Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

Liechtensteinische 
Vierter Jahrgang« 
Baduz, Freitag 
M. S. 
den 4. Februar 1876. 
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Vaterländisches. 
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte. 
65. Die Fürsten von Liechtenstein. 
(Fortsetzung.) 
In unserm Lande bestand zwischen den geistlichen und welt- 
lichen Oberbehörden stetS ein friedliches Verhältnis Die ein 
zige Störung desselben veranlaßt? die im Folgenden erzählte 
Streitigkeit Allein obgleich eS hiebet einen sehr heftigen Kampf 
absetzte und beide Theile ihre schärfsten Waffen in Verwendung 
brachten, dauerte eS doch nicht lange, bis die frühern Be- 
Ziehungen wieder eintraten. Der Grund liegt wohl darin, daß 
die Zerwürfnisse nicht gerade eigentlich grundsätzlicher Natur 
waren. Die Veranlassung "war folgende: Der Änkauf der 
Herrschaften Vaduz und Schellenberg und das beim schwäbi 
schen Kreise erlegte Kapital belief sich auf die Summe von 
661,000 fl Da der Ertrag der herrschaftlichen Gefälle kaum 
hinreichte, die Zinsen zu decken, so erhielt der fürstl Kommissär 
Harprecht den Auftrag, die Verwaltung zu ordnen und wurde 
zu diesem Zwecke mit einer ausführlichen Instruktion versehen. 
Hiebei wurde der Novalzehnte, d. h. der Zehnte von neuan- 
gelegten Aeckern als herrschaftliches Eigenthum erklärt Der 
fürstl. Verwalter Brandl zog denselben ein und wo man sich 
weigerte, brauchte er Gewalt. Da aber der Zehnten einen 
Theil deS Einkommens der Geistlichkeit bildete, fühlte sich diese 
in ihrem Eigenthum beeinträchtigt, machte Vorstellungen und 
alS diese erfolglos waren, klagte sie beim Bischof Ulrich VII 
von Chur. Dieser richtete den 12, Juli 1719 ein Schreiben 
an den Verwalter Brändl und bedrohte ihn und seine Gehil- 
fen mit der Exkommunikation, sofern sie ihr Verfahren nicht 
einstellen würden. Da dies nicht geschah, verhängte der Bi* 
fchof den 17. Juli wirklich die angedrohte Exkommunikation 
und das betreffende Dekret wurde in allen Pfarrkirchen deS 
Fürstenthums verkündet Als der Verwalter dessenungeachtet 
vor wie nach den Novalzehnten zu Händen der Herrschast ein- 
zog, so verschärfte der Bischof seine Zensur und belegte die 
Kapellen im Schlosse und im Dorfe zu Vaduz mit dem In« 
terdikt, d h. er verbot alle geistlichen Verrichtungen in den« 
selben 
Die Beamten berichteten flelßig an den Fürsten und dieser 
schlug vor, die Sache durch den Kaiser entscheiden zu lassen 
Der Bischof ging, jedoch hierauf nicht ein, indem er sich auf 
. die Immunität berief. Hierauf erschien ein fürstl. Mandat vom 
14. September 1720, wodurch die geistlichen Güter mit Be^ 
schlag belegt wurden. Den Pfarrherrn von Schaan, Triefen 
und Bendern und den beiden Hofkaplänen in Vaduz wurden 
alle Einkünfte entzogen und Jedermann verboten, ihnen etwas 
zu geben oder zu arbeiten. DaS Volk htUt es jedoch mehr 
mit der Geistlichkeit als mit den Beamte^ und als Verwalkter 
Brandl nach Triefen kam, um den Novalzehnten einzuziehen, 
wurde Sturm geläutet und die Bürgerfchaft rückte bewaffnet 
aus, um ihn zu vertreiben. Abt Milo von Et. Luzi wandte 
sich an den Hauptmann v. Kirchmayr in Wien und bat ihn 
die Sache der Geistlichkeit zu vertreten. Derselbe antwortet 
den 17 Dezbr. 1720, er habe eS an Vorstellungen beim Se- 
kretär deS Fürsten nicht fehlen lassen, jedoch ohne etwas er- 
zielen zu können, da die Angelegenheit bereits dem ReichShof- 
gerichte zur Entscheidung übergeben worden sei. Dort walte 
nun die rechtliche Untersuchung. 
Unterdessen hatten sich auch Anstände zwischen den Gemein- 
den und den Beamten entwickelt. Es handelte sich hiebei zu- 
erst um die Rückgabe von HerrschaftSgütern. Am 15. Juli 
1718 erschien nämlich ein kaiserliches Mandat, welches unge- 
säumte Zurückgabe deS DominikalguteS befahl. Vaduz und 
Schaan hatten die Au am Rhein, die Allmend ob Pardell ge- 
nannt, eine Strecke untragbaren Landes an der Landstraße ge- 
gen Triefen nnd Anderes auSgereutet und urbar gemacht. 
Die Gemeinden behaupteten, sie hätten piese Güter von den 
Grafen von HohenemS gekauft und verweigerten die Heraus- 
gäbe. Die Geldstrafen, welche ihnen deßhalb auferlegt wur- 
den, zahlten sie nicht. Da erschien ven 27. Juli 1720 aber- 
malS ein kaiserliches Mandat, welches die Rückgabe bei schwe- 
rer Strafe defahl und von allem Aufruhr und allen Thät- 
lichkeiten abmahnte. 
Ausland. 
Oesterreich» Aus Earlowitz wird d. A. A Ztg. ge- 
schrieben: Ee>t einiger Zeit sind an der österreichisch-türkischen 
Grenze militärische Vorbereitungen bemerkbar, die ohne Zweifel 
mit den orientalischen Verwicklungen im engsten Zusammen- 
hange stehen Natürlich bin ich in die Details dieser Vor- 
bereitungen nicht eingeweiht; ich kann daher auch nur That- 
fachen melken, ohne mich in weitere (Kombinationen einzulassen. 
In der benachbarten Festung Peterwardein ist der Befehl er- 
gangen daß alle Casematten und Quartiere von den Civil- 
persenen binnen 14 Tagen geräumt werden sollen. In den 
zahlreichen und geräumigen Casematten der Festung haben 
nämlich die Weinproduzenten aus der Umgebung ihre Weine um 
billigen MltbzinS gehalten. Jetzt müssen dieselben binnen 14 
Tagen ausziehen. Das dort garnisonirende Regiment Cäfare- 
witsch hat Marschbefehl nach Semlin erhalten I« einigen 
Tagen soll ein ganzes Bataillon Pioniere in Peterwardein 
einrücken. Auch erwartet man einen ganzen Brückenpark. 
Peterwardein soll eine Besatzung von mehreren tausend Mann 
erhalten. DaS gleiche wird auS der Festung Essek berichtet.
	        

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