Liechtensteinische
Vierter Jahrgang.
Baduz, Freitag
Nr. 48.
den 1. Dezember 1876,
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Amtlicher Theil.
Seme Durchlaucht der regierende Fürst haben mit höchster
Entschließung vom 10. v. M. die Einberufung des Landtages
auf den 4. Qqembet angeordnet.
Die Herren Abgeordneten werden ersucht, fich am bestimm-
ten Tage um 10 Uhr Vormittags zur LandtagSeröffnung im
landschaftlichen Saale zu Vaduz einzufinden.
Vaduz, am 26. November 1876.
v. Hause«.
Vaterländisches.
Triess«, 28. Nov. (Eingesendet.) In Nr. 47 der
Liechtensteinischen Wochenzeitung lesen wir zu unserm größten
Erstaunen, daß in Triesen Züchtstiere stehen, die von keiner
Kommission angenommen sind. Wir wissen eigentlich nicht
recht, was die Herren Einsender mit dieser gehaltlosen, undeut-
lichen Zusammensetzung sagen wollen; denn, so viel uns be-
kannt ist, sind die von der Gemeinde bestellten Zuchtstiere ganz
naturgetreu, ohne künstlichen Anstrich, bereits schon am 7. Nov.
l. I. von der landschästlichen Beschaukommission anerkannt
worden. Daß in Triesen Zuchtstiere stehen, die von keiner
Kommission angenommen sind, kommt unS, und gewiß noch
Bielen, nicht eigenthümlich vor, denn, solche „Unangenommene"
stehen doch sicher viele tausende auf der lieben weiten Erde;
aber daS kommt uns eigenthümlich vor,daß die Herren Ein-
sender, welche gegenwärtig um unsern Viehstand so besorgt
find, letzten Sommer so ganz mäuschenstill waren, da doch die
züchtende Viehheerde in Valüna wegen untauglichen Zuchtstieren
so schlecht bestellt war.
Ohne unS in diese, für den uneingeweihten Leser gewiß
unerquickliche Sache, weiter einzulassen, bedauern wir schließ-
lich noch, daß eS bei unS noch solche Bürger gibt, die durch
eine Leidenschaft geblendet, selbst die vom Lande aufgestellte
löbl. Kommisston noch zu verdächtigen suchen, da diese doch
gewiß, selbst für unsere Gemeinde, mehr Sorge für die Vieh-
zucht anwendet, als diese Einheimischen I
Ausland.
Oesterreich. In der Sitzung vom 21. Nov. deS österr.
Abgeordnetenhauses gab der Zinanzminister, Freiherr v. Depre-
tiS, folgende Darstellung der Ausgleichsverhandlung mit Un
garn: Bei den in den ersten Tagen dieses JahreS eröffneten
Unterhandlungen wurde eine Einigung darüber erzielt außer
dem Zoll- und HandelSbündniß auch über daS Quotengesetz zu
verhandeln. Alle bezüglichen Verhandlungen, auch die unge-
regelte Bankfrage, seien gleichzeitig zur gesetzlichen Beschluß-
faffung zu bringen. DaS bestehende Zoll- und HandelSbünd-
niß soll auf i0 Jahre ohne Zuläsfigkeit einer früheren Kün-
digung erneuert werden. Die Vereinbarung soll daS Verhält-
niß der auf beide Ländergebiete ihre Wirksamkeit ausdehnenden
Actien- und Versicherungsgesellschaften, sowie der Erwerbs- und
WirthschaftSgenossenschaften regeln. Beide Regierungen einig-
ten sich über den Entwurf eineS allgemeinen Zolltarifs für daS
gemeinsame Zollgebiet, bei dessen Durchführung die Er he-
bung der Zölle in Gold eintritt. Der Abschluß einer
provisorischen Verlängerung der Handelsverträge mit England
und Frankreich stehe bevor, die Verhandlungen über den Ber-
würfe vereinbart, eben so über die Einführung einer Verbrauchs-
abgabe für Mineral-Oele. Zur Lösung der Bantfrage ist un-
ter Aufrechterhaltung deS Prinzips der Noteneinheit der Eni-
wurf von Bankstatuten und ein Reglement ausgearbeitet Die
Frage der LOMillionenschuld soll Deputationen beider Vertre-
tungSkörper, eventuell einem Schiedsgericht vorgelegt werden.
In Erwartung der Beendigung der Verhandlungen mit der
Nationalbank werden das Zoll- und HandelSbündniß, daS
Quotengesetz, die VerzehrungSsteuergesetze, die Bankacte und ddS
Achtzig-Millionen-Schulbgesetz im Januar, eben so jedenfalls
vor der endgültigen Beschlußfassung des ReichSratheS über die
gesammten Vorlagen auch der Zolltarif vorgelegt werden.
England. Eine Depesche deS englischen Botschafters in
St. Petersburg, Lord LoftuS, an Lord Derby dd Aalta, 2.
Nov., berichtet über die Audienz, welche LoftuS beim Kaiser
hatte. Der Kaiser zeigte LoftuS die Annahme deS Waffen-
stillstandeS an, indem er erklärte: er habe daS Ultimatum ge-
stellt um weiteres Blutvergießen zu verhindern, er wünsche den
Zusammentritt der Conferenz auf der Grundlage der englischen
Vorschläge. Der Kaiser warf sodann einen Rückblick aus die
jüngsten Verhandlungen und wieS nach, daß alles geschehen
sei um eine friedliche Lösung herbeizuführen. Die Pforte habe
aber den Mächten eine Ohrfeige gegeben. Wenn auch Europa
wiederholte Zurückweisungen fich gefallen lassen wollte, so ge-
statte eS doch Rußlands Würde richt dieselben hinzunehmen.
Der Kaiser wünsche nicht sich von dem europäischen Coneert
zu trennen, aber die jetzige Lage sei unerträglich; wenn Europa
nicht energisch handle, sei er genöthigt allein vorzugehen. Der
Kaiser bedauerte das eingewurzelte Mißtrauen gegen die russische
Politik und die Besorgniß von russischen Eroberungsplänen,
welche fortgesetzt in England zu Tage treten; er habe zu wie-
derholten Malen die freundlichste Versicherung gegeben, daß er
keine Eroberungen wünsche, nicht die geringste Absicht habe
Konstantinopel sich anzueignen. Die Erzählungen vom Testament
PeterS deS Großen und den großen Plänen der Kaiserin Katha-