rina feien Illusionen und Phantom«, sie hätten niemals existirt.
Der Besitz Konst.intinopelS würde ein Unglück für Rußland
sein. Der Kaiser habe in bestimmtester förmlichster Weise sein
heiligstes Ehrenwort gegeben daß er nicht die Absicht habe fift
Dnlstantinopel anzueignen. Wenn ihn die Notwendigkeit daj»
zwingen Mte einen Theil Bulgariens zu besetzen, so würde
dieß nur provisorisch bis zum Frieden geschehen und bis die
Sicherh-it der Christen sicher gestellt fei Als Beweis seiner
Friedensliebe erwähnte der Kaiser den Vorschlag, daß Oester-
reich, Bosnien und Rußland Bulgarien besetzen und eine Flot-
ten-Dcmonstration gegen Konftantinopel stattfinden solle, wobei
England die erste Rolle zufiele, und daß die Herzegowina die
neutrale Zone bilde zwischen der russischen und der österreichi
schen Armee Der Kaiser betonte schließlich den hohen Werth
den er auf daS vollständige Einvernehmen zwischen Rußland
und England lege. Der Gedanke, Rußland wolle in Indien
Eroberungen machen, sei eine Absurdität und Unmöglichkeit.
Lorv LoftuS fügt seinem Bericht hinzu, die Besprechung trug
den herzlichsten Charakter Lord Derby antwortete Lord LoftuS
am 3. Nov. indem er die hohe Befriedigung der Königin und
der Regierung über die Depesche LoftuS ausdrückte. Derby
«klärte am 2i. Nov: Die russische Regierung wünsche die
Veröffentlichung der LoftuS'schen Depesche, damit die öffentliche
Meinung Englands sich beruhige.
A«s London wird der A. A. Ztg unter dem 25. Nov.
geschrieben : Obgleich aus Florenz die Nachricht, eingetroffen
ist daß die Pforte bedingungslos der Konferenz zugestimmt hat,
werden die FriedensauSsichten durch daS Zustandekommen der
Konserenz doch kaum alS gebessert angesehen, da ein befriedi-
gendeS Ergebniß derselben durchaus noch nicht durch ihre ein«
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server" meint sogar: die neuesten Ereignisse seien vollkommen
geeignet seine unverwandt vertretene Ansicht zu bestätigen daß
die gegenwärtige KrisiS der orientalischen Frage nur eine ge
waltsame Lösung zulasse. Möglich sei eS gewiß daß der Krieg
noch vermieden werde, aber die Wahrscheinlichkeit sei dagegen
Unter diesen Umständen hält das Blatt eS für das Weiseste
daß England die Tbatsachen unumwunden inS Auge fasse.
Unserer Meinung nach haben unsere Staatsmänner zwei Sa-
chen, und nur zwei, in der orientalischen Frage zu erwägen.
Die erste ist: auf welche Weise die Interessen Englands am
besten gesichert werden können; diezweite: wie sie so mit mög-
lichster Beachtung der Wohlfahrt der slavifchen Provinzen ge-
wahrt werden können".
Es sei zu befürchten daß in England starke Täuschungen
über die Macht bestehen, welche eS zur Entscheidung im Orient
zu entfalten vermag. Im Krimkriege hätte ohne die französische
Hilfe ein glücklicher Ausgang nicht erzielt werden können.
Ohne weitere Allianzen könne England für den Fall eines
Krieges zwischen Rußland und der Türkei deshalb weiter nichts
thun alS mit seiner Flotte Konstantinopel schützen; seine ver-
fügbaren Landtruppen seien zu gering an Zahl um Rußland
falls die türkischen Heere geschlagen werden sollten, von einer
Zertrümmerung der Türkei abzuhalten. Für den Fall daß die
Lösung der orientalischen Frage der Entscheidung deS Schwerts
anheimfallen sollte, müßte England deshalb sich nach einem
zuverlässigen Verbündeten umsehen, und das einzige Land auf
das eö sein Augenmerk richten könne, sei Oesterreich. „Hin-
fichtlich der orientalischen Frage sind die Interessen Englands
und Oesterreichs nahezu gleich. Wirbeide würden die Aufrecht-
erhaltung deS statu« qao in der Türkei vorziehen Beide hegen
wir den ehrlichen Wunsch daß eS den Christen in der Türkei
Wohlergehen möge, und beide sind wir der Ueberzeugung daß
die Zerstückelung der Türkei zum Vortheile Rußlands unsere
Nationalen Interessen auf daS äußerste gefährden würde". DeS-
halb liege aller Grund vor daß Oesterreich und England Hand
in Hand gehen. „In Empfehlung solch eines Bündnisses han
deln wir im Interesse deS Friedens. Aber keine wirksame Alli
anz dieser Art ist möglich, wenn wir eS ablehnen die noch so
entfernte Möglichkeit zu kriegerischen Maßregeln gezwungen zu
werden inS Auge zu fassen. Wollte England von vornherein
erklären daß eS unter keinen Umständen wegen der orientalischen
Frage zu den Waffen greifen wolle, so würde eS ferner keine
Stimme in dieser Angelegenheit haben. . . Oesterreich beson-
derS ist in einer viel zu kritische»? Lage um sein Schicksal mit
dem einer Macht zu verketten auf deren Beharrlichkeit es kein
Zutrauen setzen kann." Ob England weise daran thun würde
seine Politik bis aufs äußerste durchzuführen, schließt „Ob-
server", das sei allerdings eine andere Frage; sollte eS aber
sich dagegen entscheiden, so würde die einzig würdige Haltung
für die Zukunft die sein: abseitS von jeder ferneren Verhand-
lung zu stehen welche zu beeinflussen eS nicht die Macht habt.
UebrigenS scheint England dafür gesorgt zu haben daß eS auch
nicht ohne beachtenSwerthe militärische Hilfsmittel den Roth-
wendigkeiten entgegengehe welche ihm die Wahrung seiner In«
teressen auferlegt. 70000 Mann englischer Truppen wären
eine gewaltige Verstärkung der Widerstandskraft der Pforte.
Auch besitzt England noch andere Hilfsmittel, welche es im
Nothfall gegen Rußland ausspielen könnte.
Serbien. In welch entsetzlicher Weise das Elend des
grauenvollen Feldzugs unter den slavifchen Truppen aufge»
räumt hat, zeigen wieder einmal mit furchtbarer Anschaulich-
feit die beiden nachstehenden Korrespondenzen, welche die Ver-
fassung schildern in der serbische Soldaten und serbisches Kriegs-
geräthe sowie die russischen Brüder in ihre respektive Heimath
zurückkehren. Ein Correspondent des „Pester Lloyd" schreibt
aus Klenak, 18 Nov.:
Am <3 h M rückte daS Hauptquartier der Drina-
Armee, gefolgt von der 2. sSchabaczer) Jnfanrerie-Dryade,
der 4. Feld- und der 5. GebirgSbatterie und einer Cavallerie-
EScadron in Schabaez ein. Weiter rückten am 15 eine Bri
gade Miliz-Infanterie erster Klasse und zwei Cavallerie-Esca-
dronen und am 16 die Infanterie - Brigaden Waljewo und
Pozerina in ihre refpektiven Bezirke ein. Den Einzug der
Schabaczer Brigade habe ich selber mit angesehen. Die Leute
marschirten barfuß daher; die Uniformen der Mannschaft wie
der Offiziere sind dermaßen zerfetzt und verwittert, daß sie kaum
mehr Rang und Branche unterscheiden lassen, viel weniger
gegen die Unbill der Witterung Schütz gewähren. Die ßanze
Hermandad, ohne Ausnahme, marschirte zu Fuß, denn die
Pferde der Eavalleristen mußten, anstatt geritten, von den Leu-
ten mit Mühe hinter sich hergezogen werden. Die Feldgeschütze
fuhren von requirirten Ochsen gezogen in Schabaez ein; die
GebirgSkanonen kamen auf requirirten Bauernwagen an. Ein
Bild der Zerstörung und deS Elends wie eS jammervoller kaum
mehr gedacht werden kann. Eine horrende Anzahl von Leuten
mußte sofort in die Spitäler aufgenommen werden; und daS
haben nicht etwa feindliche Waffen, sondern TyphuS und Fie-
ber, Strapazen und die Ungunst des Winters gethan. In
Schabaez und Umgebung bestehen 19 Spitäler, weitere 4 sind
in der Einrichtung begriffen: trotzdem aber konnten nur die
absolut nicht transportablen Kranken Aufnahme finden, alle
leichter Erkrankten wurden einfach nach Hause geschickt. Trotz
alle- und alledem aber scheint man eine Wiederaufnahme deS
Kriegs noch immer nicht aus den Augen verloren zu haben.
Vor der Entlassung wurde sowohl der Mannschaft alS auch
bei Trommelschlag in den Städten und Ortschaften überhaupt
publizirt: daß jeder Soldat verpflichtet sei sich auf daS erste
Aviso hin an dem Sammelplatze seines Truppenkörpers einzu-
finden; zwölfstündige Verspätung würde ohne Rücksicht auf
den Rang mit dem Tode bestraft werden. Zur Verhinderung
der Desertionen sind nun von Schabaez bis Ratscha längS
dem Save-Ufer von je 100 zu t00 Schritten Civilposten auf-
gestellt worden; man verwendet zu diesem Wachtdienste Zigeu-