelphia gemeldet: Der Wind
(Nord-West) erreichte einen Geschwindigkeit von 70 englischen
Meilen per Stunde Telegraphen stanzen wurden zu Boden
gestürzt, und von allen Seiten kommen Berichte über die Zer-
störungen an Gebäuden. Zu Cahoes, im Staate New Jork,
wurde ein 225 Fuß hoher Kirchthurm vom Winde niederge-
rissen und die Trümmer bedeckten die Bahnlinie. Eine noch
nicht ganz ausgebaute katholische Kirche zu Woonsocket (Rhode*
Island) wurde gänzlich zerstört. Der Thurm der Universalisten
Kirche zu Webster, in MassachussettS, stürzte ein. In Wash-
ington wurde der 230 Fuß »hohe Thurm der Metropolitan
Methodist Church mehrere Fuß aus der senkrechten Stellung
gerückt unv Stunden lang vom Winde hin- und hergeschaukelt.
Eine große Menschenmenge sah dem Schwanken des ThurmeS
zu. . Zu Fredericksburg, Virginia, zerschmetterte der Thurm der
Episcopal Church im Fallen ein naheliegendes Gebäude. Viele
Schiffe scheiterten längs der Küste. Der Sturm erstreckte sich
östlich bis Neu-Schottland, südlich bis HatteraS und westlich
bis Detroit.