Liechtensteinische
Vierter Jahrgang
Vaduz, Freitag
Xr. 43.
den 27. Oktober 1876
sammt
das
der
Redaktion in Vaduz oder bei den betreffenden Postämtern. — EinrückunMebühr für die zgefpaltene Zeile 5 kr. — Briefe und Gelder
werden franeo erbeten an die Redaktion in Vaduz.
Vaterländisches.
Baduz, 25. Oktob. Unsere letzthin ausgesprochene Per-
muthung, die Qualität der heurigen Weinernte werde voraus-
sichtlich jener deS 1874er Jahrgangs nicht nachstehen, hat sich
mehr als bestätigt, indem nach den bisherigen Zuckerwägungen
der DurchschnittSgrad sehr wahrscheinlich höher als im Jahre
1874 stehen wird. Die Nachfrage nach Wein ist Heuer eine
außerordentliche, so daß wenigstens hier in Baduz die Bedürf
nisse nicht annähernd gedeckt werden können. Dem entspre-
chend sind auch die Preise bedeutend gestiegen.
Die Qualität und die guten Preise müssen unS demnach
die geringe Quantität vergessen lassen.
Paduz, 25. Okt. Während bis zur Stunde de* Viehhan
del in der untern Schweiz und ennet den Bergen, sowie in
Bünden flau gegangen, zeigte der Centralviehmarkt in Chur
vom 10. dS. bessere Symptome. Der Handel war lebhast
und die Preise zogen an. Für eine Kuh waren 38 LouiSd'or
geboten.
Wie der „Bote de^Urschweiz" berichtet, lauten die Berichte
auS Italien über denVerlauf des ViehhandelS immer ungün
stiger : Wenn man vom italienischen Viehmarkte heimkehrende
Deutsche frägt, wie eS da drinnen gehe, so antworten ste ein-
fach, „ja verkaufen kann man genug", aber daS Fatale, wie
verkaufen? Hier im eigenen Lande treibt man die Viehpreise
auf eine unvernünftige Höhe und gefällt sich noch in dem
Wahn öffentlich rühmen zu können, wie theuer man dieS Rind
oder jene Kuh gekauft habe Aber bezahlen die italienischen
Biehändler auch mehr? Rem bewahre; nur hiesige Spekulan-
ten verpfuschen den Handel noch in einer Weise, daß man sa-
gen muß, der Viehhandel ist gegenwärtig auf keinem gesunden
Boden, eS ist Viehschwindel, der aber sein Ziel so gut erreichen
wird, als der Schwindel in anderer Richtung fertig geworden
ist. — Der Gemeinderath von Grabs hat eine ganz zeit- und
zweckmäßige Bekanntmachung erlassen, wonach für jede Per-
zeigung eines minderjährigen Knaben, der beim Rauchen be-
troffen wird, oder eines Erwachsenen, der sich feuergefahrliche
Handlungen erlaubt, eine Prämie von 5 Fr. ausgesetzt wird.
Eltern und Vormünder werden für Uebertretungen dieses Ver-
boteS durch ihre Kinder, resp. Mündel verantwortlich erklärt.
— Ein gleiches Verbot hat anch der Gemeinderath von Buchs
erlassen.
Ausland.
Die Nachrichten, welche über die türkisch-serbischen Waf
fenstillstandsverhandlungen einlaufen, deuten von Tag zu Tag
mehr darauf hin, daß der von Rußland schon längst beabsich-
tigte und geplante Krieg mit der Türkei nun vor der Thüre
steht.
Die „TimeS" veröffentlicht den Wortlaut deS Schriftstücks
womit die Türkei den Mächten den Vorschlag eines sechSmo-
natlichen Waffenstillstandes zugestellt hat. DaS Aktenstück lau-
tet in deutscher Übersetzung:
„Die hohe Pforte hat die Vorschläge der vermittelnden
Mächte über den Abschluß eines regelmäßigen Waffenstillstan
des, der die Aufhebung der Feindseligkeiten gegen Serbien und
Montenegro zum Zwecke hat, in ernstliche Erwägung gezogen.
In ihrer Antwort vom verflossenen September hatte die hohe
Pforte den befreundeten Regierungen die Gründe kundgegeben,
welche nu Hinblick auf den damaligen Stand der FriedenSän-
getegenheit den Abschluß eineS regelmäßigen Waffenstillstandes
Mwothig machten. Indem dtefmf. Regierung heute von dem
Vorschlag der Mächte für die Wiederherstellung deS Friedens
mit Serbien und Montenegro auf der Grundlage des ststus
quo ante Akt nimmt und sich dabei stets bereit erklärt die Ent-
fcheidung der Mächte betreffs der von ihr in der obgenannten
Antwort vorschlagen?« Bedingungen anzunehmen, steht sie nicht an,
ihre Zustimmung zu dem Abschluß eineS Waffenstillstandes zu
geben. Doch ist leicht anzuerkennen, daß man angesichts deS
HerannahenS der schlechten Jahreszeit die Dauer des Waffen-
stillstandeS wohl über die Gränzen des von den Mächten vor-
geschienen Maximums hinaus ausdehnen sollte. Auch glaubt
die Pforte, daß er eine Dauer von 6 Monaten umfassen sollte,
beginnend im Oktober und endend den 31. März alten Stilö.
ES hängt nunmehr von den wohlwollenden Maßnahmen der
vermittelnden Mächte ab die Einstellung der Feindseligkeiten zu
beschleunigen, indem sie baldmöglichst ihre Bevollmächtigte er-
nennen, um den Waffenstillstand an Ort und Stelle zu regeln.
Die hohe Pforte wird ihrerseits den Befehlshabern der kaiser-
lichen Truppen die nöthigen Weisungen zukommen lassen, und
die Vertreter der Mächte werden sich mit ihnen eben so wie
mit den Heerführern der beiden Fürstenthümer über die Ein-
zelheiten der Angelegenheit zu verständigen haben, indem sie
den strengen Anforderungen und der Notwendigkeit Rechnung
tragen, daß die zur Zeit im Besitze der oSmanischen Truppen
befindlichen Stellungen nicht wieder von den Serben besetzt wer-
den. Im vollen Vertrauen auf das hohe Billigkeitsgefühl der
vermittelnden Mächte nimmt die hohe Pforte außerdem gern
an, daß sie Maßregeln ergrtifen werden, um in der Zukunft
die Einführung von Waffen und Kriegsmunitionen in die Für-
stenthümer zu verhindern und dem Zuströmen der Freiwilligen
ein Ende zu machen, welche von Auswärts kommen um an
dem Kampf thätigen Antheil zu nehmen. Es liegt hier eine
anormale Thatsache vor, welche die öffentliche Meinung beun-
ruhigt, wie ste zugleich der kaiserlichen Regierung die größten
Schwierigkeiten bereitet. Seine Fortsetzung würde unfehlbar
ernste Verwicklungen herbeiführen, und die FriedenSanstrengun-