Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

und wohlfeiles Nahrungsmittel, das „Brod der Armen." Aber 
gerade als Nahrungsmittel wird sie im Allgemeinen weit über- 
schätzt und in vielen Gegenden zum Nachtheil der Bevölkerung 
im Uebermaß genossen. 
Man hat in einem Zentner Kartoffeln im August 10 Pfund 
Stärke gefunden, im Herbstmonat 14 Pfund, im Weinmonat 
15 Pfund, im Wintermonat 16 Pfund, im Jänner und Hör- 
nung am meisten, nämlich 17 Pfund, dann im März 15, im 
April 13, im Mai nur noch 10 Pfund. Sie ist also nach 
Reujahr am stürkemehlreichsten und nahrhaftesten. Allein nimmt 
man sie auch zu dieser Zeit vor, so enthält sie in 100 Pfund 
doch noch 75 Pfund Waffer, 17 Pfund Stärke, 3 Pfund 
Gummi und Schleim und bloS etwas du 2 Pfund stickstoffhal 
tige Nährstoffe, während z. V. 100 Pfund Erbsen 22% 
Pfund dieser Nährstoffe nebst 45 Pfund Stärke, 100 Pfund 
Weizen aber LI Pfund Stärke nebst 13 Pfund stickstoffhaltige 
Nährstoffe enthalten. 
Für die Ernährung deS Menschen sind aber die stickstoff- 
haltigen Stoffe (Eiweiß, Kleber, Käfestoff) und die stickstofflo- 
sen (Stärke, Gummi, Zucker, Fett u. s. w.) von ungleicher 
Bedeutung. Erstere erzeugen unter Beizug von Mineraltheilen 
Knochen und Muskelfleisch, letztere dienen wesentlich zur Cr- 
Haltung deS AthemS uud zur Erzeugung von Fett. Bon jenen 
(den Knochen- und Fleischbildnern) braucht ein erwachsener 
Mensch täglich etwa 9 Loth, von den Fettbildnern und Ath- 
mungSmitteln etwa 21 Loth. Nährt sich nun ein Mensch 
ausschließlich von Kartoffeln, so muß er tägltch etwa 14% 
Pfund zu sich nehmen, um die 9 Loth knochen- und fleischer- 
zeugenden NahrungSftoffe zu erhalten, die er nothwendig be- 
darf; während dieselben in bloß etwa 1 % Pfund Brod oder 
in 20 Loth Fleisch oder Bohnen ebenfalls vorhanden sind. 
Jene Kartoffelmasse vermöchte er aber nicht ordentlich zu ver^ 
dauen, und sie würde ihn auch mehr kosten als die nöthige 
Menge an Fleisch oder Brod oder Hülsenfrüchten. 
Daraus geht nun klar hervor, daß eim W auSfchließ- 
liche Kartoffelnahrung theuer.und zugleich höchst unzweckmäßig 
ist. Sie mästet, d. h. liefert überschüssig viel fettbildende und 
viel zu wenig knochen- und fleischbildende Stoffe. Da große 
Mengen eingenommen werden müssen, stören diese die Ber- 
dauungSthätigkeit, bleiben als schleimiger Kleister im Darmkanal 
liegen, veranlassen Stockung der Säfte, Dickleibigkeit, blasses, 
aufgedunsenes Aussehen, Trägheit — eine Erscheinung, die 
wir in armen Fabrikgegenden, wo Kartoffeln und dünner 
Kaffee die tägliche Nahrung bilden, nur allzuhäufig antreffen. 
Aber nicht nur dort. In Deutschland und Frankreich sind 
nahe ein Dritttheil der Bevölkerung auf die Kartoffel als ihre 
Hauptnahrung angewiesen. In Folge derselben hat sie sich 
aber auch körperlich merklich verschlechtert, und seit Einführung 
der Kartoffel ist in beiden Ländern die mittlere MannSgröße 
gesunken, und hat die Arbeitsfähigkeit, die Kraft und Dauer- 
haftigkeitder Bevölkerung abgenommen ; immerhin ist aber die Be- 
völkerung nicht verhungert. Dagegen sind die Kartoffeln als Zugabe 
zu stickstoffreichen Nahrungsmitteln (Fleisch, Eiern, Brod oder 
in Verbindung mit Milch, Käse, geröstetem Mehl, Rüben u. 
dgl.) Hoch zu schätzen. 
Auch zur Fütterung deS VieheS haben die Kartoffeln nicht 
den großen Nährwerth, der ihnen oft beigemessen wird. 100 
Pfund Kartoffeln ersetzen nur 54 Pfund Heu oder 18 Pfund 
Roggenkörner. Um die Nährkrast von 100 Pfund Heu zu 
ersetzen, muß man also 183 Pfund Kartoffeln füttern. Da- 
nach kann der Bauer leicht ausrechnen, wie viel er für den 
Zentner Futterkartoffeln im Verhältniß zum laufenden HeupreiS 
bezahlen darf. Für Milchkühe taugen rohe, für Mastvieh ge- 
sottene Kartoffeln besser. Fast ganz werthlos ist das Kartof 
felkraut zur Fütterung, indem 1 Zentner desselben nur 6 Pfund 
Heu ersetzt. Vor unreifen Knollen aber ist zu warnen. Sie 
enthalten wie auch die Keime, welche im Frühling in feuchten 
Kellern auSwachsen, einen betäubenden Giftstoff. 
(Wiener Landwirthschastliche Zeitung.) Seit dem 
Jahre 1851 erscheint in Wien eine landwirthschastliche Zeitung 
die, seit sie unter der Redaktion deS gegenwärtigen Heraus^ 
geberS, Hugo H. Hitschmann, steht, mit Recht die größte, 
reichhaltigste und beste landwirthschastliche Zeitung Oesterreich- 
Ungarns genannt werden muß. Bon dem Herausgeber und 
den andern Redakteuren mit Fleiß und Umsicht redigirt und 
von den hervorragendsten Fachmännern, Gelehrten und Prak-» 
tikern unterstützt, bietet sie in jeder ihrer Nummern eine so 
reiche Fülle der mannigfaltigsten meist reich und schön illu- 
stritten Aufsätze und kleineren Notizen, daß wir sie jed em Land- 
wirthe um so mehr auf daS wärmste empfehlen können, «I* 
das Blatt, wenn eS direkt bei der Administration in Wien, 
I., Dominikanerbastei 5, pränumerirt wird, ganzjährig nur 8 fl. 
(vierteljährig 2 st.) kostet. Wir werden im Interesse unserer 
Leser auS dem Kreise der Landwirthe von nun an regelmäßig 
den Inhalt der jeweiligen Wochennummer dieses auSgezeich- 
neten Blattes an dieser Stelle mittheilen. 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler» 
Bekanntmachung. 
ES werden SamStag den 21. Oktober, Rachmit- 
tagS 2 Uhr, größere im Gemeindebezirk Ruggell gelegene 
Hochwuhr- und Halbhochwuhrbauten im Gasthause deS Herrn 
Madlener »n Ruggell auf dem AbsteigerungSwege verge- 
den werden. 
Hierauf Reflektirende können jedoch auch diesbezügliche An- 
gebothe bis 23. Oktober Mittags schriftlich bei der gefertigten 
Stelle einreichen. 
Vaduz, den 13. Oktober 1876. 
F. L. Baubureau: 
Rheinberger. 
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Breamz vom 13. Okt. 
Der halbe Metzen 
( beste 
mittlere 
geringe 
.. 
1 jJ 
kr. 
fl 1 kr. 
fl. 
kr. 
Korn 
1 3 
40 
3 
15 
3 
05 
Roggen . . . . 
1 2 
80 
2 
60 
2 
50 
Gerste 
II *> 
II w 
70 
2 
50 
2 
30 
Türken .... 
2 
80 
2 
50 
2 
20 
Hafer 
1 1 
70 
t 
60 
1 
50 
Thermometerstand nach Reanmnr in Badnz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
Okt. 11. 
+10% 
+19 
+14% 
hell 
„ 12. 
+13% 
+20 
+17 
„ Föhnwd. 
. 13. 
+14% 
+19 
+ 16% 
ff 1t 
» 14 
+H% 
+i7 y 2 
+12'/z 
hell 
. 15. 
+ 8% 
+14 
+10% 
• 
„ 16. 
~i" 6 
+14% 
+10 
n 
„ 17. 
+ 4% 
+13 
+ 9'>4 
hell; Mrg. Nebel. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
18. Oktober Silber 102.30 
20-Frankenstücke . 9.77% 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.