Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

Liechtensteinische 

Vierter Jahrgang 
Babuz, Frntag 
Ikr. 34. 
dm 25. August 1876. 
Die liechtensteinische Wochenzeitung erscheint jeden Freitag. Sie kostet für das Inland ganzjährig 2 fl., halbjährig l st. fammt 
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«erden franco erbeten an die Redaktion in Vaduz. 
Vaterländisches. 
Statut), den 20. August. $)ie hohen Gäste, deren An- 
kunft wir letzthin berichtet haben, sind heute wieder abgereist. 
Wie man vielseitig vernimmt, sollen dieselben die besten Ein- 
drücke über Land und Volk mit fortgenommen haben. Ander, 
seitS hat auch das freundliche und heral lassende Venehmen 
derselben gegen Jedermann eine angenehme Erinnerung bei 
unS hinterlassen und den Wunsch rege gemacht, sie recht bald 
wieder begrüßen zu können. 
Vaduz, den 20 August. Letzthin ereignete fich im Prät- 
tigäu ein erschütternder Unglücksfall. Der am Rachmittag von 
Landquart das Thal hinaufgehende Hauptpoßwagen stürzte 
beim Bad SerneuS über die vorhandene Barriere in die Tiefe. 
Ein junger Mann wurde dabei gräßlich zugerichtet und blieb 
sofort todt. Drei andere Reifende find mehr oder weniger 
schwer verwundet — ein Kind fand sich fast unversehrt. Bdn 
einem Augenzeugen wurde unS darüber erzählt? Als der Wa- 
gen bei der Unglücksstelle anlangte, befand, sich daselbst ein mit 
Brettern beladeneS Fuhrwerk, das nur einen schmalen Durch- 
weg gestattete. Der Kondukteur stieg auS und begab sich zu 
den Vorpferden, um sie nötigenfalls zu führen. Der Wagen 
hielt still und das Holzfuhrwerk setzte sich in Bewegung. Un- 
glücklicherweise gedeih ein Hinterrad desselben auf einen Hei- 
nm Haufen. Straßen grien, die Ladung überzog und stürzte auf 
die Postpferde, welche sofort mit der Post über die Barriere 
setzten und dem Abgrund zustürzten. Zweimal überschlug der 
Wagen und lag noch gestern, schauerlich zertrümmert, in der 
Tiefe. Die Pferde blieben auf der Stelle todt. WaS daS 
Tragische dieses Unglücks noch erhöht, ist der Umstand, daß 
der zerschmetterte junge Mann ein deutscher Mediziner ist, der 
vor Kurzem in Heidelberg sein Examen rühmlichst bestanden 
hatte und mit seinem Vater eine Reise durch die Schweiz 
nach Italien machen wollte. Der letztere, ebenfalls Arzt, war 
mit dem Kondukteur ausgestiegen und entgieng der Katastrophe, 
um seinen reichbegabten blühenden Sohn als Leiche wieder zu 
finden. Den Verwundeten wurde im Bad SerneuS sofort 
ärztliche Hülfe und alle Fürsorge zu Theil. DaS Fahrperfo- 
nal der Post scheint ganz schuldlos zu sein. 
— In einem Stalle in DavoS soll nach dem „B. T." 
neuerdings der Rotz ausgebrochen sein. 
Ausland. 
Bom Kriegsschauplatz. 
AuS Belgrad, 16. Aug., wird der „Polit. Corr." be- 
stätigt, daß die Vorwärtsbewegung der türkischen Armee nach 
dem Morawa-Thal begonnen hat. Die Ursache des fast zwölf- 
tägigen Waffenstillstandes, welchen Abdul Kerim Pascha den 
Serben gewährte, lag in VerpfiegungSrücksichten und in feinen 
Anstrengungen die bisherigen Verluste seiner Armee auSzu- 
gleichen. In Wirklichkeit hat Abdul Kerim bedeutende Verstär 
kungen an sich gezogen. Achmed Efub Pascha allein verfügt 
jetzt über 58,000 Mann Infanterie, 17 EScadronen Kaval 
lerie und 112 Geschütze. OSman Pascha rückt mit 20,000 
Mann vor. Ali Saib Pascha eommandirt 12 000 Mann In- 
faiMie, 6 EScadronen Cavallerie und 4 Batterien. In den 
detafchirten Forts und dem befestigten Lager von Nifch zählt 
man 15,000 Mann Truppen aller Waffengattung«!. Die 
türkische Operationsarmee gegen Serbien zählt in diesem Augen-' 
blick mindestens 100.000 Soldaten. Mit dieser Macht scheinen 
die türkischen Generale nun entschieden vorwärts dringen zu 
wollen. Die neuesten Meldungen lauten auch, daß die Porhut 
Gjub Pascha'S bereits den Kampf mit Horwatowitfch, welches 
die ersten DefilSeS bei Topla besetzt hält, eröffnet hat. Da 
Tschernajeff sich in der nächsten Nähe, in Deligrad, befindet, 
so wird er auSgiebiege und rasche Hülfe senden können. An 
Zeit dazu hat eS ihm gewiß nicht gefehlt. Tschernajeff, Lesch- 
janin und Tscholak Antitsch verfügen über nicht weniger als 
85.000 Mann mit 170 Geschützen und befinden fich überdies 
in vortrefflichen Positionen. Zur Fortführung des Krieges ge- 
hört aber auch Geld, und dieses ist dem serbischen Finanzmi- 
nister ganz ausgegangen. Es stell! fich daher die Notwendigkeit 
heraus, eine Anleihe zu kontrahiren. Die Regierung hat wtt 
dem permanenten Skupschtina - Ausschüsse die Bewilligung M 
Contrahirung von 25 Millionen Dinars nachgesucht. ES unter- 
liegt keinem Zweifel, daß der Ausschuß dem Verlangen ent- 
sprechen werde. Wie eS aber mit der Aussicht bestellt sei, das 
nöthige Geld in der kürzesten Zeit auszutreiben, ist eine andere' 
Frage. Mit 2 Millionen Dukaten glaubt mav den Krieg even^ 
tuell noch sechS Monate fortführen zu können. Die Regierung 
hat eine neue KriegSsteuer, der die Wohlhabenden unterworfen 
werden, ausgeschrieben. ES wird aber sehr schwer fallen, dieses 
Geld einzutreiben, indem wegen Stockung aller Geschäfte fast 
niemand über baareS Geld verfügt. Man zählt bei der serbi- 
fchen Armee viele Kranke, die zwar meistens genesen, die abetz 
dennoch ärztliche Hilfe in großem Umfang erfordern. GS sollen 
bei 5000 Mann an Dysenterie, Typhus und anderen acuten 
Krankheiten erkrankt sein. Von den Verwundeten kommen im 
Durchschnitt nur 60 Proc. auf. Leider gibt eS in diesem Krieg 
unverhültnißmäßig viele Schwerverwundete. ; 
UDem „Pester Lloyd" wipd aus Belgrad, 17. Aug., tele- 
graphisch berichtet: Der Beschluß ein Anlehen zu contrahiren 
veranlaßte in der Sitzung des Skupschtina-Comitü'S eine stür 
mische Debatte. Ein eben von der Javor-Armee zurückgekehrtes 
Mitglied deS Ausschusses schilderte die trostlose Lage dieses 
Corps, welches mehr durch Hunger, als durch die Feinde ge-
	        

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