Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1876)

deruKtieg zwischen der serbischen Nation ttnd der oSmanischen 
Pforte unausweichlich, so habe ich doch nach Konstantinopel 
eine Vorstellung geschickt, in welcher, ich das Mittel angab, 
welches geeignet ist die Aufständischen im Orient zufriedenzu- 
pellen, Serbien aber aus jener schweren Lage zu befreien in 
welche eS ohne seine Schuld geratheu ist. Ich verlangte die 
Entfernung der türkischen Armee sammt allen wilden Horden 
Von unserer Gränze, und erkkäite der kaiserlichen Regierung, 
daß die serbische Armee im Namen der gesetzlichen Selbstver- 
theidigung, im Namen der Humanität und der brüderlichen 
Gefühle, welche uns an die leidenden Brüder fesseln, in die 
infurgirten^Provinzen einmarschiren werde, um den Frieden her- 
zustellen und um eine Ordnung auf den Grundlagen deS 
Rechts und der Gleichheit ohne Rückstcht auf die Religion der 
Einwohner herzustellen. 
An der Pforte ist es nun ihr folgenschweres Wort auS- 
zusprechen und dem Blutvergießen ein Ende zu machen. 
Serben! Soldaten! wir gehen nicht in den Krieg von Rache- 
fühlen geleitet, sondern aus einer stch uns und unseren Brü- 
dem im Osten aufdrängenden Nothwendigkeit, sowie von den 
Bedürfnissen deS allgemeinen Friedens angespornt. Stolz auf 
die schöne euch von der Vorsehung übertragene Misston, die 
Kultur uyd Freiheit im Orient zu vertreten, schreitet zuverstcht- 
fich und entschieden vorwärts, und schwingt eure Waffen nur 
gegen jene die stch euch in den Weg stellen sollten. Indem 
ihr die Gränze überschreitet, dürft ihr nicht vergessen, daß wir 
dem Prinzip der Integrität deS oSmanischen Kaiserreichs in so 
lange treu bleiben als uns der Widerstand der kaiserlichen 
Armee nicht zwingen würde dem Waffenglücke den Ausgang 
unserer heiligen Sache anzuvertrauen. Bergesset keinen Augen- 
blick daß' in den Ländern wohin wir kommen eure Brüder 
wohnen, die euch mit offenen Armen als ihre Retter empfangen 
.werden. ES gibt auch allerdings dort solche die durch die 
Religion unS schon lange entfremdet wurden, aber auch diese 
-And der Sprache und dem Blute nach unsere leiblichen Brüder. 
Sollten sie die Waffen gegen euch erheben, so schlagt ihnen 
dieselben aus der Hand; ist dies aber geschehen, dann schonet 
Ae sowie alle anderen Gegner, und beschützet ihr Leben, ihre 
Familien, ihr Eigenthum und ihren Glauben. Das ist mein 
.fester Wille und eure heilige Pflicht, daS wird euch Achtung 
in der gebildeten Welt verschaffen, und diese überzeugen daß 
ihr einen würdigen Platz unter den Völkern verdient. Unsere 
Bewegung ist eine rein nationale. Dieselbe schließt alle Ele- 
mente des sozialen Umsturzes und deS religiösen Fanatismus 
auS. Wir find nicht die Träger der Revolution, der Flammen 
und .Wr Vernichtung, sondern deS Rechtes, der Ordnung und 
Sicherheit. Schonet die Ausländer und erweist ihnen jene 
Gastfreundschaft welche die Serben auszeichnet, achtet die 
Gränzen der benachbarten Monarchie, und gebt keinen Grund 
zur Unzufriedenheit der kaiserlichen und königlichen Regierung, 
welche stch ein Recht auf unsere Dankbarkeit erworben hat, 
indem sie Tausende hülfloser Bosnier und Herzegowina in 
ihren Schutz nahm und dieselben vor Hunger und Kalte schützte. 
Brüder! Voll Zuversicht in euren Patriotismus und eure 
kriegerischen Tugenden werde ich mit euch und an eurer Spitze 
marschiren, und mit uns sind die tapferen Brüder von Mon- 
tenegro unter ihrem ritterlichen Führer, Meinem Bruder, dem 
Fürsten Nikola, mit uns sind unsere wundervollen Helden, die 
Herzegowina und die vielgeprüften Dulder, die Bosnier. Un 
sere tüchtlgen Brüder, die Bulgaren, warten auf uns, und 
von den glorreichen Hellenen können wir erwarten, daß die 
Enkel deS Themistokles und Bozzaris nicht lange von dem 
Kampfplatze sich fern halten werden. 
Gehen wir also vorwärts, meine edlen Helden, gehen wir 
im Namen des allmächtigen GotteS, des für alle Völker ge- 
rechten Vaters, gehen wir im Namen deS Rechtes, der Freiheit 
und der Bildung!" 
Verschiedenes. 
* Amerikanische Bettelmethode. In derDamen^ 
käjüte eineS DampfbooteS der Fulton-Fähre in New-Dort bat 
ein ärmlich gekleideter, barfüßiger Knabe bei den Passagieren 
um Almosen; ein stämmiger Deckarbeiter, der dieS bemerkte, 
war eben im Begriffe, den kleinen Bettler in etwas roher 
Weise an die Luft zu setzen, alS eine elegante Dame in kni- 
sternder Seidenrobe zu Gunsten des zitternden BürschchenS in- 
tervenirte. „Lassen Sie ihn hierbleiben, eS ist draußen so kalt. 
Er ist barfuß, und auch noch so jung, er kann kaum älter sein 
wie 5 bis 6 Jahre " — „Wenn er fich gut beträgt, so kann 
er hierbleiben. Aber er darf nicht betteln , eS ist das hitr 
nicht erlaubt," — und der große Mann ließ deS Kleinen Ohr 
los und blieb, ihn beobachtend, stehen. „Aniier kleiner Bur 
sche," murmelte die Dame, indem ste deS Kindes Meiches und 
mageres Gesicht beobachtete. ,D« stehst müde und hungrig 
aus, ich möchte dir wohl etwas geben." — „Geben Sie ihltt 
einen Cent zu Rhum Madame," bemerkte der Heckarbeiter, 
»seine Angehörigen nehmen ihm Alles ab, sobald er nur sef- 
nen Fuß ans Land gesetzt hat." — Die freundliche Dame 
reichte dem Kinde einen von Onkel Sam'S zerknitterten 50- 
Centscheinen, indem ste sagte: »Er muß Schuhe und etwäS 
zu essen haben." — ,Falsch angebrachtes Wohlthun/ brummte 
der Angestellte, »wir kennen ste alle, er hat keinen Nutzen von 
dem Gelde." — „Ich gebe ihm die Kleinigkeit gern," sagte 
die Dame, und da sie bemerkte, daß die meisten Paffagiere ste 
mit Theilnahme beobachteten, fuhr sie fort: »Ich glaube. Je- 
der hier in der Kajüte wird mir beipflichten und vermuthlich 
die Meisten dem armen Kinde ein oder zwei Cent gebend 
Die Passagiere stimmten ihr bei und warfen Geld in dsS 
Kleinen Hut, bis derselbe gefüllt war. Bald nachher berührte 
das Boot die Planke des Wharf; der Junge sprang 
Land und über die Straße nach dem Fultonmarkt, an eimt 
der nächsten Straßenecken blieb er wartend stehen. Zwei Mi- 
nuten später traf dort auch die vorerwähnte, elegante Dame, 
von der andern Seite deS Marktes herkommend, ein und, in- 
dem das Kind vaS Geld in ihre Hände schüttete, flüsterte ste 
erfreut: „Gut, Dick, nun denke ich, wollen wir'S einmal gleich 
auf dem Roosevelt Fährboot versuchen." 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler 
Thermometerstand nach Reaumur in Badnz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
Juni 
28 
+ 9 
+18 
+17 
hell 
H 
29. 
+ 14% 
+ 18 
+13 
trüb; etw. Reg. 
H 
30. 
+ 12 
+ 15% 
+ I3V4 
fast bed.; etw.ReH. 
Juli 
1 
4-11 
+ 17 
+ 13 
bedeckt 
n 
2 
+12 
+ 13 
+ 12 
trüb; Reg. 
» 
3. 
+10 % 
+17 
+16 
fast hell 

4. 
+11% 
+19% 
+16% 
halb hell. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
5. Juli Silber . . . .. . . . ... 102.20 
20-Frankenstücke 10.29 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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