Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

I 
— 92 — 
den Theil des Schiffes, wo die rebellischen Matrosen sich ver- 
barrikadirt hatten. Dieselben ware»l verschwunden; auf dem 
Deck zeigten sich aber große Blutlachen. Der Kapitän hörte 
plötzlich SchmerzenSlaute, folgte der Richtung aus der dieselben 
kamen und fand die 3 Watrosen, durch die Kugeln seiner Re- 
volver schwer verwundet, im untern Schiffsräume. Ein sofort 
angestelltes Verhör ergab, daß die beiden Offiziere ins Meer 
geworfen waren und daß man auch die Absicht gehegt habe, 
den Kapitän zu tobten. Zu diesem Zwecke war der russische 
Matrose, einen Beinbruch vorgebend in deS Kapitäns Kajüte 
gekommen. Die Matrosen gaben an, daß sie bedeutende Geld- 
summen in der Kajüte deS Kapitäns, der sie allzu streng be- 
handelt habe, zu finden gehofft hätten, die sie nach dessen Er- 
mordung unter sich theilen wollten. Die Verwundeten wur- 
den verbunden und dann in Ketten gelegt', eine norwegische 
Barke leistete dem leckgewordenen Schiff noch zu rechter Zeit 
die nöthige Hülfe, und so gelang eS dem „Jefferfon Börden" 
glücklich in GraveSend vor Anker 'zu gehen. Die drei Rebel 
len sind einstweilen auf das Spitalschiff „Dread-Nought" in 
Greenwich gebracht worden. 
Landwirthschastliches. 
Die Düngerlehre. 
(Nach einer Abhandlung vwi.A. A. Sjchmied.) 
Die Düngerfrage, welche vor wenigen Jahren-noch die 
landwirtschaftliche Welt fast ausschließlich in Anspruch nahm 
und seit I. v. Liebig'S Wirksamkeit auch in anderen Kreisen 
vielfach erörtert wurde, hat nach Prof. Dr. Birnbaum in der 
jüngsten Zeit, wenn schon nicht in allen für den Landwirth 
wichtigen Beziehungen, so doch in der Hauptsache ihre entgül 
tige Erledigung gefunden. Man weiß jetzt zur Genüge, wel- 
cher Nahrungsmittel die Pflanze bedarf, welche Stoffe dem 
Boden entzogen werden und welche Materialien zum Wieder- 
ersatze, außer dem für Weitaus die meisten Fälle in der Summe 
seiner Wirkungen unersetzbaren Stalldünger, vorzugsweise ge- 
eignet sind. Den Düngerfabriken bleibt nach wie vor die 
wichtige Aufgabe gestellt, derartige Materialien einmal in markt- 
fähige, die Transportkosten lohnende Waare zu verwandeln, 
zum andern sie assimilationsfähig, d. h. unter der Einwirkung 
von Boden und Klima in erwünschtem Sinne wirkungsfähig 
zu machen Der Düngerhandel hat großartige Dimensionen 
angenommen, gibt Tausenden lohnende Beschäftigung, umspannt 
schon den ganzen Erdkreis, zählt mit seinen Fabrikaten und 
Naturprodukten schon nach Hunderttausenden von Zentnern u. 
zeigt doch im ganzen genommen erst den Anfang dessen, waS 
einst sein wird. 
Die Düngerfabrikation und der Düngerhandel bilden eines 
der wichtigsten Hilfsmittel zur Erreichung der hohen Aufgabe, 
welche die Landwirthschaft gegenwärtig zu erfüllen hat. Man 
kann im Großen und Ganzen mit Birnbaum annehmen, daß 
füHintensiven Mittelbetrieb pro Hektare (ca. 2700 UMst.) land- 
wirtschaftlichen Areals ein Aufwand von 6 st. pro Jahr für 
Kunst- oder Händelsdünger das Minimum dessen repräsentirt, 
was zur nachhaltigen Steigerung der Ertrage, neben dem in 
der Wirthschuft erzeugten Dünger aller Art, zur Verwendung 
kommen sollte. Schon jetzt wird man den Gesammtumsatz in 
diesem Gebiete für ganz Europa — mit Ausschluß der großen 
Summen für Kalk, Mergel und ähnlichen Dünger — auf 
weit über 300 Millionen dulden veranschlagen dürfen und 
zugestehen müssen, daß der Düngerhandel, wenn dereinst in 
ganz Europa aus allem landwirtschaftlich benutzten Areal ein 
halbwegs intensiver Landbaü Platz greifen sollte, pro Jahr 
über 1800 Mill. Gulden Werth produziren, resp. in Umlauf 
bringen wird. 
Noch zu Anfang des Jahrhunderts verwendete man außer 
dem Stalldünger und solchen Materialien, welche der Land- 
wirth auf eigenem Grund und Boden oder doch in nächster 
Nähe als fertige Naturprodukte fand, kaum irgend ein anderes 
Düngmittel, wenn schon selbst bis in das 15. Jahrhundert u. 
vielleicht noch, frühere Zeit Versuche ragen, durch künstliche 
Mittel die Erträge zu steigern. Nach einem kurzen Ueberblick 
auf dieselben und das Wesentlichste der früheren Ansichten in 
der Düngerlehre und Bodenstatik führt Birnbaum daS erstaun- 
{ich einfache Resultat der neuesten Forschungen an, welches sich 
gegenwärtig bei Betrachtung der Bodenerschöpfung im Ganzen 
herausstellt, „daß diese meist bezüglich der 3 Körper, PhoSphor- 
säure, Salpetersäure (bei Mangel von HumuS und Stalldung) 
und Kali — nebst Kalk auf vielen Bodenarten — eintritt, 
während an den. übrigen Mineralsalzen aufßunabsehbare Zeiten 
Vorrath im Boden vorhanden ist," und zeigt dann inwiefern 
die Praxis sich damit zufrieden geben und Nutzen daraus 
ziehen kann, andererseits inwiefern noch heutigen Tages Zwei- 
fel dagegen erhoben werden. 
(Fortsetzung folgt.) 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: Dr. Rudolf Schädler. 
Nichtamtliche Anzeigen. 
wesentlicher Widerruf. 
Der Gefertigte erklärt hiemit, daß er die wegen Entstehung 
deS FeuerS in dem Gottlieb Wohlwend'fchen Hause gegen Fidel 
Lampert gemachten verleumderischen Aeußerungen als völlig 
grundlos widerrufe. 
Vaduz, den 1. Juni 1875. 
Andreas Wöhlwend. 
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 28. Mai. 
Der halbe Metzen 
beste 
mittlere 
geringe 
fl. 

st 
kr- 
ff. 
kr. 
Korn . . . . . 1 
3 
40 
1 3 
15 
3 
05 
Roggen . . . . 
2 
80 
2 
60 
2 
50 
Gerste ...... 
2 
70 
2 
50 
2 
30 
Türken . . . . 
2 
80 
2 
50 
2 
20 
Hafer . . . . . 
1 
70 
1 
60 
1 
50 
Thermometerstand nach Reaumur in Vaduz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witter ung. 
Mai 26 
+12 
+i*Vi 
+15% 
halb hell 
„ 27. 
+ 8% 
+ 7% 
+ 93/ 4 
trüb, Regen 
.. 28. 
+ 7 
+13 
+13 
halb hell 
.. 29 
+ 6% 
+ 18 
+i5y 2 
fast hell. 
u 30. 
+13 
+ 14 
+ 14 
trüb, Regen 
„ 31. 
+11 
+ 18 
+16 
Haid hell 
Juni 1. 
+13 
+19 
+ 18 
hell 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
2. Juni Silber 102.10 
20-Frankenstücke . 8.89 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.