Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

Banknoten. „Jetzt bin ich reich genug!" würde mancher tto« 
redliche gedacht und den schönen Fund für sich behalten haben. 
Uber nicht so machte eS die brave Frau. Sogleich ging sie 
mit dem gefundenen Geld aus-s Polizeiamt, Anzeige zu machen. 
Der Eigentümer ließ sich gerne finden und zahlte der Fin- 
tottt zum Dank für ihre Ehrlichkeit das ebenfalls schöne 
Sümmchen von 20,000 Fr.' Beide haben'S brav gemacht! 
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* Luzern. Ueber «inen Doppelmord, der letzthin in Luzern 
vorgefallen, wird der .R. Z. Z-g." geschrieben: «in junger 
Rann, zirka 21 Jahre alt und mütterlicherseits mit einer ; 
guten hiesigen Bürgerfamilie verwandt, wohnte bei feinen El« 
tern, an der Reuß, gegenüber der Kaserne. Sein Bater ist 
Württemberger. Er war eine Zeit lang Angestellter in einem 
hiesigen Geschäfte, in letzter Zeit aber ohne bestimmt« Arbeit. 
Am Freitag AbendS sah man ihn noch in mehreren Wirth- 
schaftm. In einer wieS er seinen Bekannten einen Dolch, 
welchen er auS Amerika als Geschenk wollte erhalten haben. 
Räch S Uhr kam er nach Hause. Hier wollte er sich zuerst er- 
schieße,^ waS aber von den anwesenden Hausgenossen verhin- 
dert wurde, worauf eS ihm gelang, mit dem Dolch sich einen 
4 Zoll tiefen Stich in'S Herz zu geben. Die Familie selbst 
befindet sich, so viel man weiß, finanziell in guter Lage. Der 
Verstorbene wird alS eine angenehme Persönlichkeit, allein alS 
»in bedeutender Phantast geschildert. 
Gerade in dem Hause neben der Egger'schen Wohnung 
wohnte Herr Kenner-Hermann. Hr. Fenner ist der Sohn des 
hiesigen Telegraphen-Dir«ktorö Fenner, gebürtig von KüSnach», 
Kanton Zürich, und selbst aus dem Telegraphenbureau ange. 
stellt. Der junge Fenner lernte seine Frau vor zirka 2 Iah« 
reo kennen. Sie ist die Tochter eines Tirolers, Ramens Her 
mann , welcher seiner Zeit mit einer Ostschweizerin sich ver- 
heirathete und dann Jahre lang in Guatemala lebte, wo «r 
«in ordentliches Vermögen erworben. Der junge Fenner 
«achte vor 1% Jahren seine Hochzeitsreise nach Guatemala, 
und ist erst seit einem Jahre zurück. Roch am letzten Mitt- 
Moch war daS Paar gemeinschaftlich im Theater und Frau 
Fenner in heiterster Laune. SamStag Morgen nach 7 Uhr 
»erließ sie die Wohnung und begab sich zum Bahnhof. Von 
hier entfernte sie fich in einer Droschke, fuhr an die Freitreppe 
der Hofkirche, eilte neben derselben vorbei, und in der nörd« 
lichen Halle gerade am Ausgange gegen das Wesmelin-Kloster 
zog fie die Pistole; die Kugel drang in'S Gehirn und sie 
stürzte sofort todt nieder. 
ES geschah dieses einige Minuten nach acht Uhr, als die 
Kirche und noch theilweise die Umgebung derselben wegen dem 
»den stattfindenden Leichenbegängnis eines der ältesten und be- 
liebtesten hiesigen Bürger mit L«uten angefüllt war. Ein Bru- 
d«S jungen Egger befand sich, als Frau Kenner ausstieg, auf 
dem Vorplätze der Kathedrale. Er suchte einen bei obigem 
Leichenbegängnisse anwesenden Verwandten auf, um ihn wegen 
der Beerdigung feines BruderS zu berathen. Sobald er Frau 
Fenner sah, eilte er ihr nach, kam aber, wie eS scheint, zu 
frät, er entriß der Niedergestürzten die Pistole und eilte mit 
derselben auf die Polizei. Deßhalb entstand zuerst das Ge 
rücht, Frau Fenner sei erschossen worden. Frau Fenner, erst 
22 Fahre alt, galt allgemein als ein« der schönsten junge» 
Frauen der Stadt. Sofort brachte daS Publikum beide Selbst 
morde mit einander in Verbindung: ob und wie weit diese 
Verbindung eine tatsächliche Unterlage hat, wird wohl kaum 
ermittelt, da die Lippen beider, welche die Geheimnisse dieser 
Herzen bewachen, auf ewig geschloffen find. Thatsache ist, 
daß Frau Fenner am Morgen beim Frühstücke erst den Selbst- 
mord de« jungen Egger erfuhr und man auf ihrer Leiche Eg- 
gerS Bildniß fand. 
Das Aufsehen, welches dieses Drama in uuserer kleinstädti- 
chen Stavt macht«, ist kaum beschreiblich. Beide Familien der 
Hinterlassen«» verdienen die vollste Theilnahme. Die That der 
Frau Fenner ist allen, welche sie näher kannten, eine total un« 
begreifliche; und die Entschlossenheit und Sicherheit, mit wel- 
cher sie sich daS Leben nahm, jedenfalls eine ganz äußerst» 
deutliche. 
Räch dem „Luzerner Tagblatte" hat sich das Drama 
des Doppelselbstmordes bereits aufgeklärt DaS Verhältniß 
»wischen Frau Kenner und Herrn Egger scheint schon längere 
Zeit bestanden zu haben; die jungen Leute konnten sich täglich 
sehen, wohl auch häufig sprechen. Auch wurde ein Briefwech« 
fei unterhallen; im Sekretär des Herrn Egger fanden sich 
Briefe der Frau Kenner vor. Man nahm in der Stadt all- 
gemein an, daß das Ehepaar Fenner in glücklichen Verhält- 
nissen lebe; der bedauernSwsrthe Gatte ahnte wohl kaum, daß 
ein Anderer von dem Herzen feiner jungen Frau Besitz genom- 
meu habe. Da Herr Egger keinen Weg vor sich sah, wie er 
in den Besitz der Geliebten gelangen könne, so griff er Frei- 
tag Abend zum Dolche und stieß sich denselben in'S Herz. Frau 
Fenner erhielt von der unglückseligen That erst am Samstag 
Morgen nach 7 Uhr Kunde. Sie soll zu der Person, welche 
ihr den Selbstmord des Herrn Egger mittheilte, geäußert ha- 
den, wenn fie mit der Mutter des Letztern hätte reden können, 
so würde die That nicht geschehen sein. Frau Fenner schrieb 
sofort einen Brief an Frau Egger, in welchem sie die Schuld 
an dem Tode des Sohnes sich zuschreibt und erklärt, sie werde 
diese Schnld dadurch sühnen, »aß fie das Schicksal des Ge- 
liebten theile, was dann in bekannter Weise geschah. 
* Graubünden. Laut der am 21. April 1876 vorge 
nommenen Viehzählung besitzt der Kanton 3391 Pferde, 14 
Maulthiere, 40 Esel, 77,360 Stück Rindvieh, (nämlich 17,418 
Kälber unter 6 Monaten, 17,137 Stück Jungvieh, 9.120 
trächtige Rinder, 31,967 Kühe, 459 Zuchtstiere und 2.839 
andere Stiere), 18,674 Schweine, 82,215 Schafe, 49,165 
Ziegen und 5,827 — Bienenstöcke. Gegenüber der letzten 
Zählung von 1866 ergibt sich ein PluS von 290 Pferden, 
Eseln und Maulthieren, ein Minus von 4100 Stück Rind 
vieh ein Plus von 433 Schweinen, ein Minus von 4,536 
Schafen und ein PluS von 4,621 Ziegen. 
Berantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: Dr. Rudolf Schindler. 
Thermometerstand «ach Reaumur i« Vaduz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
Nov. 8. 
0 
+ 2V 4 
- % 
trüb; schneit 
„ 9. 
— 5 
0 
~~~ 2^2 
n 
» 10. 
— 3 
+ V2 
- 2*/ 4 
tf 
„ 11. 
- 6*/ 4 
— 2 
- 4 
hell 
„ 12. 
— 4 
+ 3 
+ 3% 
trüb; etw. Reg. 
tf 13. 
+ 5 
+10 
• + 5 
fast hell 
„ 14. 
+ l'/i 
+ 7V 4 
+ 3V 2 
hell. 
Telegrafischer Kursbericht von Wie». 
16. Rovemb. Silber... . 109.25 
20-Frankenstücke 9.99 
Druck von Heinrich Graff in Zeldtirch.
	        

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