Liechtensteinische
Vierter Jahrgang
Baduz, Frtitag
Xr. 3S.
den i. September 181$,
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Ausland.
Bom Kriegsschauplatz
ist als daS wichtigste Ereigniß zu bezeichnen, daß Serbien die
Lermittelung der europäischen Mächte zur Herstellung des Frie
dens angerufen hat.
Zur BermittelungSfrage bringen die Wiener Blatter fol-
gen de Belgrader Telegramme: „Belgrad, 27. Aug. So
eben hat Fürst Wrede aus Wien die telegraphische Instruktion
erhalten, daß die österreichisch-ungarische Regierung bereit sei,
Serbien ihre guten Dienste zur Herstellung deS Friedens auf
Grund solcher Bedingungen welche den territorialen Status quo
ante nicht alteriren, im Einvernehmen mit den Konferenzmäch-
ten zu leisten." — ^Der Skupschtina-Ausschuß genehmigte
den Vorschlag daß der Fürst die FriedenSvermittelung der
Mächte ansuche, mit der Motivirung, daß die Siege Tscher-
najeffS Serbien ohne Demüthigung gestatten, den ersten Schritt
zur Beendigung des für die serbischen Waffen ehrenvollen, je-
doch in Folge des Ausbleibens zugesagter Unterstützung vor-
auSfichtlich erfolglosen Krieges zu thun." Der „TimeS "-Kor
respondent in Belgrad macht Mittheilungen über die Ansprache,
welche Fürst Milan an die diplomatischen Agenten gehalten.
Er habe beabsichtigt, sie bereits in voriger Woche zusammen-
zurufen, wenn nicht die Proklamation der Pforte an die Ser-
ben und der beabsichtigte Angriff der Türken auf Alexinatz eS
den Serben zur Ehrenpflicht gemacht hätte, diesen Angriff durch
die mit der Bertheidigung jener Stellung betraute Armee zu-
rückzuweisen. DaS sei mm in sechstägigen Kämpfen geschehen.
Der Ehre Serbiens sei jetzt genug gethan, waS auch der
schlteßliche Ausgang des Kampfes sein möge. WaS die tür-
kische Proklamation betreffe, so wolle er nur erwähnen, daß,
wenn die serbische Regierung gleich nach Erlassung derselben
um Frieden ersucht habe, daS ihr als Furcht ausgelegt werden
konnte. Er ersuche die fremden Mächte jetzt zugleich auch um
ihre Vermittlung zwischen der Pforte und Montenegro.
Die englischen Blätter vom 26. bringen telegraphische Be-
richte, jedoch Belgrader Ursprungs, wonach die anfänglichen
Erfolge der Türken in den ersten 5 Tagen deS Kampfes um
Alexinatz am 6. Tage durch einen entscheidenden Sieg, welchen
Tschernajeff im Verein mit Horwatowitsch über den rechten
Flügel der Türken davongetragen, vollständig zu Nichte gemacht
seien. Von den Privatcorrespondenten der englischen Blätter
in den beiderseitigen Hauptquartieren sind noch keine bestätig
gende oder verwerfende Depeschen eingetroffen. Nur der Pri-
vatcorrespondent der türkenfeindlichen „Daily News" gibt eini
ge ergänzende Einzelheiten. Demnach gab Horwatowitsch die
Verfolgung der Türken in der Richtung von Tresibaba auf
und griff ven rechten Flügel der Türken im Rücken an, wäh
rend Tschnernajcff sie in der Front faßte. Der Verlust der
1 1
Türken wird von- dem russischen General auf 15—20,000
Mann angegeben, an welcher Ziffer wohl eine Null zu (frei*
chen sein ivird. Von russischen Osficieren sollen 31 gefallen
fein.
Die „Pol. Csrresp." berichtet vom Kriegsschauplatz an der
Morawa aus Belgrad, 24. August: Entgegen den Rachrich-
ten, die von einer Beschießung der Älexinatzer Schanzen von
Seite der Türken zu erzählen, wissen, kann authentisch Versi
chert werden, daß die türkische Armee bis jetzt die eigentlichen
Schanzen und Redouten der genannten Stadt gar nicht zu
Gesicht bekommen hat. Die Serben haben unmittelbar an des
Gränze starke Erdwerke und Verhaue errichtet, und diese wa
ren eS, welche bisher von den Türken beschossen und berannt
wurden. UebrigmS haben die serbischen Truppen selbst diese
Schutzwehren häufig verlassen und find offensiv gegen die Tür-
ken vorgegangen. Die Truppen haben sich außerordentlich
wacker gehalten. Daß sie nicht schon früher Erfolge aufzm
weisen hatten, liegt einzig und allein nur daran, daß Tscher-
najeff die Armee erst organisiren und an beit Krieg gewöhnen
mußte Cr fand allerdings ein gutes Material vor; allein
der militärische Geist, die DiSciplin und der innere Kitt ließen
viel zu wünschen übrig. Nunmehr aber ist viel nachgeholt
worden, und die Armee befindet sich jetzt in einer ganz respeks
tablen Verfassung."
Der „Presse" wird auS Belgrad, 24. Aug. folgender
„Stimmungsbericht" erstattet:
„Seit fünf Tagen wird ohne Unterlaß gekämpft, nur die
Nacht gibt den Kämpfern einen Moment Ruhe, man hat nicht
Zeit die Gefallenen zu beerdigen, der heranbrechende Abend
trennt die in wüthendem Kampfe Verbissenen. Der Morgen
findet die Feinde wieder Mann an Mann gegen einander stehend,
und mehr mit dem Messer als mit der Schießwaffe attqkjrend.
Die Türken Areifen mit einer Vehemenz an, die unwiderstehlich
wäre, wenn nicht die Serben andrerseits, wissend, daß alles
auf dem Spiel ist, eine Todesverachtung an den Tag legten»
der sie eS verdanken, daß heute das Morawa-Thal noch in
ihrem Besitz, und der südliche Timok wieder in ihren Händen
ist. Man gesteht jetzt, daß der Geist der Armee anfangs kein
sehr günstiger war, daß Mutlosigkeit gar viele beschlich, die
schlechte Bewaffnung auch den Kampflustigen daS Vertrauen
benahm; allein das soll jetzt alles wieder beseitigt sein. DaS
Wunder bewirkt zu haben wird einerseits Tschernajeff zuges
schrieben, andrerseits dem psychologischen Prozeß, wonach mit
der Gefahr auch der Muth wächst. Ich habe die Morawa-
Armee nicht selbst gesehen, und kann mich nur auf die franzö
sischen und englischen (Korrespondenten berufen^ die vom Haupt,
quartier hieher gekommen sinh um Briefe zu expediren, unh
dann wieder zur Armee abgehen. Sie loben den Geist der