Meßung RovibazarS durch die Serben dauert fort. Serajewo,
12. Juli. Der Ausgang des Gefechtes bei Visegrad ist unge
wiß (Der türkische Bericht meldete eine Niederlage der Ser
ben.) Die offiziöse „Adria" veröffentlicht folgende Depesche
•au* Rovibazar, 14 Juli: „3m Angriff auf die türkische
Festung GSkikesse erlitten die Serben eine blutige Niederlage.
Nur die Nacht rettete sie — die 4000 Mann stark waren
vor gänzlicher Vernichtung." — Aus Cetinje haben wir heute
gar keine Telegramme, ein Zeichen daß man gar nichts, wenig-
ftenS nichts vortheilhafteS für die Montenegriner, zu melden
hat. — Die „Triester Zeitung" hat ein Privat-Telegramm
auS Wien deö Inhalts: daß gleichzeitig mit der Sperrung des
HafenS von Klek auch die Sperrung des Hafens von
Hattaro gegen Montenegro erfolgen werde. So hat erstere
Nachricht einen ganz anderen Sinn und ist nicht als
eine einseitige, zum Nachtheil der Türken verordnete Maß-
regel anzusehen. Man sollte daraus schließen, daß man einer
Verlängerung deS Krieges die Riegel vorschieben will.
AuS Belgrad, 12. Juli, wird dem „I. deS DvbatS" ge-
schrieben: „Man beginnt bier zu erkennen, daß man mit Un-
recht so rasch die. Niederlage der Türken erwartete, und die
Regierung muß eingestehen, daß die Armee Tschernajeffs noch
immer vor Risch, also bloß 2*/z Stunden von der Gränze steht;
daß Zaitschar in den Händen OSman Pascha'S ist, und daß
die Drina dem Feinde kaum streitig gemacht werden kann.
Die Citadelle von Belgrad hat, statt gefangene Türken zu
erhalten, serbische Verwundete in ihren Mauern. Man hatte
sich so sehr seiner RuhmeSsucht überlassen, daß man an diesen
Fall gar nicht gedacht hat. „Wir werden sterben, aber wir
werden siegen!" riefen die Soldaten. Nun wohl, man ist
nicht gestorben und hat nicht gesiegt. Ich sage dieß um auf
die große Zahl Leichtverwundeter hinzuweisen. Unter 250 Ver
wundeten welche der Dampfer „Deligrad" allmählich von
Schabatz brachte, befindet sich kaum ein Drittel Schwerverwun
deter. In den Belgrader Spitälern fehlt eS an allem. Der
Fürst Milan ist sehr niedergeschlagen; er redet kaum mehr; stetS
ist er von Gendarmen umgeben und besucht das Lager nur
mit einer starken Eßcorte. An, den militärischen Operationen
nWmt Ä fernen TKil. ' Zur Munde weiß man selbst nicht
sicher ob er in Deligrad ist oder ob er nach Tschuprija zurück-
gekommen. Ich habe Grsinde der letztern Angabe zu glauben.
In Bulgarien ist der Äusstand Null und in Bosnien nicht
stärker als vor der serbischen Kriegserklärung. Da alle Führer
in Belgrad sind und andrerseits die ganze muselmännische Be
völkerung vom Kopf bis zum Füß bewaffnet ist, so rekrutiren
sich die Znsurgenten nur schwer."
Aus Belgrad, 14. Juli, wird dem „Standard" gemeldet:
daß in den Dörfern an der Save und an der Morawa gegen
7000 serbische Verwundete in sehr ungenügender Weise unter-
gebracht sind. Aerzte, Wärter, Bett- und Verbandzeug, über-
Haupt Vorräthe jeder Art, fehlen — Unter dem 7. Juli wird
der „Pall Mall Gazette" aus derselben Hauptstadt berichtet:
daß daselbst ein Armeebefehl erlassen ward, daß alle am Kriege
teilnehmenden Personen, außer den wirklichen Soldaten, also
Aerzte, Jntendanturbeamte u. s. w., eine Medaille auf der
Brust zu tragen haben mit der Inschrift: „Milan I, König
von Serbien " DaS sei daS erste Zeichen von der wahren
Absicht und dem Ehrgeize Fürst Milans. Diese Worte ließen
keine Mißdeutung zu, und würden in Belgrad als politisch
höchst wichtig betrachtet. Man werde jetzt nichts mehr von der
Loyalität deS Fürsten hören, eS könne kein Zweifel mehr da-
rüber bestehen, daß der Krieg die vollständige Loslösung von
der Pforte bezwecke. Weiter heißt eS in dem Bericht: daß
Plünderung und Raub in jedem Theile Serbiens im Schwünge
seien. Die unterschiedslos vertheilten Waffen würden von
Marodeuren gegen die Landleute benutzt. Da die Polizei-
beamten größtenteils dem Heer eingereiht worden seien, werde '
eS äußerst schwierig diese Räuberbanden anzugreifen und zu
vernichten, welche sich aus ihrem Vaterland wenig machen und
jede Gelegenheit zur Ausführung ihrer Raubzüge benützen.
Der „D< Ztg." wird aus B el gra d zu dem am 6. dS.
vorgefallenen Kampf an der Krufewatfcher Gränze geschrieben :
Am 6. d. M. fand bei Blatasch, an der Gränze des Krufe
watfcher KreiseS, dicht an der Iankova Kliffura, ein wahrhast
mörderisches Gefecht statt. Eine kleine Abtheilung der Mo-
rava-Armee stieß auf ein Regiment RedifS, welches von Pro-
koplje zur Besetzung der Uebergünge über den Beliki Jastrebatz
abgesandt war. Nach fünfstündigem Gefecht (meist mit dettl
Bajonnett) floh der Rest der Türken nach Stubala, welcher
Ort von den Serben besetzt wurde. Die Türken tödteten meh-
rere verwundete Serben; die Erbitterung gegen die Redifs
stieg in Folge dessen zu einer solchen Höhe, daß kein Pardon
gegeben, den Gefallenen die Köpfe abgeschnitten und zwei Py
ramiden von denselben als — Andenken ausgerichtet würden!
Ueber die Operationen Tschernajeffs gegen Ak-
Palanka, bekanntlich 5 Meilen südöstlich von Nisch an der
großen Straße nach Sophia zu gelegen, erhält die Wiener
„Presse" den folgenden Bericht auS Pantschowa vom 13. Juli,
auS welchem auf die Unfähigkeit deS serbischen ObergeneralS
ziemlich sicher geschlossen werden kann:
„Nach dem Treffen von Babina-Glava am 3. Juli wurde'
diese die Straße nach ?lk>Pa!anka und Pirot dominirende, Po-
sition von Oberstlieukenant Horvatevitsch mit sechs Bataillonen
Infanterie besetzt, dann starke Abtheilungen gegen Ak-Palanka
und Pirot vorgeschoben. Die Türken hatten aber die Offen-
sive gegen Zcmschar ergriffen, und veranlagten dadurch Tscher^
najefj den beabsichtigten Vorstoß aus Pirot vorläufig zu sistiren.
Noch am 3. Juli erhielt das Corpskommando die Nachricht,
daß die Türken die Besatzung von Pirot verstarken und daß
sie über Belgradschik die Vereinigung mit der Widdiner Armee
beabsichtigen. Deßhalb versuchte Tschernajeff W türkischen
Truppen an der Nischava durch Demonstrationen gegen Ak-
Palanka und Pirot festzuhalten. Oberst Despotowitsch mußte
mit zwei Bataillonen Infanterie, einer Eskadron Kavallerie
und 4 Geschützen gegen Pirot vorrücken und den Feind be--
unruhigen. Gegen Ak-Palanka wurde General Etratimiro-
witsch mit vier Bataillonen, vier Vierpfünder-Batterien, zwei
zwölfpfündigen Geschützen, einem Pionnier-Batailldn, einer
Eskadron entsendet. Während dieses Vormarsches ertheitte
aber Tschernajeff den Rückzugsbefehl, weil er die falsche Nach-
richl von dem Vorrücken der Türken von Belgradschik gegen
Pirot erhalten hatte. Spät Nachts kehrte der sich zurück-
ziehende Stratimirowitsch nach Gornia-Glama zurück. Am 4.
Juli früh mußte er aber wieder den Marsch auf Ak-Palanka
beginnen, weil sich die Nachricht von dem Vorrücken der Tür-
ken aus Belgradschik als falsch erwiesen hatte. Bald darauf
kam wieder ein Befehl zum Rückzug auf Babina-Glava.. Dort
um 10 Uhr eingerückt, erhielt Stratimirowitsch einen dritten
Befehl wieder gegen Ak-Palanka vorzurücken. Er kam um
12 Uhr mit ermüdeten Truppen bei Gornia«Glama an, ließ
abkochen und rückte um halb 3 Uhr Nachmittags vorwärts.
Die Avantgarde bestand aus einer halben Eskadron, einem
Bataillon Infanterie, einem Zug Pioniere und zwei Vierpfün-
dern unter dem Kommando des Kapitäns Katschanski. Sie
hatte bis zur Nischava vorzurücken, und als sie am rechten
Ufer keinen Feind fand, besetzte sie die Höhe, welche die
Straße nach Ak-Palanka dominirt. Nach der Meldung dieser
Avantgarde hatte der Feind mit drei Bawillonen Nizams und
einer Batterie Ak-Palanka besetzt, und ein Bataillon in der
Ebene zwischen der Stadt und der Nischava in Jägergraben
im Halbkreise, mit den Flügeln an die Stadt gelehnt, vorge-
schoben. Stratimirowitsch zog hierauf die Kruschewatzer Bri-
gade an sich, ließ die Reserve in Gornia-Glama zurück, traf
um 4 Uhr Mittags bei der Avantgarde ein Und ließ sofort