Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

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Luft ohne Zweifel noch viel schädlicher gewesen wären, als 
jener höhere Wärmegrad. Ist. ein Keller nicht sehr trocken, so 
schimmeln die geräucherten Fleischwaaren sehr leicht, auch wenn 
sie in Asche, in Kohlen oder Sägmehl gesteckt werden. Der ge- 
eignetste Ort dürfte in weitaus den meisten Fällen eine gute 
Rauchkammer sein; in dieser bleibt das Fleisch trocken, ohne 
daß eS so stark austrocknet, als wenn man dasselbe in dem 
Kamine hängen läßt. Je nach den Heizungen, welche an dem 
Kamine liegen, und je nachdem die Rauchkammer in geringerer 
oder größerer Entfernung von den Heizungen sich befindet, wird 
man bei Aufbewahrung deS FleifcheS den Schieber mehr oder 
sveniger stark herausziehen, also den Zug des KäminS schwä 
cher oder stärker durch die Rauchkammer leiten. Außer den 
feuchten und dumpfen Orten find besonders jene Räume für 
die Aufbewährung von geräucherten Fleischwaaren ungeeignet, 
wo große Temperaturschwankungen vorkommen. Wird z. B. 
t>er Raum, in welchem NahrungSmitel aufbewahrt werden, im 
Winter sehr kalt und er wird dann zuweilen etwa durch Oeff. 
nung eineS geheizten RapmeS erwärmt, so beschlagen sich die 
Nahrungsmittel mit Wasser, waS sehr leicht zum Verderben 
derselben beitragen kann. Ein bleibend warmer Raum ist deS- 
halb für die Aufbewahrung der geräucherten Fleischwaaren ge- 
«igneter, als ein solcher, wo große und häusige Schwankungen 
deS Wärmegrades vorkommen. 
"Maschinen-Stickerei. Nach dem „St. Gall. Tagbl." 
arbeiten gegenwärtig in der Ostschweiz zirka 10,000 Stickma 
schinen, die ein Kapital von 25' Millionen Fr. repräsentiren. 
Ein weiteres Kapital von 20 Millionen liegt in den Gebäu- 
den, in denen die Maschinen erstellt sind. Zur Bedienung die- 
ser Maschinen sind 10,000 Sticker, 10,000 Fädlerinnen und 
-5000 Angestellte als Zeichner, Vergrößerer, Nachstickerinnen 
u. s. w. nothwendig, zusammen 25,000 Personen,, die direkt 
von der Arbeit mit diesen Maschinen leben. 
Im Weiteren stehen in direkter Verbindung mit dieser Fab- 
rikation die Stofflieferanten, welche Cambric, Jaconnet, Mous- 
seline u. f. w. liefern in einem jährlichen Betrag von wenig- 
stenS 5,000,000, dann die Garnlieferanten, die für zirka 
3,000,000 Garn liefern, wozu wieder Tausende von Händen 
nöthig sind, bis Stoff und Garn erstellt ist. Die Maschinen- 
lieferanten beschäftigen auch mehrere tausend Arbeiter zur Er- 
stellung neuer und Reparirung alter Maschinen. Der Nadel- 
Eonsum ist ein ganz bedeutender und ernährt abermals viele 
Familien. 
Das „Tagblatt" empfiehlt den Stickfabrikanten, um der 
drohenden GeschäftSkrisiS zu begegnen, Abkürzen der Arbeits- 
zeit. Geschieht dieses nicht und wird planlos darauf loS ge- 
arbeitet, statt die Arbeitszeit vernünftig abzukürzen, Tag und 
Nacht geschafft, um durch die Masse auS dem Schaden zu 
kommen, so irrt man sich gewaltig, denn je mehr Vorrath, 
desto geringer der Werth der Waare, und zuletzt ist kaum 
mehr der Arbeitslohn dabei zu erhalten. Stelle man'sich ein- 
mal vor, wohin das führen müßte, wenn der Artikel, statt mit 
Sorgfalt gepflegt und mit Vorsicht gehandhabt, mit Gleichgül- 
tigkeit behandelt und der Markt durch leichtsinnige Ueberpro- 
duktion überschwemmt würde, wie viele hundert Femilien muß- 
ten sich nach einem andern Beruf umsehen, wie viele tausend 
Arbeiter würden brodloS, weil nicht gerade wieder eine andere 
Arbeit auf sie warten würde! 
* Düngerregeln für den Winter. Der Stallmist 
darf in der Düngerstätte nicht länger liegen bleiben, als bis 
derselbe so weit in Gährung gerathen ist, daß sich das Stroh 
zerreißen läßt, der Mist aber noch sehr bequem und leicht mit 
der Gabel geladen werden kann. Bei längerem Liegenlassen 
deS Stallmistes in der Dungstatte schreitet die Gährung und 
dann die Fäulniß deS Mistes so weit vor, daß der größte 
Theil der düngenden Stoffe desselben nutzlos in die Lust ver- 
fliegt. Letzterer Hall würde eintreten, wollte man den Mist 
den ganzen Winter hindurch auf der Miftstätte liegen lassen, 
man würde dann statt 12 Fuder guten Mistes nur 5 Fuder 
speckigen und verfaulten Mist, der auf dem Lande leicht ver- 
koblt und vertorft, herausfahren. Es bedingt dieses Verfahren 
eine der größten Verschwendungen, die ein Landwirth begehen 
kann. 
-* Ein Jagdzug in das nordische Eismeer soll 
von dem Schiffführer Martin Brands einem erprobten EiS- 
meerfahrer in Dänemark, in Holge Aufforderung seitens meh- 
rerer Jagdliebhaber nnternommen werden. In Folge dessen 
soll im Frühjahr ein Dampfschiff zu einer Expedition nach 
Spitzbergen, Nowaja Semlja, dem karrischen Meer und (viel- 
leicht auch nach Ob und Jenesei) dem Land der Samojeden, 
russisch Lappland und der Küste von Norwegen ausgerüstet 
werden. Die Expedition soll Anfangs Mai 1376 von Kw 
derikshorn abgehen und im Oktober dahin zurückkehren. ES 
sollen weiße und braune Bären, wilde Rennthiere, Wallfische, 
Seehunde und kleineres Wild gejagt werden. Das Dampf- 
schiff wird mit jedem erdenklichen Eomfort versehen und eiy 
tüchtiger Arzt wird an der Tour Theil nehmen. Der PreiS 
für jeden Teilnehmer wird auf 375 Pfund. St. (mit eige- 
nem Diner 400 Pfd. St.) angesetzt Auch Damen können 
an der Expedition Theil nehmen. 
* London Die indischen Gaukler und Schlangenbe- 
schwörer haben ihren alten wohlbegründeten Ruf auch dem 
brittischen Thronfolger gegenüber aufs beste bewährt und ihn 
durch ihre Künste zu wiederholtenmalen gut unterhalten, ihn 
und seine Begleiter in Staunen gesetzt. Zum erstenmal ließ er 
sich solche Brüder der Magierzunft während seines Aufenthal- 
teS zu Parell bei Bombay vorführen. ES waren ein paar 
alte zerlumpte Gesellen, gefolgt von einer Schaar alter Weiber 
in Flitterstaat, die den musikalischen Theil der Vorstellung be- 
sorgten. Diese wurde durch Kunststücke eingeleitet, welche auch 
abendländischen Zauberern nicht ganz unbekant sind, und theil- 
weise mit gutem Erfolg auf Jahrmärkten produzirt zu werden 
Pflegen. Besonders Feuerverschlingen und Feuerspeien dürften 
dazu zu rechnen fein. Die höheren Zauberkünste wurden durch 
den Tanz zweier CobraS eingeleitet. Diese bösartigen Repti- 
lien, die jedoch ihrer Giftzähne beraubt waren, zischten ganz 
unerwartet aus zwei Körben hervor, nachdem sich zuerst jeder- 
mann von deren Leerheit fest überzeugt hatte. Wuth und Furcht 
drückte sich in ihren Tanzbewegungen auS und eS schien alS 
ob sie sich am liebsten auf ihre Beschwörer gestürzt und den 
angethanenen Zwang mit tödtlichem Gifte vergolten hätten. 
Sodann ließ das Künstlerpaar in kürzester Zeit einen niedli- 
chen 18 Zoll hohen Mangobaum unter einem alten Tuch auS 
der Erde emporwachsen, nachdem sie erst den Samenkern sorg- 
fältig eingelegt hatten. Darauf wurde ein zwölfjähriger 
Knabe an Händen und Füßen festgebunden und, in ein Retz 
gewickelt, in einen Korb verpackt. Bald rührte sichS im Korbe, 
Strick und Netz wurde unter dem Deckel durchgeschoben und 
alS der Alte, darüber erbost, den Korb zertrat und zerstampfte 
und einen spitzen Stock durch das Geflecht stieß, da erregte sich 
bei den Zuschauern ein Gefühl des Mitleids für den armen 
Jungen und der Entrüstung gegen den grausamen Alten. 
Aber stehe da, der Junge lachte vom nächsten Baume herunter 
und der Korb war leer. Inzwischen waren dem kleinen Man- 
gobaum unter der schützenden Decke allerliebste Miniaturfrüchte 
gewachsen. So führten die Gaukler ihr ganzes Zauberpro- 
gramm durch, dieselben Stücke wie sie von Reisenden schon 
viele hundertmal gesehen und beschrieben wurden und immer 
aufs neue mit Grausen bewundert werden. Immer werden 
sie von einer Höllenmusik begleitet.
	        

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